Akku contra Wasserstoff: Von Bumm zu Boom

Wasserstoff war bisher eine der enttäuschten Hoffnungen für saubere Energie. Doch nun steht das Gas vor einem unerwarteten Comeback.

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Akku contra Wasserstoff: Von Bumm zu Boom

(Bild: Shutterstock, Technology Review)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Denis Dilba

Das Gewitter startet auf Knopfdruck. Etwa eine Minute dauert es, bis bläuliche Plasmablitze aus einer blassbraunen Brühe eine klare Flüssigkeit gemacht haben. "Wasser", sagt Jens Hanke, Geschäftsführer des Berliner Start-ups Graforce. "Das könnte man jetzt ­sogar trinken."

Die Probe stammte aus einem Klärwerk. Der Reinigungseffekt ist für Hanke aber nur Nebensache: "Spannender ist, dass bei unserer sogenannten Plasmalyse Wasserstoff erzeugt wird – mit zwei Drittel weniger Energie als bei der herkömmlichen Wasser-Elektro­lyse." Das Geheimnis dahinter: Der Strom spaltet kein H2O, sondern die im Schmutzwasser enthaltenen Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen wie Ammonium (NH4+). "Die sind leichter zu knacken", erklärt Hanke.

Hankes Plasmalyse könnte zu einem wichtigen Baustein einer grünen Wasserstoffwirtschaft werden. Die soll nämlich nach den Plänen der Bundesregierung neben erneuerbarem Strom zur zweiten Säule der Energiewende werden, als Scharnier zwischen Strom-, Wärme- und Verkehrssektor, indem sie Wind- und Sonnenenergie zwischenspeichert.

"Wir wollen bei Wasserstofftechnologien die Nummer eins in der Welt werden", verkündete Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kürzlich bei der Bekanntgabe der ­"Reallabore der Energiewende". Die 20 Gewinner-Konsortien sollen zukunftsfähige Wasserstofftechnologien unter realen Bedingungen im industriellen Maßstab erproben. Bis 2022 stellt der Bund dafür jährlich bis zu 100 Millionen Euro bereit.

"Es sieht tatsächlich so aus, als stünde Wasserstoff vor dem Durchbruch", sagt Detlef Stolten, Leiter des Instituts für elek­trochemische Verfahrenstechnik am Forschungszentrum Jülich. Er wählt bewusst den Konjunktiv, denn so weit war die Technologie gefühlt schon unzählige Male. Bereits 1994 zeigte Daimler mit seinem Forschungsfahrzeug NECAR die Machbarkeit von Brennstoffzellenantrieben. Doch seither lief die ­Geschichte wellenförmig immer nach dem gleichen Schema ab: Stets ­sollte die Technik in einigen Jahren serienreif sein, dann würde der Durchbruch kommen. Bis heute kam er aber nie.

Dafür trat die Batterie auf den Plan. Vielen Experten schien sie der Sargnagel für die komplizierte Wasserstofftechnologie zu sein: einfacher, günstiger und vor allem effizienter. Stolten gibt zu: "Wenn man bei einen Brennstoffzellenauto, das auf dem Prüfstand einen Testzyklus abfährt, die gesamte Kette von der Wasserstofferzeugung bis zur Wandlung in elektrische Energie betrachtet, kommt man auf einen Wirkungsgrad von 38 Prozent." Batterien kämen bei schneller Ladung auf 68 Prozent, bei schonenderer auf noch mehr. "Deshalb fahren kleine und leichte Fahrzeuge auch in Zukunft immer besser mit ­Akkus."
Damit ist die Debatte um Wasserstoff allerdings noch nicht beendet.

(grh)