BMW K 1200 R Sport, der Silver Surfer unter den Motorrädern

Klartext: From Outer Space

BMWs K 1200 R Sport stand ab 2007 zum Verkauf, als halbverkleidetes Angebot zwischen der nackten R und der vollverkleideten S. Dieser Zwischenweg interessierte kaum einen Kunden. Für mich war es jedoch eins der interessantesten Motorräder seiner Generation

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Von
  • Clemens Gleich
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Bei BMW Motorrad arbeiten Ingenieure häufig nach dem hehren männlichen Gebot des „weil es geht“. Der Vertrieb kann die Resultate hervorragend als „Alleinstellungsmerkmale“ vermarkten, daher haben sie es selten schwer, in den Produktionsplan zu gelangen. Als etwa zu Anfang des neuen Jahrtausends die Neuauflage der K-Modelle anstand, ging BMW beim Chassis in die Vollen des Besonderen: Ein Aluminium-Omega-Rahmen trägt hinten BMWs bekannte momentabgestützte Kardan-Einarmschwinge und vorne eine Doppellängslenker-Aufhängung mit Federbein à la Hossack. Das Motorrad, das 2005 bei den Händlern stand und diese Ideen trug, wurde damit ein sehr langes Gerät mit einem ganz eigenen Fahrgefühl.

Das Raumschiff landet beim Bäcker

Die meisten Leser werden die K 1200 als S in Sporttouring-Vollverkleidung (Modellcode K40) und R ohne Verkleidung (K43) kennen. Die S punktete mit dem Wetterschutz ihrer Verkleidung, die R zeigte offen die interessante Technik. Sie konnte sich zudem mit ihren 163 PS als das damals brutalste Power-Naked profilieren. Es gab jedoch zwischen diesen beiden Modellen ab dem Jahr 2007 noch die K 1200 R Sport (K43HV für „Halbverkleidung“). Sie trug statt der schiefen Fratze der R eine etwas weniger schief schauende Halbverkleidung. Für mich war dieser Zwischenweg der, der zu diesem Motorrad am besten passte, sowohl von der Optik als auch der Funktion. Ich nannte sie liebevoll „das Raumschiff“ und freute mich über jeden Flug damit, selbst wenn es nur zum Bäcker war.

Das Chassis der K verlangte vom Fahrer etwas Umgewöhnung. Eine Telegabel vermittelt eben durch ihre eigentlichen Nachteile sehr viel Gefühl vom Boden über den Lenker. Das Omega-Fahrwerk tut das nicht. Der Unterschied fiel uns deutlich auf, als Kollege Timo Großhans und ich seinen Vergleich unter dem Arbeitstitel „Zwei Idioten fahren im Januarregen Motorrad“ produzierten. Die Kawasaki ZRX 1200 R fuhren beide mit deutlich mehr Souveränität durch die siffigen Kurven einer winterlichen Burgenstraße.

Wer sich auf einen Informationsstrom vom Lenker verlässt, den wird die K immer irritieren. Die beste mir bekannte Lösung lautet: Erspüre das Ding komplett über die Füße wie ein Surfboard. Damit lässt sich dann schön carven. Die Vorderradaufhängung arbeitet nämlich gerade in Schräglage sehr angenehm. Dieses Silver-Surfer-Raumschiff-Gefühl gibt es bis heute in der Großserie nur bei BMWs K-Modellen, obwohl zum Beispiel die aktuelle Goldwing ihr Vorderrad ebenfalls an Doppellängslenkern führt.

Teppichmesser und säckeweise Ringantennen

Technisch problemlos war das Raumschiff nicht. An zwei K-Testern musste ich die Plastikwanne der Sitzbank mit dem Teppichmesser nachschneiden, damit sie im Schnapper hielt. Da das schon von BMW für den Pressefuhrpark ausgesuchte Maschinen waren, glaube ich nicht, dass die Endkontrolle für Kundenfahrzeuge besser war. Als größter Problembär stellte sich jedoch die Ringantenne im Zündschloss heraus. Die sprach mit dem Transponder im Schlüssel, um die Wegfahrsperre zu entriegeln. BMW hatte den Zulieferer dieser Antennen um ein paar Cent gedrückt. Der Zulieferer änderte etwas am Design, um den Preis zu schaffen. Und wie so oft bei solchen Maßnahmen hielt es dann im Feld nicht lang.