Phasenübergang

Schnellladen bei Ionity für 79 Cent/kWh

Beim Schnelllade-Netzwerk Ionity wird eine kWh ab 31. Januar 79 Cent kosten. Mit dem neuen Preismodell nähert sich das Joint-Venture von BMW, Daimler, Volkswagen, Ford und Hyundai einem realistischen Bereitstellungspreis.

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Ionity verlangt pro kWh 79 Cent fürs Schnelladen 4 Bilder
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Von
  • Florian Pillau

Bisher wurden pro Ladung europaweit acht Euro in Rechnung gestellt, unabhängig von der abgenommenen Strommenge. Als einen Grund nannte Ionity-Chef Michael Hajesch im Interview mit Edison vom 16. Januar 2020 die obligatorische Eichrechts-Konformität. Nach der deutschen Preisangabeverordnung sowie nach der EU-Preisangabenrichtlinie 98/6/EG ist eine Abrechnung nach Ladezeit nicht mehr zulässig. Erlaubt sind nur noch Verbrauchspreise in kWh. Ein anderer ist, dass Ionity langsam in den Bereich der Kostendeckung kommen möchte. Damit endet laut Ionity die „Willkommensphase“.

In Regionen fossil angetriebener Autos

Bei einem VW ID.3 Pro S mit 77-kWh-Batterie kann eine vollständige Ladung damit nun maximal knapp 50 Euro kosten, bei Autos mit 90 kWh, wie einem Tesla Model S oder Porsche Taycan etwa 70. Da man wohl nur äußerst selten ganz leer zu einem Ladepunkt rollt und dann auch noch zu 100 Prozent lädt, ist das ein theoretischer Wert, er zeigt aber, dass sich der Preis vervielfacht. Bei Autos mit 60 bis 77 kWh reicht eine volle Batterie für rund 200 bis 350 Kilometer, damit steigt der reine Verbrauchspreis in Regionen jenseits dessen, was fossil angetriebene Autos auf gleicher Distanz normalerweise kosten.

Bei Ionity glaubt man nicht an einen größeren Einbruch durch die massive Preiserhöhung, weil man vor allem mit Kunden auf der Durchreise rechnet, die zu Hause normalerweise günstig für 31 Ct/kWh laden und den hohen Strompreis akzeptieren, wenn es mal schnell gehen muss. Man wird sich auch Dienstwagenfahrer vorstellen, die in der Regel Geschwindigkeit vor Betriebskosten stellen. Ionity kann so argumentieren, weil es bei den Schnellladern momentan gut aufgestellt und fast ohne Wettbewerber ist. So habe man bereits „203 Stationen live und 53 im Bau – und das in 20 Ländern“.

Das Netz der 300 kW-Lader ist noch dünn

Bei Ladeleistungen von über 300 kW gibt es sonst noch das Angebot von EnBw, die Lader an einigen wenigen Autobahnraststätten aufstellt und wo eine 60-kWh-Ladung je nach Tarif (noch) auf ca. 23 bis 30 Euro kommt. Rund 35 Euro kostet das Gleiche beim Schnelllade-Netzanbieter Allego, der zwischen 50 bis 350 kW 59 Cent pro kWh verlangt. Weitere Säulen mit 300 kW oder mehr stehen noch bei einigen Audi- und Porsche-Vertretungen.

Doch müssen es (für die meisten) gar nicht 300 kW oder mehr sein. Entlang der Autobahnen stehen Lader mit 150 und 175 kW von Fastned und Innogy, immer noch vollauf genug für einen Tesla Model 3 oder den VW ID.3. Bei Innogy kostet ein Ladevorgang 7,95 Euro, Fastned verlangt 59 respektive 35 Ct bei 11,99 Euro Monatsgebühr.

Den neuen Ionity-Tarif unterlaufen

Es gibt zudem noch die Möglichkeit, den neuen Tarif zu unterlaufen, sogar an den Ionity-Säulen. Der Ausweg sind bis auf Weiteres die Tarife der Mobility Service Provider (MSP) wie Audi e-tron Charging Service, BMW Charge Now, Mercedes Me Charging Service, Wirelane oder einige Stromlieferanten wie Maingau Energie, die in ihren Roaming-Angeboten auch Ionity eingeschlossen haben. Weitere Informationen im Detail hat der ADAC zusammengetragen. Wie lange diese Möglichkeit noch bleibt, hängt davon ab, welche Bedingungen Ionity den MSPs bei künftigen Roaming-Verträgen einräumen wird.

Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass die Konkurrenz Ionity seine Preise wieder einfangen lassen wird. Auch die anderen Ladestromanbieter wollen lieber heute als morgen damit anfangen, die immensen Kosten für den Netzausbau wieder hereinzubekommen. Günstiger wird es sicher nicht. (fpi)