Strom vom Auto fürs Haus

Das Vehicle-to-Grid-Konzept kommt langsam in Fahrt. Und deutsche Autobauer hängen hinterher.

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Vor rund zehn Jahren galt es noch als ausgemacht: Elektroautos werden künftig ihren Strom bei Bedarf zurück ins Netz speisen, um Lastspitzen zu kappen und dem Besitzer nebenbei noch etwas Geld einzubringen. Doch dann wurde es still um die Idee: Der Bedarf an Regelenergie blieb geringer als erwartet, zudem müssen für das Ein- und Ausspeisen weiterhin EEG-Umlagen bezahlt werden. Dazu kamen bürokratische Hürden. Ein vernünftiges Geschäftsmodell war nicht in Sicht.

Doch nun kraxelt das Konzept „Vehicle to Grid“ (V2G) langsam aus dem Tal der Enttäuschung heraus. Im nächsten Jahr beginnt ein dreijähriger Großversuch mit 700 Teilnehmern in Großbritannien. In den Niederlanden starten Next Energy und Tennet ein ähnliches Projekt. Und hierzulande haben der Lade-Dienstleister „The Mobility House“, der Energieversorger Enervie und Nissan gemeinsam einen Nissan Leaf als Lieferanten als Primär-Regelenergie qualifiziert. „Offiziell fungiert das Elektroauto mit der darin enthaltenen 40-Kilowattstunden-Batterie nun als Kraftwerk“, schreiben die Partner. Ab kommendem Jahr sollen hierzulande nun Pilotprojekte mit einigen Großkunden starten, in denen dann auch „individuelle Erlös-Konzepte entwickelt würden“. Die Erlöse beziffert Mobilityhouse auf 600 bis 2000 Euro pro Jahr.

Für Eigenheimbesitzer mit eigener Photovoltaikanlage dürfte eine andere Variante lukrativer sein: Die Nutzung des Auto-Akkus als Zwischenspeicher für Sonnenstrom (V2X – „Vehicle to everything“). Speisen sie ihren PV-Ertrag ins Netz ein, erhalten sie derzeit gut 12 Cent/kWh. Müssen sie hingegen Strom vom Versorger beziehen, dürfte das knapp 30 Cent/kWh kosten. Die Erhöhung des Eigenverbrauchs bringt ihnen also rund 18 Cent/kWh ein. Das muss man mit dem Verkauf von Regelenergie erst mal hinbekommen.

Die technischen Voraussetzungen dafür, Elektroautos mit dem Haus und der PV-Anlage zu verkuppeln, kommen nun auf den Markt. Anbieter wie Wallbox und eNovates haben gerade birektionale Ladestationen mit eingebautem PV-Wechselrichter vorgestellt. Diese können nicht nur die Energie aus der Autobatterie nicht nur zurück ins Haus speisen, sondern sie auch relativ zügig mit Gleichstrom laden, und zwar mit bis zu zehn Kilowatt.

Natürlich hat ein Auto-Akku nicht den gleichen Hebel für den Eigenverbrauch wie ein stationärer Speicher, der nur diese eine Aufgabe zu erfüllen hat – schon allein deshalb, weil der Wagen zwischendurch ja noch fahren soll. Aber dafür verursacht er auch kaum zusätzliche Kosten, denn bei begrenzter Lade- und Entladetiefe hält sich der Akkuverschleiß erfahrungsgemäß in Grenzen.

Ein zentraler Schönheitsfehler des Konzepts: Es funktioniert derzeit nur mit Autos, die den japanischen Ladestandard Chademo beherrschen, als in erster Linie Nissan und Mitsubishi. Die deutsche Autoindustrie hatte 2011 ihren eigenen Standard CCS ausgerufen, obwohl Chademo damals bereits weit verbreitet war. Und CCS beherrscht keine Rückspeisung. Das entsprechende Protokoll soll erst 2019 fertig werden. Was seinerseits als industriepolitisches Manöver gedacht war, die japanischen Konkurrenten auf Abstand zu halten, könnte den deutschen Herstellern nun auf die Füße fallen. „Wenn ich Nissan wäre, würde diesen Standard nehmen und ihn zum dominierenden machen“, sagt Gerard Reid, Gründer der Beratungsfirma Alexa Capital, zur Nachrichtenagentur Reuters. „Er verschafft ihnen einen Wettbewerbsvorteil.“

(grh)