Orkanisationstalent

Fahrbericht McLaren 600LT Spider

Der McLaren 600LT Spider überzeugt fahrdynamisch auf der ganzen Ideallinie. Die Perfektion des Cabrios wird mit einer Diät erkauft, die andere offene Supersportwagen wie den Ferrari 488 Spider oder den Lamborghini Huracán Performante Spyder leicht dicklich wirken lässt

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McLaren 600LT Spider 17 Bilder
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Von
  • Wolfgang Gomoll; press-inform
Inhaltsverzeichnis

Der McLaren 600LT Spider überzeugt fahrdynamisch auf der ganzen Ideallinie. Die Perfektion des Cabrios wird mit einer Diät erkauft, die andere offene Supersportwagen wie den Ferrari 488 Spider oder den Lamborghini Huracán Performante Spyder fast pummelig wirken lässt.

Offene Autos haben den Vorteil, die Luft reinzulassen. Wer alle Scheiben nach unten lässt, bekommt archaisches Cabrio-Gefühl mit Orkanböen, die schon bei gemäßigten Tempi jede akkurate Frisur zerstören. Dieses hier kann noch etwas mehr. Audiophile schließen das Dach und öffnen das Heckfenster. Dann hören sie den 3,8-Liter-Motor grollen, sprotzelnd zwischengasbellen und sein achttöpfiges Bass-Crescendo. Die Bowers & Wilkins-Stereoanlage ist allenfalls im Stand sinnvoll – keine sinnvolle Option also bei so einem puristischen Auto. McLaren-Versteher lassen sie ohnehin weg, mit dem guten Gefühl, weitere eineinhalb Kilogramm eingespart zu haben.

Telepathische Verbindlichkeit

Erst das eingesparte Gewicht lässt die 600 PS des englischen Supersport-Cabrios in die gewünschte Agilität münden, die Fahrdynamiker verzückt nach jeder weiteren Kurve gieren lässt. Wie das Coupé reagiert der offene LT mit quasi telepathischer Verbindlichkeit auf alle Lenkbefehle. Beim Einlenken giert der leichtfüßiqe Vorderwagen förmlich nach jeder Richtungsänderung und die Hinterachse mit den doppeltem Aluminiumquerlenkern gibt dem Spider eine vertrauenserweckende Kurvenstabilität. Die elektrohydraulische Lenkung vervollständigt die Einheit zwischen Mensch und Maschine: Sie ist direkt, ohne nervös zu sein und berichtet sehr exakt, was die Vorderreifen gerade treiben.

Zu dieser hoch kultivierten Akkuratesse passt nicht so recht das leicht verzögerte Ansprechverhalten des V8, weil der im Gegensatz zu den Vierliter-Varianten keine Twinscroll-Turboaufladung bekommen hat. Wahrscheinlich gehört das zu den kleinen, aber stets spürbaren Nadelstichen, mit denen man auf seine Spitzenmodelle hinweisen möchte. Das spielt sich alles auf einem gewissen Niveau ab, ein 600 LT Spider kostet bereits 250.000 Euro.

Ohne zusätzliche Verstrebungen

Mit einem Trockengewicht von 1297 Kilogramm und immer noch leichten 1404 kg nach DIN ist der 600 LT Spider nur 50 Kilogramm schwerer als das Coupé und deutlich leichter als seine imageträchtigen Konkurrenten aus Norditalien. Diese für ein Cabrio ausgezeichnete Gewichtsbilanz ist ein Resultat des extrem steifen Monocoques aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, das trotz des fehlenden Daches ohne zusätzliche Verstrebungen auskommt. Dank der ausgefeilten Aerodynamik, die zum großen Teil vom Coupé übernommen wurde, erzeugt der Spider bei einer Geschwindigkeit von 250 km/h ebenfalls 100 Kilogramm Abtrieb.