Kommentar: Technik für den Urlaub? Endlich mal kein Netz!

Was für die einen Horrorvorstellung, ist für heise-online-Redakteur Martin Reche eine Chance: Per Urlaub in der Pampa will er sein digitales Leben pausieren.

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Ozean, Meer, Wasser
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Reche

Der Urlaub naht! Das Reiseziel ist längst gebucht, aber auch die Technik will richtig vorbereitet sein. Was ist bei Auslandstarifen zu beachten? Welche Apps sind die besten Reiseführer oder Wander-Navis? Reicht für Fotos wirklich das Handy oder solls doch noch eine Kompaktkamera sein? Diese und weitere Fragen klärt unser Schwerpunkt Technik für den Urlaub.

Ich liebe Technik und alles, was damit zu tun hat. Zuhause stapeln sich Tablets, Laptops und alte Smartphones. Frei nach dem Motto "Mach flott den Schrott" läuft hier ein Custom-Rom, dort erfreut sich ein alter Rechner eines zweiten Frühlings dank schlankem Linux-Desktop. Doch die Leidenschaft hat Risse bekommen. Immer mehr reift die Erkenntnis, dass deutlich zu viel Zeit für Basteleien und Reddit-Lektüre draufgeht. Virtuelle Städte auf dem Tablet genießen inzwischen mehr Aufmerksamkeit als meine Instrumente, die in der Ecke verstauben.

Schwerpunkt: Technik für den Urlaub

Der Urlaub naht! Das Reiseziel ist längst gebucht, aber auch die Technik will richtig vorbereitet sein. Was ist bei Auslandstarifen zu beachten? Welche Apps sind die besten Reiseführer oder Wander-Navis? Reicht für Fotos wirklich das Handy oder solls doch noch eine Kompaktkamera sein? Diese und weitere Fragen klärt unser Schwerpunkt.

Damit ist bald – wenigstens temporär – Schluss: Drei Wochen Urlaub in der irischen Pampa warten auf mich. Ohne 90 Prozent meiner Lieblinge mit Prozessorherz und ohne jegliche Internetanbindung. Was für viele nach dem blanken Horror klingt, entwickelt für mich als Berufs-Nerd nach anfänglicher Skepsis immer mehr einen ungeahnten Reiz: Vielleicht bietet sich hier ja eine Chance, dem vertechnisierten Alltag zu entkommen und Abstand zu all den displayverseuchten Zeitverbrennungsmaschinen zu gewinnen.

Je länger ich über die anstehende Abstinenz grüble, desto attraktiver wird diese: Sollen doch andere ihre Rucksäcke mit Powerbanks, Notebooks und Digitalkameras vollstopfen, damit sie den Sonnenuntergang unterbrechungsfrei in 4K und voller Länge filmen können. Sollen sie doch Abends auf die Suche nach Internetanbindung gehen, um ihre neuesten Werke zu teilen. Ich werde diesmal stark sein und da nicht mitmachen. Das entlastet nicht nur den Rücken – wer mal eine DSLR-Austrüstung durch die Gegend geschleppt hat weiß, wovon ich rede. Vielleicht besiegt man durch Selbstkasteiung auch den inneren Zwang, seinen Urlaub in viel zu vielen Bildern und Videos dokumentieren zu müssen.

Ein Kommentar von Martin Reche

Martin Reche ist leidenschaftlicher Musiker und liebt technische Frickeleien. Nach einem medienpädagogischen Volontariat im hohen Norden kehrte er in die alte Heimat und Liebe Hannover zurück. Bei heise+ kümmert er sich vor allem um Anwendungssoftware.

Denn was bringen die schönsten Urlaubsfotos und -videos, wenn man dafür einzigartige Momente absoluter Schönheit geopfert hat, indem man das Smartphone aus der Tasche gekramt, die Foto-App geöffnet und dann erst noch die richtige Perspektive für die Aufnahme gesucht hat? Natürlich kann man mit dem perfekten Bild im Bekanntenkreis oder den sozialen Netzwerken eher auf Komplimente-Fang gehen. Aber: Wofür? Nur um den Smartphone-Freunden später zu zeigen, welche krassen lokalen Bio-Seetang-Gerichte man gegessen hat? Für die Daumen-hoch-Anerkennung, nach der viele dürsten? Jede individuelle Urlaubserinnerung ist nachhaltiger als der kurzlebige virtuelle Applaus für das X-te Strandselfie, das in der Bilderflut von Instagram & Co. sowieso nach wenigen Minuten ertrinkt.

Am liebsten wäre mir ja inzwischen, ausschließlich zu Karte und Kompass zu greifen und auch das Smartphone daheim zu lassen. Doch, soviel Ehrlichkeit muss sein, das Smartphone kommt mit – es soll im Auto GPS-geleitet den Weg durch das gefühlte Ende der Welt zeigen. Außerdem vermittelt es als Notrufsäule wenigstens ein Gefühl von Sicherheit. Aber dafür reicht auch eines der eingangs erwähnten angestaubten Modelle. Spieleapps, vor dem Urlaub heruntergeladene Videos oder Musik werde ich auf dem Smartphone nicht horten. Statt virtuelle Großstädte zu errichten nehme ich mir vor, reale Kleinstädte aus Sand am Strand zu bauen. Statt stundenweise Mr. Robot zu glotzen, will ich abends im Grünen sitzen und Sterne beobachten. Das neue Album von The Appleseed Cast? Tausche ich gegen rauschende Wellen und raschelnde Blätter; ein Urlaub auch für Augen und Ohren.

Zugegeben, das sind alles romantisierte Wunschvorstellungen. Aber ich werde versuchen, sie umzusetzen. Allein schon, weil mein Kopf nach vielen Jahren des beruflichen und privaten Abnerdens nach einer Pause verlangt. Sollte ich grandios scheitern, und mir unterwegs beispielsweise eine Hosentaschen-Spielkonsole oder Fotodrohne kaufen, werde ich hier beichten. So viel Größe muss sein. Schönen Urlaub euch allen! :) (mre)