Programme und Positionen zur Europawahl 2019: Die Grünen

Facebook zerschlagen, ein europäisches Kriminalamt aufbauen und den Datenschutz mit durchgehender Verschlüsselung stärken steht u.a. auf der grünen Agenda.

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Programme und Positionen zur Europawahl 2019: Die Grünen

(Bild: Markus Gann/Shutterstock.com, Etereuti, Montage: heise online)

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Inhaltsverzeichnis

Die Grünen wollen mit ihrem Wahlprogramm "Europas Versprechen erneuern" und verstehen darunter "ökologisch, demokratisch und sozial". "Nie war eine Europawahl so wichtig wie in diesem Jahr", schreiben sie dazu. Nationalisten träten in vielen Ländern an, um die EU zu schwächen oder ganz zu zerstören. Es gehe darum, "ob Europa in den Nationalismus zurückfällt, oder sich die EU kraftvoll neu begründet". Probleme wie die Klimakrise seien so groß, dass sie kein Land alleine lösen könne.

Der Fahrplan für die nächsten fünf Jahre kommt kleinformatig auf gut 190 Seiten inklusive einiger Wiederholungen in verschiedenen Kapiteln. Er ist als barrierefreies PDF online abrufbar. Eine Zusammenfassung steht in "leichter Sprache", das Vorwort auch auf Englisch zur Verfügung.

"Die Digitalisierung kann uns helfen, effizienter und ökologischer zu handeln, Informationen leichter zu verbreiten und mehr Transparenz herzustellen", schreiben die Grünen. Sie wollen den digitalen Wandel "demokratisch, ökologisch, sozial und feministisch gestalten". Chancen müssten ergriffen werden, um per Rundumschlag "Arbeit zu erleichtern, um die Vereinbarkeit von Beruf und Care-Arbeit zu verbessern genauso wie die medizinische Versorgung, Ressourcen zu sparen, Verkehrsunfälle zu vermeiden und Bildungschancen zu erhöhen sowie Innovationen zu fördern".

Die Programme der Parteien zur EU-Wahl

(Bild: 

Markus Gann/Shutterstock.com/Etereuti/heise online

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Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament am 26. Mai 2019 geht es auch um Digitalthemen. Wir stellen die Positionen und Programme der aussichtsreichen Parteien in einer Serie vor.

"Die Digitalisierung prägt, wie wir arbeiten, wie wir kommunizieren, wie wir denken, wie wir lernen, wie wir reden", steht da geschrieben. Sie werde aber "immer noch stark von Männern dominiert". Es sei hier an der Politik, die Veränderungen entlang der europäischen Werte zu gestalten. Damit Unternehmen und Verbraucher von der Digitalisierung profitieren können, braucht Europa eine flächendeckende digitale Infrastruktur, heißt es weiter. Deswegen wollen die Grünen sich für eine umfassende Investitionsoffensive sowie für den Ausbau und für eine "Förderung offener und freier WLAN-Netze" starkmachen.

Ziel der Partei ist "eine nachhaltige Digitalökonomie". Um diese zu erreichen, "setzen wir auf eine echte Netzneutralität, freie und überprüfbare Software, offene Schnittstellen, Interoperabilität" und eine vitale Entwickler-Community. Durch Digitalisierung ermöglichte Profite und Zeitkontingente müssen laut den Grünen "gerecht an alle verteilt werden". Daher sollen "neue Sozialabgaben- und Besteuerungsmodelle für Wertschöpfung durch Maschinen und Algorithmen" entwickelt werden, werben sie für eine digitale Dividende. Die Grundsicherung für Menschen müsse von Lohnarbeit entkoppelt werden.

Unfreiwillige Mehrarbeit, dauernde Verfügbarkeit, Arbeitsverdichtung und ständige digitale Leistungskontrolle würden einfacher, warnt die Partei aber auch. Es brauche daher einen guten Arbeitsschutz für Beschäftigte und Selbstständige. Dienstleistungsplattformen müssten sich ihrer Verantwortung bei den Arbeitsbedingungen, der Mitbestimmung und der Entlohnung stellen.

"Zur Verteidigung unserer Freiheit und gegen Kriminalität und Terror brauchen wir eine stärkere europäische Kooperation der Sicherheitsbehörden", halten die Grünen fest. Zahlreiche Straftaten wie Wohnungseinbruchdiebstähle oder Betrugsdelikte erfolgten über Grenzen hinweg. Dementsprechend müsse die Polizei auch grenzübergreifend agieren. Zum Schutz der Bürger seien "wirksame Prävention und effektive Strafverfolgung" nötig. Dies gelte insbesondere für den EU-weiten Datenaustausch und die Pflege von Datenbanken.

Konkret ist die Partei für "den Aufbau eines Europäischen Kriminalamts (EKA)". Das derzeit weitgehend "befugnisfreie" Europol soll zu einer europäischen Polizei nach dem Vorbild des Bundeskriminalamts (BKA) mit eigenen Ermittlungsteams und multinationalen "Joint Investigation Teams" ausgebaut werden. Auch das bestehende Europol-Informations-System (EIS) müsse so erweitert werden, sodass ein Abgleich der nationalen Polizeidatenbanken erfolgen könne. Das geht in die Richtung des "europäischen FBIs", das CDU und CSU fordern.

Um die Finanzierungsquellen von Netzwerken in der organisierten Kriminalität und im Terrorismus auszutrocknen, möchten sie "eine zentrale europäische Behörde für den Kampf gegen Geldwäsche schaffen". Banken sollten "nur bei konkreten Verdachtsfällen und unter höchsten rechtsstaatlichen Standards verdächtige Kontobewegungen direkt auch" dorthin melden. Rechtswidrige, gewaltverherrlichende Propaganda und terroristische Onlineinhalte müssten "nicht nur nach transparenten rechtsstaatlichen Kriterien schnellstmöglich gelöscht, sondern auch von den nationalen Strafverfolgungsbehörden konsequent verfolgt werden". Dafür bedürfe es einer zuverlässigen Kooperation der Plattformen mit den Ermittlern.

Bei allen Maßnahmen haben für die Grünen "rechtsstaatliche Standards wie Rechtsklarheit, der Bestimmtheitsgrundsatz und das Verhältnismäßigkeitsprinzip höchste Priorität: "Anders als die derzeit verfolgte Politik wollen wir nicht, dass unsere Sicherheitskräfte anlasslos jede Menge Daten sammeln". Die Fluggastdaten- und die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten lehnen sie ab.