Voll abgefahren

Der Verkehrsminister will Bahn fahren wieder attraktiver machen. An die wirklichen Probleme der Bahn traut er sich aber nicht heran.

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Wer hätte das gedacht, dass die Bahn auf ihre guten, alten Tage noch mal so viel Aufmerksamkeit bekommt: Weil Fliegen jetzt das neue Rauchen ist, diese blöde Klimawandel-Diskussion einfach nicht aufhören will und man nach Dieselgate und Maut-Maut-Desaster dringend ein neues Thema braucht, hat jetzt sogar die CSU die Bahn entdeckt.

Und gibt mächtig Gas. Richtig Geld will man jetzt in die Hand nehmen, um die marode Infrastruktur zu erneuern. Noch dazu soll Bahnfahren billiger, und Fliegen teurer werden.

Auch wenn der Sinneswandel überraschend kommt, sinnvoll ist er allemal. Zwar ist die Frage, welche Verkehrsmittel eigentlich für welche Strecken am effizientesten ist, nicht ganz so einfach zu beantworten. Wer sich für die Details interessiert, kann sich beispielsweise in diese Dissertation von 2004 vertiefen - detaillierte Einblicke bietet aber auch eine Vergleichende Untersuchung der Bundesanstalt für Gewässerkunde, die sich vor allem dem Frachtverkehr und dem Vergleich von LKW und Bahn mit der Binnenschiffahrt widmet.Generell ist die Annahme, dass Züge effizienter, billiger und nachhaltiger als Autos sind, aber nicht von der Hand zu weisen. Ob der Faktor zwei oder drei beträgt, spielt erstmal keine Rolle.

Richtig sinnvoll würde die ganze Aktion allerdings erst dann werden, wenn die Bundesregierung den Rückzug der Bahn aus der Fläche zurückdrehen würde. Denn seit der Bahnreform 1994 sind rund 5400 Kilometer Bahnstrecke still gelegt worden- das entspricht rund 16 Prozent des Streckennetzes, das bereits in den 1980er Jahren kräftig Federn lassen musste.

Die zaghaften Schritte zur Reaktivierung stillgelegter Strecken, die es seit einigen Jahren gibt, sind da nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Allianz Pro Schiene sieht Potenzial für die Reaktivierung von rund 3000 Kilometer Bahnstrecken.

Davon redet allerdings bisher sonst niemand. Auch Scheuer nicht. Dabei wäre genau das nötig, um das Mantra der Auto-Koalition zu befolgen, dass eine wie auch immer geartete Verkehrswende den vielen Pendlern im Land nicht schaden darf. Damit das funktioniert, brauchen die einfach eine Alternative zu Auto. Politik kann manchmal auch ganz einfach sein.

(wst)