Akku contra Wasserstoff: Von Bumm zu Boom
Wasserstoff war bisher eine der enttäuschten Hoffnungen für saubere Energie. Doch nun steht das Gas vor einem unerwarteten Comeback.
(Bild: Shutterstock, Technology Review)
- Denis Dilba
Das Gewitter startet auf Knopfdruck. Etwa eine Minute dauert es, bis bläuliche Plasmablitze aus einer blassbraunen BrĂĽhe eine klare FlĂĽssigkeit gemacht haben. "Wasser", sagt Jens Hanke, GeschäftsfĂĽhrer des Berliner Start-ups Graforce. "Das könnte man jetzt Âsogar trinken."
Die Probe stammte aus einem Klärwerk. Der Reinigungseffekt ist fĂĽr Hanke aber nur Nebensache: "Spannender ist, dass bei unserer sogenannten Plasmalyse Wasserstoff erzeugt wird – mit zwei Drittel weniger Energie als bei der herkömmlichen Wasser-ElektroÂlyse." Das Geheimnis dahinter: Der Strom spaltet kein H2O, sondern die im Schmutzwasser enthaltenen Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen wie Ammonium (NH4+). "Die sind leichter zu knacken", erklärt Hanke.
Hankes Plasmalyse könnte zu einem wichtigen Baustein einer grünen Wasserstoffwirtschaft werden. Die soll nämlich nach den Plänen der Bundesregierung neben erneuerbarem Strom zur zweiten Säule der Energiewende werden, als Scharnier zwischen Strom-, Wärme- und Verkehrssektor, indem sie Wind- und Sonnenenergie zwischenspeichert.
"Wir wollen bei Wasserstofftechnologien die Nummer eins in der Welt werden", verkĂĽndete Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kĂĽrzlich bei der Bekanntgabe der Â"Reallabore der Energiewende". Die 20 Gewinner-Konsortien sollen zukunftsfähige Wasserstofftechnologien unter realen Bedingungen im industriellen MaĂźstab erproben. Bis 2022 stellt der Bund dafĂĽr jährlich bis zu 100 Millionen Euro bereit.
"Es sieht tatsächlich so aus, als stĂĽnde Wasserstoff vor dem Durchbruch", sagt Detlef Stolten, Leiter des Instituts fĂĽr elekÂtrochemische Verfahrenstechnik am Forschungszentrum JĂĽlich. Er wählt bewusst den Konjunktiv, denn so weit war die Technologie gefĂĽhlt schon unzählige Male. Bereits 1994 zeigte Daimler mit seinem Forschungsfahrzeug NECAR die Machbarkeit von Brennstoffzellenantrieben. Doch seither lief die ÂGeschichte wellenförmig immer nach dem gleichen Schema ab: Stets Âsollte die Technik in einigen Jahren serienreif sein, dann wĂĽrde der Durchbruch kommen. Bis heute kam er aber nie.
DafĂĽr trat die Batterie auf den Plan. Vielen Experten schien sie der Sargnagel fĂĽr die komplizierte Wasserstofftechnologie zu sein: einfacher, gĂĽnstiger und vor allem effizienter. Stolten gibt zu: "Wenn man bei einen Brennstoffzellenauto, das auf dem PrĂĽfstand einen Testzyklus abfährt, die gesamte Kette von der Wasserstofferzeugung bis zur Wandlung in elektrische Energie betrachtet, kommt man auf einen Wirkungsgrad von 38 Prozent." Batterien kämen bei schneller Ladung auf 68 Prozent, bei schonenderer auf noch mehr. "Deshalb fahren kleine und leichte Fahrzeuge auch in Zukunft immer besser mit ÂAkkus."
Damit ist die Debatte um Wasserstoff allerdings noch nicht beendet.
(grh)