Neue Segelkonzepte für Frachtschiffe

Schiffe müssen ab 2020 ihre Emissionen senken. Das verstärkt den Anreiz für alternative Antriebe – auch in Form neuer Segelkonzepte.

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Neoliner

(Bild: Rendering: Mauric)

Lesezeit: 4 Min.

Zwei bis drei Prozent des weltweiten jährlichen CO2-Ausstoßes gehen aufs Konto der Schifffahrt – etwa so viel wie der Beitrag Deutschlands. Bis 2050 will die International Maritime Organization (IMO) den Treibhausgasausstoß um 50 Prozent senken. Dazu kommt, dass Passagier- und Frachtschiffe bisher meist mit extrem dreckigem Schweröl fahren. Ab dem 1. Januar 2020 dürfen sie nur noch Treibstoff mit maximal 0,5 Prozent statt 3,5 Prozent Schwefelanteil verbrennen, in einigen Gebieten wie der Nord- und Ostsee liegt die Grenze bei 0,1 Prozent. Das macht den Treibstoff teurer – und Alternativen attraktiver. Das Magazin Technology Review stellt in seiner aktuellen Ausgabe 1/2020 einige davon vor (jetzt am Kiosk).

TR 1/2020

Im Segelsport schon länger bekannt sind sogenannte Wings – aufrechtstehende Tragflächen, die etwa doppelt so effizient sind wie herkömmliche Segel. Beim America’s Cup 2010 deklassierte das Team "BMW ­Oracle Racing" die Konkurrenz mit einem 57 Meter hohem Wing der französischen Firma VPLP. Allerdings ließen sich die Wings weder reffen noch einholen. Damit kamen sie bislang nur für den Leistungssport infrage.

Nun hat VPLP sie weiterentwickelt. Mit Folie bespannt, lassen sie sich von oben nach unten wie eine Ziehharmonika zusammenschieben. Damit werden sie erstmals hochseetauglich. Der Trimaran "Energy Observer" segelt derzeit mit zwei je acht Meter hohen Wings um die Welt. 2017 gestartet, hat er mittlerweile knapp 18.000 Seemeilen und 25 Länder hinter sich. Ein Praxistest in großem Maßstab ist für 2022 geplant. Ab dann soll ein 121 Meter langes Transportschiff namens „Canopée“ Teile der Ariane-Raketen zum Startplatz in Französisch-Guayana bringen. Vier je 30 Meter hohe Wings mit insgesamt knapp 1500 Quadratmetern sollen den Spritverbrauch um 30 Prozent senken. Ihre Einstellung übernimmt eine Software. Dadurch sollen sie genauso einfach zu bedienen sein wie ein Motor.

Beim "Neoliner" des französischen Start-ups Neoline stehen sich zwei miteinander verstrebte Masten an Backbord und Steuerbord gegenüber. Damit entsteht eine gewaltige Fläche von insgesamt 4200 Quadratmetern (etwas mehr als die Viermastbark "Passat"). Bei Brückendurchfahrten lassen sie sich einklappen. Aufgrund der paarweisen Anordnung der Masten lässt sich die Fläche jedoch nicht komplett nutzen. "Bei jedem Kurs wird ein Groß- und ein Focksegel in der Windabdeckung der anderen Segel liegen", sagt Neoline-Geschäftsführer Jean Zanuttini. "Aber mit acht Segeln haben wir genug Flexibilität für das Feintuning."

Die Frachter sollen laut Neoline rund 30 Prozent teurer sein, aber dafür auch 80 bis 90 Prozent weniger Energie verbrauchen als vergleichbare konventionelle Schiffe. Zwei zentrale Herausforderungen gab es beim Design: Trotz des aufwendigen Rigs genug Platz für die Fracht zu lassen und das Schiff mit Strom, Wärme und Wasser zu versorgen, während es nur unter Segeln fährt.

"Wir sind noch in der Finanzierungsrunde, wollen aber Ende 2021 oder im ersten Quartal 2022 in See stechen", sagt ­Zanuttini. Die ersten beiden Versuchsschiffe werden 136 Meter lang sein und Autos transportieren. Kein Wunder: Zu den Partner zählt Renault. 2030 sollen größere Segler mit drei Mastpaaren folgen. Die Offenheit für solch neue Konzepte, hat Zanuttini beobachtet, sei in den letzten beiden Jahren spürbar gestiegen, vor allem durch Emissionsvorgaben der IMO.

Den kompletten Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 1/2020 der Technology Review (jetzt im gut sortierten Zeitschriftenhandel erhältlich). (grh)