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Bosch: „Schwarmintelligenz für Akkus“

Bosch will Elektroauto-Batterien besser nutzen. Mit einer Vernetzung der Überwachungssysteme und selbstlernenden Algorithmen soll ihr tatsächlicher, individueller Zustand stärker berücksichtigt werden. Idealerweise geht dann eine Leistungssteigerung mit einer Verlängerung der Lebensdauer einher

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Elektroautos, alternative Antriebe 4 Bilder
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Von
  • Florian Pillau
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Bosch will die Batterien besser nutzen. Mit einer Vernetzung der Überwachungssysteme und selbstlernenden Algorithmen soll der tatsächliche, individuelle Batteriezustand stärker berücksichtigt werden. Idealerweise geht dann eine Leistungssteigerung mit einer Verlängerung der Lebensdauer einher.

Die heute zumeist verwendeten Lithium-Batterien in Elektroautos halten rund 500 bis 1000 Ladezyklen. Von den Herstellern wird laut Bosch normalerweise eine Laufleistung zwischen 100.000 bis 160.000 Kilometern zugesichert. Die Akkus halten bei einer durchschnittlichen Nutzung also rund acht bis zehn Jahre – etwas länger als eine Fahrzeuggeneration. Da er das teuerste Bauteil an einem Elektroauto ist, überwacht bereits heute das Batteriemanagement im Fahrzeug die Betriebsbedingungen bis hinunter auf die Zellebene.

Standardisierte Annahmen

Bei der Entwicklung der Batterieüberwachung mussten sich die Ingenieure bislang vor allem an typische Parameter halten und recht weite Sicherheitsabstände zu potenziell schädigenden Werten vor allem bei Ladung und Stromentnahme einhalten. Bei der Programmierung galten bisher auch weithin standardisierte Annahmen bezüglich der Alterung der Zellen.

Die wichtigsten Alterungsfaktoren sind neben der bereits erwähnten reinen Anzahl der Ladezyklen hohe Ströme, wie sie beim Schnellladen und in allen Fahrsituationen auftreten, bei denen kräftig beschleunigt oder stark rekuperiert wird. Großen Einfluss nehmen dabei hohe oder niedrige Temperaturen – bei Beginn der Ladung oder Start kann das die Außentemperatur sein, im Betrieb dann Hitze durch Ladung und/oder Entladung.

So kann es bereits einen deutlichen Effekt haben, wenn bei Kälte oder heißer Batterie nur zu 95 Prozent aufgeladen wird. Kein für den Nutzer in der Reichweite spürbarer Unterschied, aber auf Dauer eine lebensverlängernde Maßnahme. So etwas kann ein gutes Fahrzeug-Batteriemanagement leisten, allerdings nur innerhalb seiner Systemgrenzen.

Schritt über Systemgrenzen

Bosch geht nun einen Schritt weiter und erfasst „over the air“ alle für eine bestimmte Batterie relevanten Parameter wie Ladegeschwindigkeit, Temperatur, Alter des Speichers in Echtzeit. Da diese Informationen so für eine große Menge baugleicher Batterien vorliegen, kann Bosch maschinelle Lernverfahren einsetzen. Laufend trainierte Algorithmen sollen auf Basis der gesammelten Daten beispielsweise die noch verbleibende Lebensdauer und Leistungsfähigkeit eines bestimmten Akkus viel genauer voraussagen können als bisher. Das sei – sagt Bosch – bisher „noch nicht akkurat möglich“ und daher ein „Novum“.

Die Erkenntnisse aus den Daten der gesamten erfassten Fahrzeugflotte sollen mittels lernfähiger Software noch mehr Stressfaktoren für die Fahrzeug-Akkus gewissermaßen in Echtzeit identifizieren. Batterien sollen so ihre Kapazitäten besser auschöpfen und trotzdem länger halten. Den neuen Service nennt Bosch „Battery in the Cloud“.