Deutsche Mobility-Start-ups: Getaway
Über die App von Getaway können private Kfz gemietet werden. Aral und die Gothaer-Versicherung sind als Partner eingesprungen.
- Bernd Kirchhahn
Das Konzept ist denkbar einfach. Autobesitzer können ihr Fahrzeug über eine App vermieten. Diese heißt „Getaway“. Ein Geschäftsmodell, das so neu nicht ist, das aber schon reichlich Anbieter kennt. Kein Wunder. Denn die Kosten für den App-Betreiber sind verschwindend gering. Anders als bei herkömmlichen Sharingdienst-Anbietern muss das Unternehmen nämlich keine eigene Fahrzeugflotte anschaffen, pflegen und unterhalten. Das übernehmen die Privatbesitzer.
Die können ihr Fahrzeug dann bei Getaway anmelden und den Preis und die verfügbare Zeit selbst bestimmen. Im Hintergrund ist die Gothaer-Versicherung mit einer Vollkasko beteiligt. Außerdem bekommt jeder Vermieter von Getaway eine Tankkarte des Partners Aral. So sollen Daten bezüglich des verbrauchten Sprits gesammelt werden, um die Abrechnung fairer zu gestalten. Schließlich gilt die Binsenweisheit, dass das größte Spritsparpotential hinter dem Lenkrad sitzt.
Gutes Stichwort. Getaway bietet reichlich Statistiken an, um sein Geschäftsmodell zu rechtfertigen. 332.000 Euro gibt jeder Deutsche im Lauf seines Autofahrerlebens (54 Jahre) für diese Fortbewegung aus. Für das Geld kauft er sich drei Neu- und fünf Gebrauchtwagen, tankt, repariert und versichert sie. Mit Getaway soll ein Teil dieser Kosten wieder eingespielt werden.
Wie üblich bekommen die Fahrzeuge eine Telematik-Box
Noch ein paar Zahlen? 45 Millionen Pkw in Deutschland stehen im Schnitt 23 Stunden am Tag still (Studie: Kraftfahrtbundesamt) und 48 Prozent aller Deutschen würden ihr Fahrzeug gegen eine Gebühr auch einer fremden Person überlassen (Studie: Ford Motor Company).
Wie beim Mobility-Sharing üblich, werden die Fahrzeuge auch hier mit einer Telematik-Box ausgestattet, damit sich Mieter und Vermieter nicht umständlich verabreden müssen. Wer sich mit seinem Auto als Vermieter bewirbt und ausgewählt wird, der bekommt Besuch von einem Kfz-Meister, der innerhalb einer Stunde die Technik verbaut. Anschließend kann das Auto per Handy geöffnet und gestartet werden.
Keine zusätzlichen Autos in Ballungsgebieten
Das Teilen bereits bestehender privater Pkw hat, im Vergleich zu den kommerziellen Anbietern mit eigener Flotte, den Vorteil, dass nicht zusätzliche Autos in Ballungsgebieten abgestellt werden, sondern dass bereits vorhandene Autos mehreren Kunden zur Verfügung gestellt werden. Zumindest in der Theorie kann das die Verkehrssituation tatsächlich entspannen. Oder verschlimmert sie wenigstens nicht. Auch wenn die Zahlen des Bundesverbandes Carsharing („Jedes Carsharing-Auto ersetzt zwischen 8 und 20 private Pkw.“) doch etwas sehr optimistisch und ungenau klingen.
Zudem ist der Markt unbegrenzt. Konzentrieren sich Anbieter mit eigener Flotte hauptsächlich auf Großstädte, um möglich viele Kunden auf engem Raum anzusprechen, können Anbieter wie Getaway auch in kleineren Städten und Dörfern aktiv werden. Die Anwohner mit Auto kennen ihre Nachbarschaft am besten und können selbst entscheiden, ob sich das lohnt oder nicht.
Es geht auch anders:
Es gibt Startups rund um die Mobilität, die echten Mehrwert bieten. In unserer kleinen Serie wollen wir Ihnen (zunächst einmal) elf davon aus Deutschland vorstellen, von denen Sie vielleicht noch nie gehört haben.
1) Blickfeld: kompaktere und kostengünstigere Lidar-Sensoren
2) Azowo: cloudbasiertes Fuhrparkmanagement-System
3) SonoMotors: mehr als ein Elektroauto mit Solar-Paneelen
3) ParkHere: den innerstädtischen Verkehr tatsächlich reduzieren
4) E-Wald: Carsharing-Elektrofahrzeuge im ländlichen Raum
5) Motor AI: europaweit gültige ISO-Zertifizierung fürs autonome Fahren
6) Emmy: Mit elektrischen Retro-Schwalben ein Stück vom Sharing-Kuchen
7) MotionWerk: per Blockchain Fahrer von E-Autos und Ladestationen verbinden
8) PaulCamper: AirBnB für Wohnmobile
(fpi)