EuGH: Online-Händler müssen nicht telefonisch erreichbar sein

Online-Händler müssen Verbrauchern vor Vertragsabschluss keine Telefonnummer angeben, ein schnelles, effizientes Kommunikationsmittel reicht, urteilt das EuGH.

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Festnetztelefon mit Tasten

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Online-Händler sind nicht dazu verpflichtet, einen Telefon-, Fax-Anschluss oder ein E-Mail-Konto neu einzurichten, um stets für potenzielle Kunden erreichbar zu sein. Dies urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Mittwoch (Rechtssache C-649/17). Stattdessen reiche ein Kommunikationsmittel aus, über den das Unternehmen zur effizienten Kommunikation schnell erreichbar sei.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) sowie Verbraucherverbände hatten zunächst vor deutschen Gerichten gegen den Online-Händler Amazon geklagt. Sie beanstandeten, dass Amazon keine effizienten Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme anbieten würde. Konkret werde der Verbraucher nicht eindeutig über die Telefon- und Faxnummer informiert, über die er sich an das Unternehmen wenden könne. Der von Amazon angebotene Rückruf-Service erfülle nicht die gesetzlichen Informationspflichten, argumentierten die Kläger.

Nach deutschem Recht müssen Käufer vor dem Vertragsabschluss im Fernabsatz auch außerhalb von Geschäftsräumen eine Telefonnummer als Kontaktmöglichkeit angeben. Der letztinstanzlich damit befasste Bundesgerichtshof ließ deshalb im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vom EuGH prüfen, ob dieses nationale Recht den EU-Richtlinien über die Rechte der Verbraucher entgegensteht.

Mit dem Urteil des EuGH ist nun geklärt, dass das der Fall ist. Das hatte sich bereits im Februar 2019 abgezeichnet, nachdem der EU-Gutachter und Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs Giovanni Pitruzzella eine Einschätzung abgegeben hatte. Das EuGH weist in seinem jetzigen Urteil darauf hin, dass die EU-Richtlinie Unternehmen lediglich dazu verpflichte, dem Verbraucher ein direktes und effizientes Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen. Daraus ergibt sich nach Ansicht des EuGH aber keine Verpflichtung, für den Verbraucher eine Telefonnummer als Kontaktmöglichkeit anzubieten. Auch das Einrichten eines neuen Telefon-, Faxanschlusses oder eines E-Mail-Kontos sind nicht verpflichtend, heißt es in der Mitteilung des EuGH. Diese Verpflichtung ist nach Ansicht der Richter "unverhältnismäßig".

Die EU-Richtlinie lasse genügend Raum für den Einsatz alternativer Kommunikationsmittel wie etwa elektronische Kontaktformulare, Internet-Chats oder ein telefonisches Rückrufsystem, wie es Amazon anbietet. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass darüber eine direkte und effiziente Kommunikation möglich ist. Außerdem müssen die Verbraucher in "klarer und verständlicher Weise" über sie informiert werden.

Der EuGH lässt dabei offen, welche Kommunikationsmittel konkret für eine schnelle und effiziente Kommunikation geeignet sind. Darüber müssen jeweils die nationalen Gerichte entscheiden. Der Europäische Gerichtshof stellt allerdings klar, dass eine Telefonnummer auf einer Internet-Seite, die erst nach einigen Klicks verfügbar ist, nicht das Kriterium nach einer klaren und verständlichen Information erfüllt. In der Sache Amazon muss nun der Bundesgerichtshof eine Entscheidung fällen. (olb)