Schichtarbeit

Kürzer laden und weiter fahren dank leitender Polymer-Folie

Höhere Energiedichte, kürzere Ladezeiten und niedrigere Kosten – das sind alles entscheidende Faktoren für die künftige Konkurrenzfähigkeit des Elektroautos. Die Forscher am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik, kurz „UMSICHT“ arbeiten daher an einer neuen Art, Batterien zu bauen

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Leitende Polymerfolie 13 Bilder
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Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

Höhere Energiedichte, kürzere Ladezeiten und niedrigere Kosten – das sind alles entscheidende Faktoren für die künftige Konkurrenzfähigkeit des Elektroautos. Die Forscher am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik, kurz „UMSICHT“, arbeiten auch deshalb an einer neuen Art, Batterien zu bauen.

Neue elektrochemische Stromspeicher könnten einmal aus bipolaren Polymerfolien geschichtet werden. Das Institut verkündet nun einen weiteren erfolgreichen Schritt, bei dem es gelungen sei, die elektrisch leitfähigen Kunststoffe deutlich dünner zu machen. Präsentiert werden sollen die Folien auf der Hannover Messe vom 1. bis 5. April 2019 (Halle 2, Stand C22).

Tausende Zylinder oder hunderte Beutel

Bislang bestehen die Batterien der Elektroautos aus hunderten bis tausenden zylindrischer, prismatischer oder taschenförmiger Zellen. In Batterien muss jede Zelle einzeln elektronisch überwacht und gesteuert werden können, damit nicht eine defekte Zelle die gesamte Batterie unbrauchbar macht. Ein sogenanntes Batteriemanagementsystem muss vor allem bei der Reihenschaltung die unvermeidbaren Streuungen bei Kapazität und Leckströmen der einzelnen Zellen ausregeln können.

Dazu zählt ein sogenannter Ausgleichsregler, der die Ladung der in elektrischer Hinsicht leicht unterschiedlichen galvanischen Zellen innerhalb eines Akkupacks gewährleisten muss. Er findet einen Kompromiss zwischen nutzbarer Kapazität und Schutz einzelner Zellen vor kritischen Ladezuständen. In einer Batterie muss so die „schlechteste“ aller Zellen berücksichtigt werden, ein Leistungshemmnis, das die Nutzung des vollen Potenzials der Batterie verhindert.

Bei Panasonic, Zulieferer von Tesla, stellt man handelsübliche Zellen (Lithium-Nickel-Cobalt-Aluminium-Oxid, kurz „NCA“) in zylindrischer Form her (18650er). Seit Produktionsbeginn in der Gigafactory 2017 stellt die Firma mit dem auf dem Markt für Consumer Electronics ebenfalls weit verbreiteten Format 21700 bis 2025 auf Lithium-Nickel-Cobalt-Mangan, kurz „NCM“ um. Die sind zwar etwas leistungsfähiger, aber immer noch klein und zylindrisch.

Einzeln verpackt, kontaktiert und überwacht

Jede Zelle hat ihre eigene Verpackung – oft auch eine eigene Sensorik – zudem muss jede von ihnen einzeln verdrahtet sein. Alles Faktoren, die den Bauraum vergrößern und den elektrischen Widerstand erhöhen. Gehäuse und Kontaktierung nehmen heute mehr als 50 Prozent des Raums in der Batterie ein. Prismatische Zellen, wie im BMW i3 (Test) oder pouch-förmige wie im Jaguar i-Pace (Test) ließen sich aufgrund ihrer Geometrie zwar dichter packen und und versprechen dadurch eine bessere volumetrische Energiedichte der Batterie, doch verlangen die ebenfalls geforderten hohen Leistungsdichten moderner E-Autos heute eine aktive Temperierung der Zellen, was zum Teil im Konflikt mit einer hohen Packungsdichte steht. Besonders bitter: Ein Teil der Leistung muss wegen der unnötig hohen elektrischen Widerstände aufwendig weggekühlt werden.

Der radikal andere Ansatz des Fraunhofer-Instituts möchte nicht nur die Packungsdichte verbessern, sondern auch andere Komplikationen ausräumen. Um den Nachteilen zu begegnen und um die Kosten zu senken, soll grundsätzlich das Bipolar-Prinzip von der Brennstoffzelle auf die Lithium-Batterie übertragen werden. In einer Brennstoffzelle liegen die Zellen großflächig gestapelt und nicht gerollt wie in den heute üblichen Zellen. Allein der Vorteil der Geometrie liegt bei (theoretischen) rund 27 Prozent, wenn man von zylindrischen zu rechteckigen Zellen übergehen kann. Gehäuse, Kontaktierung und Elektronik wären dann auch nur mehr pro „Etage“ nötig – eine weitere potenzielle Platz- und Komplexitätseinsparung.

Drastisch verkürzte Ladedauer

Hinzu kommt, dass durch die direkte Verbindung der Zellen im Stapel der Strom über die gesamte Fläche fließen kann, was den elektrischen Widerstand senkt und so den Wirkungsgrad steigert. Wenn dadurch die Elektroden Energie viel schneller abgeben und beim Laden wieder aufnehmen, könnten Ladevorgänge deutlich kürzer ausfallen als heute gewohnt. Damit könnte man eine der größten Hemmschwellen für den Kauf von Elektroautos senken. Erfahrungen mit Stapelzellen zeigen bereits heute, dass sie zudem deutlich langlebiger sind als gewickelte.