Vorstellung BMW 4er Coupé: Die Mutprobe

BMW traut sich was: Das neue 4er Coupé dürfte insbesondere mit seiner eigenwilligen Frontgestaltung polarisieren.

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BMW 4er Coupé

Die eigenwillige Riesenniere kann man mögen oder ablehnen. Fest steht, dass BMW sich hier etwas getraut hat.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Franz
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Auch der größte Kritiker kann BMW zumindest eines nicht absprechen: Mut bei der Formgebung. Die Zeit der eleganten Gestaltung ist endgültig vorbei, die Designer haben sich für eine klare Polarisierung entschieden. Die bringt naheliegenderweise mit sich, einen Teil der bisherigen Kundschaft vor den Kopf zu stoßen. Der Schubs aus München ist nach 1er, X6, 7er und 8er wieder einmal überaus heftig und wird für manche nur schwer verdaulich sein. Doch die Marke baut vor – mit klassischen Werten.

Der Legende nach hatte Alfa Romeo Mitte der 1990er-Jahre die wunderschöne Front des 156 fertig gezeichnet. Nachdem man den Stift aus der Hand gelegt hatte, fiel auf, dass kein Platz für das Kennzeichen geblieben war. Also rückte man es an die Seite und empfahl eine besonders kurze Version. BMW hatte offenbar ein ähnliches Problem, ging es aber anders an: Das Kennzeichen wird hier einfach mitten in eine Niere platziert, deren Größe manch einen hoffen lässt, sie möge nur eine Studie sein, mit der die Bayern austesten wollen, wie weit sie gehen können, bevor auch die treuesten Markenanhänger davonlaufen. Die Nieren-Verantwortlichen meinen das aber ziemlich ernst. Das wird fraglos seine Befürworter finden, aber auch auf Ablehnung stoßen. Neu ist, dass der Raum dazwischen gewissermaßen nicht mehr vorhanden ist.

Auch das Seitenprofil wirkt eigenwillig. Der 4er beginnt vergleichsweise zierlich, doch was man vorn an Blech weggelassen hat, wurde hinten überreichlich verteilt, vor allem um das Hinterrad. Der hintere Überhang ist überlang. Wir sind gespannt, wie das Auto mit der 17-Zoll-Serienbereifung wirkt, denn die ersten Pressebilder zeigen die 19-Zoll-Maximalbestückung ab Werk. Falls das nicht reichen sollte: Im Zubehörprogramm von BMW sind 20-Zoll-Felgen vorgesehen, Tuner werden sicher rasch auch noch größere Räder offerieren.

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(Bild: BMW)

BMW richtet das Coupé sportlicher aus als die Limousine (Test). Damit das mehr als eine Marketing-Sprechblase ist, wurde einiges verändert. Der 4er ist 57 mm flacher als der Dreier, sein Schwerpunkt liegt 21 mm tiefer. Die Vorderachse bekam mehr Sturz, die Hinterachse eine um 23 mm verbreiterte Spur. Zusätzliche Streben sollen den Aufbau noch steifer machen, eine kleine Welle auf der Kofferraumhaube den Auftrieb an der Hinterachse reduzieren. Nicht zu unterschätzen sind die im Coupé nun endlich serienmäßigen Sportsitze. Das alles könnte ausreichen, um den Zweitürer in fahrdynamischer Hinsicht tatsächlich von der Limousine etwas abzugrenzen.

All das ist serienmäßig, doch natürlich lässt sich ein großes Entgelt eine weitere Verschärfung vornehmen. Dazu werden die Fahrwerksoptionen „M Sportfahrwerk“ und „Adaptives M Fahrwerk“ gehören, mit denen sich das mindestens 1,6 Tonnen schwere Coupé noch etwas flotter um die Kurve wuchten lässt. Ein Hinterachsgetriebe mit vollvariabler, elektronischer Sperre ist in den stärksten Modellen 440i und 440d serienmäßig, in 430i und 430d zusammen mit einem der aufpreispflichtigen Fahrwerke zu haben.

Im Bereich Antrieb kann die Abgrenzung zur Limousine naheliegenderweise nicht gelingen, denn alle Motoren sind aus dem 3er bekannt. Die Zweiliter-Vierzylinder aus 318i und 318d wird es im Coupé zumindest vorerst nicht geben. Alle anderen Motoren werden unverändert übernommen und profitieren von der Mildhybridisierung, die den Verbrauch senken soll. Ein Schaltgetriebe ist nicht mehr im Programm. Im Überblick:

Leistung in kW (PS) Drehmoment in Nm
Benziner
420i 135 (184) 300
430i 190 (258) 400
M440i xDrive 275 (374) 500
Diesel
420d (auch als xDrive) 140 (190) 400
430d xDrive 210 (286) 650 Ab März 2021
M440d xDrive 250 (340) 700

Zur Serienausstattung gehören im Coupé eine Klimaautomatik mit drei Temperaturzonen, ein automatisch abblendender Innenspiegel, Wischerarme mit integrierten Waschdüsen, Licht und Regensensor. Die Erwähnung solcher Details macht klar, was ohnehin fast jeder wohl vermutet hat: BMW lässt dem Kunden die Möglichkeit, sein Auto ziemlich frei zusammenzustellen. Anders ausgedrückt: Das Füllhorn moderner Segnungen - insbesondere in den Bereichen Assistenz und Unterhaltungselektronik - ergießt sich nur dann, wenn der Käufer bereit ist, kräftig aufzuzahlen. Eine ziemliche gute Orientierung dürfte die Preisliste des 3ers bieten. Für das 4er Coupé gab es vorab noch keine Informationen. Das bisherige 420i Coupé kostete zuletzt ab Werk mindestens 41.250 Euro, mit einem kräftigen Zuschlag darf gerechnet werden.

Update: 2. Juni 18:20 Uhr

Inzwischen hat BMW auch verraten, was das 4er Coupé kosten soll. Für das Basismodell, den 420i, werden 45.800 Euro veranschlagt. Der M440i soll 66.900 Euro kosten.

(mfz)