Bundesrat: Post soll gegen Drogenhandel im Darknet helfen

Den Bundesrat beschäftigt ein Antrag, wonach Postdienstleister verdächtige Sendungen melden sollen. Auch Klarnamenpflicht und Algorithmen stehen auf der Agenda.

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(Bild: dpa, Boris Roessler)

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Angesichts des zunehmenden Drogenhandels im "sogenannten Darknet" will Hessen sicherstellen, dass Postdienstleister verdächtige Sendungen regelmäßig den Strafverfolgungsbehörden melden müssen. Das Land hat dazu einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht, der am Freitag erstmals im Plenum debattiert wird. Demnach soll das Postgesetz verschärft werden: Bedienstete in Brief- und Paketermittlungszentren müssten der Polizei dann beschädigte oder falsch adressierte Sendungen unverzüglich übermitteln, wenn "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" auf illegalen Handel mit Drogen, Waffen oder nicht zugelassenen Arzneimitteln bestehen.

Hessen nennt in dem Antrag nur "phänotypisch relevante Sachverhalte", die eine Vorlage der betreffenden Briefe oder Päckchen durch die Beschäftigten gebieten. Genaue Verdachtsmomente führt das Land nicht an. Für den Fall, dass Mitarbeiter diese Pflicht vorsätzlich oder fahrlässig missachten, soll ihrem Arbeitgeber ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro drohen.

Derzeit besteht keine grundsätzliche Auflage, verdächtige Sendungen zu überprüfen oder zu melden. Das Postgesetz ermöglicht es den Dienstleistern lediglich, Briefe und Pakete dann zu öffnen, wenn sie "unanbringlich" sind, also weder Empfänger noch Absender erkennbar ist. Stoßen sie dabei auf einen verdächtigen Inhalt, dürfen sie solche "Zufallsfunde" der Polizei vorlegen, wenn von ihm körperliche Gefahren für Personen oder Sachen ausgehen.

Dabei werden laut Hessen "vielfach Betäubungsmittel oder andere inkriminierte Stoffe gefunden". In den vergangenen Jahren habe dieser Handel deutlich zugenommen. Über das Vorhaben werden anschließend die Fachausschüsse beraten, bevor die Ministerpräsidenten einen Beschluss fassen.

Rheinland-Pfalz fordert parallel in einem ebenfalls am Freitag erstmals auf der Agenda stehenden Entschließungsantrag verstärkte Anstrengungen, um Algorithmen zu regulieren. Das Land wirbt dafür, die geplanten europäischen Leitlinien für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz (KI) so schnell wie möglich umzusetzen. Dabei sollten auch die Empfehlungen der Datenethik-Kommission berücksichtigt werden. Diese hatte risikoabhängige Vorschriften für algorithmische Systeme nach fünf Stufen mit zunehmenden Schädigungspotential vorgeschlagen.

Die Bundesregierung soll laut dem Ersuchen dafür sorgen, dass grundrechtssensible Algorithmen etwa im Bereich der biometrischen Gesichtserkennung besonders kontrolliert werden. Hier sollten Mechanismen greifen, die das Persönlichkeitsrecht der Bürger schützen. Denkbar wäre das Recht auf Kenntnis der involvierten Logik oder ein weitergehender Zugang zu Informationen über automatisierte Entscheidungssysteme. Ferner hält Rheinland-Pfalz ergänzende Maßnahmen für nötig, um die "digitale Souveränität" im Umgang mit Algorithmen zu stärken.

Abstimmen werden die Länderchefs in der kommenden Plenarsitzung über einen heftig umstrittenen Antrag für eine nur wenig verklausulierte Klarnamenpflicht unter dem Aufhänger, Hass und Hetze im Internet besser verfolgen zu können: Anbieter sozialer Netzwerke sollen demnach künftig verpflichtet werden, den Strafverfolgungsbehörden Auskunft über Urheber von Hasspostings zu geben. Die Ausschüsse für Recht, Kultur, Wirtschaft- und EU-Angelegenheiten empfehlen dem Plenum, die im Januar vorgestellte Entschließung unverändert zu fassen.

Auch der Innenausschuss begrüßt das Vorhaben der drei Länder ausdrücklich, will es aber noch deutlich erweitern. So sollen auch andere Sicherheitsbehörden und Geheimdienste Klarnamen abfragen dürfen, was gerade für die präventive Terrorismusbekämpfung nötig ist. Zugleich fordern die Innenpolitiker aber, dass ein Auskunftsersuchen nicht nur auf "Hasskriminalität" beschränkt sein dürfe, sondern auch der "sonstigen Kriminalitätsbekämpfung" zu dienen habe. Kritiker sehen dagegen die Anonymität und die Meinungsfreiheit im Netz ausgehebelt.

Update 11.03.2020: Präzisierung im ersten Absatz, dass es sich um "beschädigte oder falsch adressierte" Sendungen handelt. (vbr)