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Fahrbericht: Smart EQ Fortwo

Daimler hat den Smart EQ sanft überarbeitet. Der Antriebsstrang samt vergleichsweise kleiner Batterie blieb unangetastet, was zwar nachvollziehbar, aber durchaus mutig erscheint angesichts wachsender Konkurrenz

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Smart EQ fortwo 16 Bilder
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  • Wolfgang Gomoll; press-inform

13.787 Kilometer – so viel wurde ein Auto im Durchschnitt 2018 bewegt. Auf die Tagesdistanz umgerechnet wären das 37,6 km, wobei sich vortrefflich darüber streiten lässt, was diese Zahl wert ist. Denn Benziner werden weniger weit gefahren als Diesel, Städter fahren kürzere Distanzen als die Landbevölkerung, um nur mal zwei Unwuchten zu benennen. Für ein elektrisches Stadtauto erscheint die Idee, die Reichweite eher knapp zu halten, also gleich aus zwei Gründen ziemlich sinnvoll: Zum einen wird eine riesige Batterie für den täglichen Gebrauch gar nicht benötigt, zum anderen spart ein kleiner Speicher Ressourcen bei der Produktion.

Agil

Daimler hatte bei der jüngsten Modellüberarbeitung des Smart EQ also keinen Grund, die Batteriekapazität zu erweitern. Es bleibt bei 17,6 kWh, die im veralteten NEFZ für 159 km reichen sollen. Die tatsächliche Reichweite pendelte bei unseren Testfahrten zwischen 122 und 132 Kilometern. Nutzt man den Eco-Modus, sind zehn Kilometer mehr drin. Dann agiert der Smart EQ Fortwo spürbar verhaltener, für ein entspanntes Gewusel im Stadtverkehr reicht es aber noch immer locker. Die Höchstleistung liegt bei 60 kW, die Dauerleistung bei 40. Das klingt nach nicht viel, doch der Smart EQ legt behende los, der Wunsch nach mehr kommt innerorts kaum auf. Nach 11,6 Sekunden ist Tempo 100 erreicht, maximal sind 130 km/h möglich. Dann ist der kleine Speicher natürlich ratzfatz leer.

Im Eco-Modus kommt man bei vorausschauender Fahrweise oft ohne Bremspedal aus, denn hier liegt die höchste Rekuperationsstufe an. Der Smart scannt zudem die nächsten 200 m und stellt die Bremsenergierückgewinnung entsprechend dem Verkehrsaufkommen ein. Das funktioniert mangels Car2X nicht perfekt, im Rahmen des Möglichen aber erstaunlich gut.

Auffällig ist die unterschiedliche Effizienz der Ladegeräte, die sich aus den technischen Daten ablesen lässt. Mit dem 4,6-kW-Ladegerät, das 833 Euro Aufpreis kostet, nennt Smart einen Stromverbrauch zwischen 15,2 und 16,5 kWh/100 km. Mit dem 22-kW-Ladegerät, immerhin 990 Euro teuer, für sollen es zwischen 14 und 15,2 kWh/100 km sein.

Neu ist das Infotainmentsystem, doch zumindest im Testwagen konnte es nicht überzeugen. Richtungsänderungen wurden nur ruckelig und verzögert angezeigt – das macht Daimler im Mercedes deutlich besser als im Smart. Mit dem Umstieg auf Android Auto und Apple Carplay bietet sich aber immerhin die Möglichkeit, sich einen sehr viel geschmeidigeren Wegweiser einzublenden. Vermisst haben wir auch eine induktive Lademöglichkeit für entsprechend ausgestattete Handys.

Teilbar

Eine große Neuerung ist der Mikrokosmos, den Smart um seinen Stromer aufbaut. Mit der App kann man sich in Echtzeit freie Parkplätze anzeigen lassen und diese teilweise sogar reservieren. Wer sein Auto verleihen will, kann mit der Funktion „ready to share“ die Kosten abrechnen und den anderen Nutzern individuelle Tarife zuweisen. Machen sich Langfinger am Smart zu schaffen und das Auto verlässt einen per Geofencing definierten Bereich, schlägt die App ebenfalls Alarm. Ab 14. Februar 2020 steht der Smart beim Händler.

Teuer

Daimler hat Smart schon immer als Premiummarke angesehen. Anders als früher hat das aktuelle Modell auch nichts Ärmliches, allerdings muss der Kunde dafür kräftig aufrüsten. Es gibt vier Linien und vier Ausstattungspakete, die den Smart endgültig in einen Preisbereich katapultieren, bei denen manch ein Interessent angesichts der überschaubaren Menge an Auto, die Daimler dafür liefert, innerlich zusammenzucken wird. Dabei ist schon das Basismodell mit 21.940 Euro nicht gerade ein Schnäppchen, mit unverkleideten Stahlfelgen und Kunststofflenkrad verwöhnt es auch bei der Ausstattung nicht.

Dabei hat der Smart durchaus ernsthafte Konkurrenz, denn nüchtern betrachtet bietet das Volkswagen-Trio, bestehend aus VW e-Up, Seat Mii electric und Skoda Citigo e iV, fürs gleiche Geld mehr Auto. Sie sind zwar einfacher ausgekleidet. Doch sie bieten mehr Platz und Reichweite. Der Smart darf argumentativ für sich verbuchen, weniger frugal gestaltet zu sein und inzwischen ein Fahrwerk zu haben, das den kurzen Radstand und die damit einhergehende Hoppelneigung so gut es geht kaschiert. Dazu ist er nochmals wendiger als die Volkswagen-Ableger und passt in Parklücken, an denen alle anderen vorbeifahren müssen. In den immer voller werdenden Großstädten mag es schlechtere Argument für ein Modell geben. (mfz)