Oberste Datenschützerin kritisiert Bestandsdatenauskunft

Die Bundesdatenschutzbeauftragte bemängelt die Bestandsdatenauskunft wegen der Möglichkeit, nahezu schrankenlos Daten auch von Unschuldigen sammeln zu können.

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Oberste Datenschützerin kritisiert Bestandsdatenauskunft

(Bild: By Rainer Lück 1RL.de [CC BY-SA 3.0 de], from Wikimedia Commons)

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Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff (CDU), hat beim Bundesverfassungsgericht ihre Stellungnahme zu einer Verfassungsbeschwerde gegen die Bestandsdatenauskunft vorgelegt und darin deutliche Kritik an dem Gesetz geäußert. Unter anderem kritisierte sie ein nahezu unbeschränktes Auskunftsrecht etwa für Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz, berichtet Spiegel Online.

Der Spiegel zitiert Voßhoff etwa zum Auskunftsrecht des Verfassungsschutzes: "Im Ergebnis beschränkt die Vorschrift weder den Anlass noch den Umfang, noch den betreffenden Personenkreis." Dem Bundeskriminalamt eröffneten sich durch das Gesetz "kaum eingegrenzte Möglichkeiten" für das Datensammeln schon im Vorfeld von Gefahren, um etwa Internetnutzer zu identifizieren oder von Internetdienstleistern Zugang zu Nutzerkonten oder Cloud-Inhalten zu erhalten.

Laut dem Bericht sei Voßhoff zudem aus ihrer Prüfungspraxis bekannt, wie leicht ein Unschuldiger in den Akten eines Verdächtigen gespeichert werden könne. Sie bezeichnete die Tatsache, dass Internetnutzer bereits "für jede noch so einfache Ordnungswidrigkeit" identifiziert werden dürften, als Verletzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Außerdem verwies die Bundesdatenschutzbeauftragte darauf, dass Umfang und Intensität der Internetnutzung seit Einführung der Bestandsdatenauskunft 2013 massiv zugenommen hätten. Mit den mittlerweile verfügbaren Daten sei es möglich, "umfangreiche Persönlichkeitsprofile" zu erstellen.

Das Identifizieren von Nutzern gebe "Aufschluss über aufgerufene Internetangebote, mithin die Interessen der betroffenen Person" und könne "ihre persönlichen, aber auch ihre gesellschaftlichen oder politischen Aktivitäten offenlegen". Voßhoff forderte laut Spiegel Online für jede Nutzeridentifizierung eine richterliche Anordnung.

Anfang 2013 hatte der Bundestag die Reform des Bestandsdatenschutzes neu geregelt, die den Ermittlungsbehörden unter sehr weit gefassten Bedingungen Zugriff auf IP-Adressen und Passwörter gestattet; der Bundesrat hatte kurz darauf zugestimmt. Datenschutzaktivisten der Piratenpartei legten wenig später Verfassungsbeschwerde dagegen ein, mit der sich das Bundesverfassungsgericht mittlerweile beschäftigt.

Nach Inkrafttreten der Neuregelung am 1.7.2013 verwies die Piratenpartei auf eine Auswertung von Statistiken der Bundesnetzagentur, nach der die Bestandsdatenauskunft nach den damals bereits bestehenden Regelungen millionenfach und automatisiert genutzt wurde und sich mit der Neuregelung noch ausweiten dürfte. 2016 forderte das Bundeskriminalamt auch das Vorhalten von Bestandsdaten bei Messengerdiensten wie WhatsApp; solche Unternehmen sollten wenn nötig zur Kooperation gezwungen werden. (tiw)