Klimaschutz mit halbem Herzen

Auch Republikaner in den USA machen neuerdings Vorschläge zur Bekämpfung des Klimawandels. Das ist ein Fortschritt – doch die angedachten Maßnahmen gehen längst nicht weit genug.

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Klimaschutz mit halbem Herzen

(Bild: Photo by Dave Michuda on Unsplash)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • James Temple

Republikanische Abgeordnete sind derzeit mit etwas beschäftigt, das früher als fast undenkbar galt: Sie machen Vorschläge für neue Maßnahmen gegen den Klimawandel.

Diese Maßnahmen gehen deutlich weniger weit, als erforderlich wäre. Aber sie lassen eine veränderte Rhetorik auf der rechten Seite des politischen Spektrums in den USA erkennen – und könnten eine Gelegenheit schaffen, in der aktuellen polarisierten Zeit zumindest einige Klimaschutz-Gesetze zu verabschieden.

Laut dem Portal Axios gibt es mehrere republikanische Vorschläge. So sollen Bäume gepflanzt werden, um der Atmosphäre CO2 zu entziehen. Auch die Verdoppelung der Bundesmittel für Energie-Forschung und -Entwicklung wird vorgeschlagen, ebenso wie Steuervorteile für Unternehmen, die Technologie für saubere Energie exportieren. Und manche Republikaner wollen die so genannte 45Q-Steuergutschrift erweitern, die für das Einfangen und Speichern von CO2 aus Fabriken oder der Umgebung gewährt wird.

Koordiniert werden diese wirtschaftsfreundlichen Vorschläge von Kevin McCarthy, dem Anführer der republikanischen Minderheit im US-Repräsentantenhaus. Auf der anderen Seite könnten sie aggressivere Maßnahmen wie Vorschriften zur Emissionsreduzierung oder Steuern auf CO2-Emissionen verhindern. Und sie reichen nicht an die grundlegenden wirtschaftlichen und regulatorischen Reformen heran, die Demokraten in Form eines Green New Deal fordern.

Denn die Bewertung der einzelnen Maßnahmen fällt durchaus gemischt aus.

  • Das Pflanzen von Bäumen kann tatsächlich Kohlendioxid aus der Atmosphäre holen. Doch für eine signifikante Emissionsverringerung müsste weitaus mehr Bäume neu gepflanzt als gefällt werden, und beim Pflanzen und der Aufzucht fallen ebenfalls Emissionen an. Außerdem kann jahrelanger Fortschritt durch große Waldbrände, Schädlingsbefall oder andere Vorfälle zunichte gemacht werden.
  • Eine größere und dauerhaftere Steuergutschrift für Unternehmen, die Kohlendioxid einfangen und speichern wollen, könnte die Modernisierung von Fabriken dafür bezahlbarer machen. Zudem könnte sie wichtige Unterstützung für die neu entstehende "direct air capture"-Branche bieten, also für Entwickler von Technik, mit der CO2 direkt aus der Luft gesaugt wird. Die Technologie funktioniert bereits, ist aber noch sehr teuer.
  • Finanzierung für Frühphasenforschung und -entwicklung ist enorm wichtig in einer Zeit, in der es der Welt noch an entscheidenden Gegenmitteln zum Klimawandel mangelt; dazu zählen billigere und bessere Speicherung im Stromnetz, saubere Luftfahrt sowie Zement und Stahl mit niedrigeren Emissionen. Dringender aber werden im aktuellen Stadium Gesetze und Fördermaßnahmen gebraucht, die bestehende saubere Technologien in den Markt bringen.
  • Die Unterstützung von Unternehmen beim Export von Technologien für saubere Energie ist mit Sicherheit eine gute Idee. Klimaschädliche Emissionen können nur dann wirklich verringert werden, wenn Entwicklungsländer Hilfe dabei bekommen, ihre Energieinfrastruktur ohne schwere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aufzubauen – denn in diesen Teilen der Welt wird sich der Großteil der Zunahme beim Energiebedarf in den nächsten Jahrzehnten abspielen. Allein mit Steuervorteilen wird sich das Ziel nicht erreichen lassen.
  • Weitere republikanische Vorschläge sehen vor, dass Plastik aus der Umwelt entfernt wird und Recycling-Technologien verbessert werden. Auch das ist erfreulich, aber keine bedeutende Maßnahme gegen Klimawandel.

Mehr Infos

Auf gewisse Weise ist allein die Tatsache, dass jetzt eine wachsende Zahl von republikanischen Parlamentariern Klima-Vorschriften einführen möchte, ein Zeichen für einen gewissen Fortschritt. Sie spricht dafür, dass man in der Politik nichts mehr gewinnen kann, indem man darauf besteht, dass menschengemachter Klimawandel keine Realität oder kein drängendes Problem ist. Noch vor wenigen Jahren wäre es für Republikaner auf politischen Selbstmord hinausgelaufen, öffentlich das Gegenteil einzuräumen.

Insgesamt aber sind die vorgeschlagenen Maßnahmen halbherzig. Sie werden dem Ausmaß der drohenden Klimagefahren nicht gerecht und übersehen, wie radikal und schnell Systeme transformiert werden müssen, um eine katastrophale Erderwärmung zu verhindern.

(sma)