Abwrack-Betrug: Massendelikt oder Sommerloch-Aufreger?

Die vom Bund Deutscher Kriminal­beamter hochgerechnete Zahl ließ Gegner der Umweltprämie froh­locken und stopfte für Politik und Medien etwas das Sommerloch. Allmählich versachlicht sich die Debatte

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  • ssu
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Hannover, 6. August 2009 – Deutschlands größte Tageszeitung schien am 5. August als erste im Bilde, als sie die Einschätzunsg des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) verbreitete, dass bis zu 50.000 Autos illegal exportiert worden sein könnten, für die eine Abwrack­prämie beantragt worden ist. Dankbar griffen andere Medien diesen vermeintlichen Knüller im Sommerloch auf, ohne allerdings eine Antwort darauf zu geben, wie der BDK diesen Wert ermittelt hat. Eine Anfrage von heise Autos ließ der BDK bisher unbeantwortet.

Am darauffolgenden Morgen dann hatte der stellvertretende BDK-Bundesvorsitzende Wilfried Albishausen im ARD-Morgenmagazin eine Antwort parat: Die Schätzung beruhe auf rund 200 "Zufallsfunden" in der Hafenstadt Hamburg und in Baden-Württemberg, sagte Albishausen darin und fügte hinzu, mit der illegalen Ausfuhr sei für organisierte Banden leicht Geld zu verdienen, da das Entdeckungsrisiko gering sei.

Abwrack-Betrug: Massendelikt oder Sommerloch-Aufreger? (1 Bilder)

Wie viele Autos treten mit der Fahrt zum Verwerter wirklich ihre letzte Reise an? (Bild: ggo)

Wie sich aus dieser Stichprobe die Zahl von 50.000 ergibt, geht aus diesem Statement nicht hervor, doch die Zahl war nun einmal in der Welt – und mehr oder minder hochrangige Politiker forderten in Windeseile Konsequenzen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sah sich in ihrer Vorhersage bestätigt, dass die Abwrackprämie ein "Förderprogramm für die organisierte Kriminalität" sei. "Die Kripo hat 50.000 Betrugsfälle registriert", sagte DUH Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch am 5. August der dpa, "und damit nun die Recherchen der DUH vom Januar bestätigt".

Dieses Zitat lässt aufhorchen: Was der BDK im Sommerloch errechnet hat, konnte die DUH schon im Januar recherchieren? Wann denn genau im Januar, ist man geneigt zu fragen, schließlich hatte das Bundeskabinett die "Umweltprämie" erst am 13. Januar 2009 beschlossen und kurz darauf verkündet, dass Antragsteller ihre Altwagen im Zeitraum zwischen dem 14. Januar bis 31. Dezember 2009 verschrotten lassen müssen. Bis zum Ende der Abwrackprämie rechnet die DUH gar mit der mit Verdopplung der bisher bekannt gewordenen – will sagen: einer von zwei Organisationen in die Welt gesetzten Zahl – von Betrugsfällen bis zum Jahresende, macht 100.000 – mathematisch ist das völlig korrekt …