Arbeiten in Zeiten des Coronavirus – eine FAQ

Dienstreisen werden abgesagt, Kontaktpersonen sollen zu Hause bleiben. Firmen mit Homeoffice-Regelungen können nun von der Flexibilität profitieren.

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Homeoffice in Zeiten des Coronavirus – eine FAQ

(Bild: Prostock-studio/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Die Sorge vor einer Ausbreitung des Coronavirus, erreicht nun auch deutsche Arbeitsplätze. Am Freitag hatte beispielsweise die Wirtschaftsberatungsgesellschaft Ernst & Young 1500 Mitarbeiter an den Standorten Düsseldorf und Essen aufgefordert, von zu Hause zu arbeiten, weil bei einem Mitarbeiter eine Infektion mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) festgestellt worden war. Nach einer Grundreinigung der Büros konnten die Beschäftigten wieder in ihre Büros zurückkehren. Wie steht es um die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern?

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Können Arbeitnehmer zu Hause bleiben, um eine Ansteckung zu vermeiden?

Arbeitnehmer, die nicht erkrankt sind und nicht unter Quarantäne stehen, haben keinen gesetzlichen Anspruch in der derzeitigen Situation vom Arbeitsplatz fernzubleiben, sofern kein triftiger Grund wie eine bestätigte Infektion vorliegt. Gleichzeitig hat der Arbeitgeber auch eine Vorsorgepflicht für die Angestellten. Ein Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass das Verletzungs- und Erkrankungsrisiko am Arbeitsplatz gering ist.

Wie muss ein Arbeitgeber vorbeugen?

Hier kommt es sehr auf die Arbeitsumstände an. Ein Büroarbeitsplatz mit ausreichend gelüfteten Einzelbüros hat ein anderes Ansteckungsrisiko als eine medizinische Einrichtung, in der Arbeitnehmer häufig mit Erkrankten in Berührung kommen. Prinzipiell empfehlenswert erscheint es, persönliche Kontakte durch Technik zu ersetzen. Mehrere Konzerne wie BMW oder ProSiebenSat1 haben ihre aktuellen Pressekonferenzen kurzfristig ins Internet verlegt.

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"Unternehmen sollten im Eingangsbereich sowie an Waschbecken Desinfektionsspender installieren", rät Adél Holdampf-Wendel, Bereichsleiterin Arbeitsrecht und Arbeit 4.0 beim Branchenverband Bitkom. Gemeinschaftsräume, Klinken und Schalter sollten regelmäßig desinfiziert werden. Mitarbeiter sollten dazu angehalten werden, ihre Hände regelmäßig zu desinfizieren. "Das gilt auch für Smartphone und Computer-Tastatur", ergänzt Holdampf-Wendel. Auch sollten Mitarbeiter aufgefordert werden, ihr Ansteckungsrisiko im privaten Bereich zu minimieren. Wer die Wahl habe, solle besser mit dem Fahrrad als mit dem öffentlichen Personennahverkehr ins Büro fahren.

Können die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter zum Homeoffice verpflichten?

Auch das ist nicht ohne weiteres möglich – und oft auch nicht praktikabel. Vorteile haben IT-Firmen wie Microsoft, die schon seit Jahren Homeoffice-Regelungen etabliert haben. "Jedem bleibt es überlassen von zu Hause zu arbeiten – die Büros bleiben aber weiterhin offen", erläutert Firmensprecher Thomas Mickeleit im Gespräch mit heise online. Da der Konzern selbst Tools zur Remote-Arbeit anbietet, ist es hier vorgesehen, Besprechungen auch per Onlinekonferenz abzuhalten. Laut Mickeleit machen derzeit deutlich mehr Beschäftigte Gebrauch von der Heimarbeitsregelung – genaue Zahlen gibt es aber nicht.

Nach Zahlen des Bitkom haben inzwischen vier von zehn deutschen Unternehmen Regelungen für das Arbeiten im Homeoffice. Ob dies ausreicht, im Ernstfall Ausfälle aufzufangen, muss sich aber in der Praxis erweisen. Selbst für IT-Konzerne ist dies eine Herausforderung. Google will seine Zentrale in Dublin zunächst für einen Tag schließen, nachdem ein Mitarbeiter dort Grippe-Symptome gezeigt hatte. Das Unternehmen will dies auch als Testlauf nutzen, wie gut die Homeoffice-Prozesse in großem Maßstab funktionieren.

Wie steht es mit Dienstreisen?

Auch hier gilt: Arbeitnehmer können eine dienstliche Reise nicht einseitig aus bloßer Furcht verweigern, wenn kein objektiver Grund vorliegt. Ein solcher ist zum Beispiel gegeben, wenn eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt. In diesem Fall können Arbeitnehmer eine Reise in die entsprechenden Gebiete verweigern. Allerdings minimieren viele Arbeitgeber die Reisetätigkeit ohnehin auf ein Minimum. So fallen viele Digital-Events mit vielen Teilnehmern ohnehin aus: Vom Mobile World Congress über den Cyber Security Tech Summit hin zur Wikimedia Conference in Berlin wurden viele Branchenveranstaltungen von den Veranstaltern abgesagt.

Wer von einer Dienstreise zurückkehrt und keine Symptome hat, kann beim Wiedereintritt in den deutschen Betriebsablauf Probleme haben: So gibt etwa Volkswagen die vorsorgliche Empfehlung, nach Ankunft zunächst 14 Tage im Home Office zu arbeiten.

Muss ich arbeiten, wenn der Betrieb geschlossen ist?

Im Generellen haben Arbeitnehmer ein Recht darauf, dass ihnen ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird. Wenn ihr Büro geschlossen ist, können die Arbeitnehmer nicht einfach weiterarbeiten. Es lohnt aber ein Blick in die Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen: Wenn dort Homeoffice-Regelungen vorgesehen sind, kann sich auch der Arbeitgeber darauf berufen. Wichtig ist auch, ob der Gehaltsanspruch nach Paragraph 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches eingeschränkt oder ausgeschlossen ist.

Laut einem Bericht des Münchner Merkur hat der Automobilkonzern BMW 150 Mitarbeiter für 14 Tage ins Homeoffice geschickt, nachdem ein Mitarbeiter positiv auf das neue Virus getestet worden war. Die operative Arbeit soll dennoch ohne Einschränkungen weitergehen.

Wer bezahlt, wenn ich nicht zur Arbeit kommen kann?

Das hängt sehr von den Umständen ab. Fallen beispielsweise öffentliche Verkehrsmittel aus, fällt das in der Regel unter das Wegerisiko, das der Arbeitnehmer zu tragen hat. Verhängt ein Arbeitgeber hingegen Kurzarbeit, können betroffene Arbeitnehmer die Auszahlung von Kurzarbeitergeld beantragen.

Die Beschäftigten aber ohne Ausgleich in Zwangsurlaub zu schicken, ist hingegen nicht ohne weiteres möglich. "So, wie der Arbeitnehmer grundsätzlich zur Arbeit verpflichtet ist, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich beschäftigen", heißt es in einer Erklärung des DGB Rechtsschutzes. Wenn ein Betrieb also von Behörden geschlossen wird, entbindet dies nicht von der Gehaltsfortzahlung – auch das Überstundenkonto darf nicht belastet werden. Sind hingegen Arbeitnehmer in amtlicher Quarantäne, können sie Gehaltsfortzahlung nach dem Infektionsschutzgesetz beantragen. (olb)