Fix – aber unfertig

Probefahrt mit BMWs E-Versuchsmotorrad

Bei der gegenwärtigen Nachfrage werden die wenigen Elektrobike-Anbieter wohl bis auf Weiteres unter sich bleiben. Die Probefahrt mit einem E-Roadster von BMW lässt zwar immerhin schon erkennen, wohin die Bayern mit dem E-Antrieb wollen. Ein Serienanlauf scheint aber nicht so bald bevorzustehen

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 337 Kommentare lesen
BMW E-Roadster-Versuchsträger 12 Bilder
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Ulf Böhringer
Inhaltsverzeichnis

Bei der gegenwärtigen Nachfrage werden die wenigen Elektrobike-Anbieter wohl bis auf Weiteres unter sich bleiben. Die Probefahrt mit einem E-Roadster von BMW lässt zwar immerhin schon erkennen, wohin die Bayern mit dem E-Antrieb wollen. Ein Serienanlauf scheint aber nicht so bald bevorzustehen.

Immer wieder ist zu hören, dass die deutsche Industrie den Einstieg in die Elektromobilität verschlafen habe – gern auch mal aus Politikermund. Doch wollen deutsche Zweiradkunden ein E-Motorrad? Offenbar nicht: Nur 176 der 108.494 in den ersten elf Monaten des Jahres 2019 neu zugelassenen Motorräder können sicher als E-Motorräder identifiziert werden, der Anteil beträgt also knapp zwei Promille.

E-Motorräder kommen von Zero, Energica und Harley

Das sind Motorräder des US-Herstellers Zero, dessen Produkte beim die Statistik führenden Industrieverband Motorrad Deutschland (IVM) eine eigene Schlüsselnummer haben. Darüber hinaus gibt es noch die italienische Marke Energica (Test), deren Fahrzeuge aber – nicht identifizierbar – unter „Sonstige“ laufen. Von der Harley-Davidson Livewire (Test), die derzeit ihre Markteinführung erlebt, sind noch keine Zulassungen bekannt, und bis ins Frühjahr 2020 hinein dürfte es auch kaum welche geben, schon des winterlichen Wetters wegen.

Warum geht es bei der Elektrifizierung bei Motorrädern deutlich langsamer voran als bei Autos oder gering motorisierten Elektrorollern wie der Vespa Elettrica? Der Grund liegt nach übereinstimmender Einschätzung aller mit der Entwicklung befassten Experten im ungünstigen Verhältnis von Akkugröße und Fahrzeuggewicht. Während für Leichtkraftroller im urbanen Umfeld Reichweiten von 70 bis 100 Kilometer absolut ausreichend erscheinen und die Batterien deshalb nicht viel schwerer als 25 bis 40 Kilogramm sein müssen, sieht das bei Motorrädern ganz anders aus: Als Untergrenze einer akzeptablen Reichweite sieht man in der Motorradindustrie teils 150, teils aber auch erst 200 Kilometer an – und eine so kurze Ladezeit, dass sich das Wiederaufladen des Akkus tatsächlich im Rahmen einer Kaffeepause erledigen lässt.

BMW wartet auf Infrastruktur jenseits der Stadtgrenzen

Weil aber Schnellladesäulen in Deutschland derzeit so gut wie ausschließlich in Städten oder an Autobahnen zu finden sind und nicht in Gegenden, die Motorradfahrer gern ansteuern, ist die Bereitschaft zum Kauf eines jenseits der Stadtgrenzen attraktiven E-Motorrads noch ausgesprochen gering.

Das sieht auch BMW Motorrad nicht anders, das sich ja schon seit Jahren mit dem batterieelektrischen Antrieb beschäftigt. Von einer Seriennähe sind diese Fahrzeuge allerdings noch weit entfernt. Nicht weil BMW so schläfrig entwickeln würde, sondern weil man weder derzeit noch in den nächsten zwei, drei Jahren mit der Möglichkeit rechnet, dass sich die Versorgung mit Ladesäulen in für Motorradfahrern attraktiven Gegenden nennenswert verbessert. Dennoch arbeitet man in München intensiv am E-Motorrad und hat die Problematik auch technisch offenbar gut im Griff – das demonstrierte BMW bei einer kurzen Testfahrt mit dem Versuchsträger.

Auf seinem Erprobungsgelände im südfranzösischen Miramas zeigte BMW einen fahrfähigen Prototypen eines leistungsstarken E-Motorrads. Es handelt sich dabei um ein Unikat mit dem blauem Gitterrohrrahmen und dem Fahrwerk einer BMW R 1200 R sowie einem mächtigen Akkublock aus einem Hybrid-BMW wie dem neuen X5 xDrive45e. Dazu kommen Karosserieteile des Roadsters BMW S 1000 R zum Einsatz, das Anzeigeinstrument im Cockpit steuerte der E-Scooter C Evolution (Test) bei.