Umweltministerin: Käufer von spritfressenden Autos sollen mehr zahlen

Vor allem der Verkehrsbereich muss liefern, damit Deutschland seine Klimaziele für das Jahr 2030 erreicht. Doch reichen die bisher beschlossenen Maßnahmen aus?

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Umweltministerin: Käufer von spritfressenden Autos sollen mehr zahlen

(Bild: heise online)

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  • dpa
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Für mehr Klimaschutz im Verkehr hat sich Umweltministerin Svenja Schulze für ein Bonus-Malus-System beim Kauf von Autos ausgesprochen. Dies würde schwere Fahrzeuge mit hohem Spritverbrauch teurer und Elektroautos günstiger machen. Die SPD-Politikerin sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ich glaube, dass es sehr gut wäre, wenn diejenigen, die die großen spritfressenden Autos kaufen, die einfach etwas mehr zahlen, einfach einen Aufschlag bekommen." Dieser könne dann bei kleinen, günstigeren Autos abgezogen werden. Dadurch könnten Elektroautos günstiger werden, damit sie mehr Menschen kaufen.

Schulze sagte, sie finde ein solches "Bonus-Malus-System" eine "sehr, sehr gute Idee". Dies sei auch Beschlusslage der SPD. "Solche Regelungen könnte man machen." Es gebe sicherlich noch Regelungsbedarf im Detail. "Aber das System ist machbar. Wir zahlen ja heute auch Prämien für diejenigen, die Elektrofahrzeuge kaufen."

Die schwarz-rote Koalition hatte sich im September in ihrem Klimaschutzprogramm auf eine Reform der Kfz-Steuer verständigt. Diese soll stärker an den CO2-Emissionen ausgerichtet werden und so einen weiteren Anreiz zum Kauf von E-Autos geben. Ein Gesetzentwurf aus dem Bundesfinanzministerium steht noch aus.

Damit Deutschland die Klimaziele für 2030 schafft, muss vor allem der Verkehrsbereich liefern. Viele Experten bezweifeln, dass die bisher beschlossenen Maßnahmen ausreichen, etwa eine stärkere staatliche Förderung beim Kauf von E-Autos. Die CO2-Emissionen im Verkehr sind auch wegen eines höheren Verkehrsaufkommens in den vergangenen Jahren kaum gesunken. Zudem gibt es seit Jahren einen Verkaufsboom bei SUVs, schweren Sportgeländewagen.

Seit Jahresanfang schreibt ein Klimaschutzgesetz den Einzelbereichen Verkehr, Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Gebäude, Industrie sowie Abfallwirtschaft und anderen feste CO2-Jahresbudgets vor. Minister müssen nachlegen, wenn ihr Bereich Ziele verfehlt. Es drohen zudem hohe Strafzahlungen an die EU, wenn verpflichtende Ziele gerissen werden.

Elektroautos haben bisher nicht den Durchbruch auf dem Massenmarkt geschafft. Die Hersteller wollen in den kommenden Monaten und Jahren zahlreiche E-Autos anbieten. Die Bundesregierung hält sieben bis zehn Millionen E-Autos in Deutschland bis 2030 für notwendig, um Klimaschutzziele zu erreichen. Die Politik hatte angekündigt, die Elektromobilität mit höheren Kaufprämien und einem zügigeren Aufbau der Ladeinfrastruktur voranbringen zu wollen.

Die Grünen und Umweltverbände begrüßten die Aussagen Schulzes. Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup sagte der dpa: "Um die verheerende Klimabilanz im Verkehr schnell zu bessern, führt kein Weg daran vorbei, schwere Spritfresser teurer und klimafreundliche E-Autos billiger zu machen. Die Niederlande und Dänemark haben den CO2-Ausstoß von Neuwagen auf diese Weise deutlich gesenkt." Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte: "Wenn wir die Kfz-Steuer so reformieren, dass sie umweltschädliche Autos teurer, umweltfreundliche Autos dagegen günstiger macht, wäre das fürs Klima und die Verkehrswende ein starker, schnell greifender und vor allem sozial gerechter Hebel."

Kritik dagegen kam von CSU, der FDP und dem ADAC. Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) sagte der dpa: "Dieses pauschale Urteil – 'große Autos sind böse, kleine Autos, aber bitte nur solche mit Elektromotor, sind gut' – bringt uns doch nicht ernsthaft weiter. Entscheidend ist, dass wir im gesamten Verkehrssektor Emissionen einsparen – mit den Fahrzeugen, die die Menschen auch kaufen, weil sie sie fahren wollen."

Der ADAC-Vizepräsident Verkehr, Gerhard Hillebrand, sagte der dpa: "Mit einem Bonus-Malus-System verbinden viele eine sehr starke Spreizung der Kfz-Steuer und hohe Belastungen für größere Fahrzeuge, wie sie auch Familien benötigen. Ich warne davor, angesichts der absehbaren CO2-Bepreisung den Bogen zu überspannen." Dies schließe eine CO2-orientierte Weiterentwicklung der Kfz-Steuer für Neufahrzeuge in gewissen Grenzen aber nicht aus. Der FDP-Klimapolitiker Lukas Köhler sprach von einem populistischen Vorschlag Schulzes.

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(tiw)