Innere Umkehr

Test: Peugeot 508 BlueHDi 130

Peugeot hat sein Angebot in der Mittelklasse komplett erneuert. Die elegant gezeichnete 508-Limousine lässt ihren Vorgänger vor allem innen alt aussehen, was Vor- und Nachteile mit sich bringt, wie ein ausführlicher Test zeigt

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Peugeot 508 BlueHDi 130 32 Bilder
Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Peugeot hat in der Mittelklasse eine ebenso lange wie phasenweise auch sehr erfolgreiche Vergangenheit. Modelle wie der legendäre 504, den es in zahlreichen Versionen gab, sind unvergessen. In einigen Regionen der Welt lief der Wagen noch lange im Alltag mit. Vermutlich erinnern sich nur noch wenige Menschen hierzulande an den 505, der mehr als 1,3 Millionen Mal gebaut wurde und trotzdem stets im Schatten seines Vorgängers 504 blieb. Mir werden die Reisen in der dritten Reihe eines 505 Familiale unvergesslich bleiben.

Der aktuelle Ahne hat mit seinem Vorfahren natürlich überhaupt nichts mehr gemein, auch im übertragenen Sinne nicht. Der 505 war das Ende einer Ära, sowohl beim Design wie mit seinem Hinterradantrieb auch technisch. Der neue 508 bemüht sich dagegen in vielen Bereichen eine klare Abgrenzung zum direkten Vorgänger, was ihm in mindestens einer Hinsicht auch gelingt. Heraus kommt dabei ein im Detail durchaus spannendes Auto, wie ein Test des 508 BlueHDi 130 EAT8 zeigt.

Funktionsarmer Schein

Der Neue ist schärfer gezeichnet als sein eleganter Vorgänger. Er wirkt wie ein Stufenheck, ist jedoch keines, die große und ziemlich schwere Klappe enthält einen Blechabsatz. Der Testwagen betonte seine Modernität schon beim Öffnen mit einem Blinken der Standlichter. Nicht ganz so übertrieben wie der DS7, aber mindestens ebenso auffällig. Wir hätten dieses Geld im Bereich Licht anderweitig investiert.

Die LED-Scheinwerfer, in der Allure-Ausstattung immerhin 1200 Euro teuer, haben eine variable Leuchtweitenregulierung. Werden andere Autos erkannt, stellt sich der Lichtkegel so niedrig ein, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht blendet. Das klappt mit einer geradezu erstaunlich hohen Trefferquote. Ein eigentlich gutes System also, doch leider sind andere in dieser Klasse schon zwei Schritte weiter. Sie lassen das Fernlicht an und setzen die anderen Verkehrsteilnehmer in den Schatten. Egal welchen der Konkurrenten wie VW Arteon (Test), Volvo V60, Mercedes C-Klasse (Test) oder BMW 3er (Test) man zu einem Vergleich heranzieht: das Peugeot-Licht kann nicht mithalten.

Wärmemelder

Wie zum Ausgleich dafür gibt es einen Assistenten, den andere schon seit geraumer Zeit anbieten – allerdings nicht in dieser Klasse. Die Rede ist von einer Infrarotkamera, die Wärmequellen wie Tiere „sehen“ kann, die sich außerhalb der Reichweite des Lichtkegels befinden. Das könnte, so es ähnlich gut funktioniert, wie ich es von BMW kenne, auf nächtlichen Landstraßen ein riesiges Sicherheitsplus sein. Gern hätten wir das genauer unter die Lupe genommen, doch der Testwagen war auch in dieser Hinsicht ungewöhnlich mager ausgestattet.

Der Begriff „mager“ verdient eine nähere Betrachtung. Presseautos sind in der Regel mit nahezu allem ausgestattet, was die Preisliste hergibt. Unser 508 hatte weder einen Abstandstempomaten, noch schlüssellosen Zugang, induktive Ladestation, Digitalradio oder Soundsystem, was außergewöhnlich ist. Denn selbstverständlich ist all das lieferbar. Man kann das freilich auch entspannt sehen: Dass man vor dem Öffnen der Tür einen Knopf drücken muss, finde ich nicht tragisch. Der UKW-Empfang ist besser als in einer Mercedes E-Klasse (Test), die wir vor längerer Zeit hier hatten.

Das serienmäßige Soundsystem mag keine High-End-Ansprüche befriedigen, klingt aber passabel und nicht schlechter als so manche Falschspieler, die gegen Aufpreis angeboten werden. Es wäre allerdings ein charmanter Zug, wenn Peugeot dem dankenswerterweise vorhandenen Drehregler für die Lautstärke eine Beleuchtung spendieren würde. Der normale Tempomat versteckt sich etwas, wenn man seine Bedienung aber einmal verstanden hat, vermisst man den Blickkontakt nicht mehr.

Hitzewellen

Viel besser als in grauer Vorzeit ist auch die Verarbeitung geworden. Schon der 508-Kombi, den wir 2016 hier hatten, war alles in allem ordentlich zusammengebaut. Für den Neuen gilt das auch, wobei sich durchaus Schwächen finden lassen. So blieb eine der beiden Abdeckungen des Fachs unter der Mittelarmlehne auf halber Strecke hängen, weil eine Verkleidung der Mittelkonsole nicht sauber eingepasst war. In der Sitzfläche des Fahrers war eine Feder zu spüren. Die Sitzheizung schickt ihre Wärmestrahlung nicht kontinuierlich, sondern von Zeit zu Zeit. Zeitweise bekam die Phrase "eine Kohle nachlegen" im 508 wieder nah an ihre ursprüngliche Bedeutung, so kräftig heizte er ein.