Neue Corona-Warn-App steht zum freiwilligen Herunterladen bereit

Die Corona-Warn-App ist endlich da. Die Regierung baut darauf, dass viele sie nutzen werden – alles soll aber ausdrücklich freiwillig sein.

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Neue Corona-Warn-App startet zum freiwilligen Herunterladen

(Bild: Bundesregierung)

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Nach wochenlangen Vorbereitungen und mit dem dritten Konzept steht die offizielle deutsche Warn-App für den Kampf gegen das Coronavirus nun zum Download. Offizieller Anbieter ist das Robert Koch-Institut, dessen Präsident die Anwendung am Dienstagvormittag gemeinsam mit der der Bundesregierung in Berlin vorstellen will (10:30 Uhr). In den App-Stores von Google und Apple stand die Anwendung bereits in der Nacht zur Verfügung. Die Nutzung ist für alle Bürger freiwillig: Die App soll das Nachverfolgen von Infektionen erleichtern. Die Regierung wirbt jedoch für eine breite Nutzung und verspricht hohen Datenschutz. Forderungen nach einem Gesetz lehnte sie ab. Ärzte unterstützen die neue App.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Das ist ein sehr sinnvolles Instrument." Die App sorge auf einfache Weise dafür, Infektionsketten zu erkennen. "Sie ermöglicht aber auch, persönliche Vorsorge zu treffen – indem man sich bei einer entsprechenden Warn-Meldung testen lassen kann." Die App wirke natürlich nur dann, wenn man möglichst viele Menschen fürs Mitmachen gewinne. "Sie würde noch besser wirken, wenn man das System grenzüberschreitend in Europa gangbar machen könnte."

Die App soll am Vormittag von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), mehreren Ministern, dem Chef des Robert Koch-Instituts und Vertretern der Unternehmen SAP und Telekom vorgestellt werden. Letztere waren für die Entwicklung zuständig. Die Anwendung soll messen, ob sich Handynutzer über eine längere Zeit näher als etwa zwei Meter gekommen sind. Wird ein Nutzer später positiv getestet und teilt dies in der App mit, informiert diese alle anderen Anwender, die dem Infizierten im fraglichen Zeitraum nahe gekommen waren. Kontaktdaten werden nicht – wie zunächst vorgesehen – zentral gespeichert, sondern nur auf den Smartphones. Die Entwicklungskosten betragen rund 20 Millionen Euro.

Nutzer konnten die App bereits in der Nacht zum Dienstag auf ihr Smartphone herunterladen. Im App-Store von Google war sie bereits um kurz nach 2 Uhr morgens verfügbar, bei Apple dauerte es etwas länger. Nutzer klagten in sozialen Medien über Verzögerungen bei der Verfügbarkeit der App sowie über Probleme beim Herunterladen. Nach weniger als einer Stunde schienen die Startschwierigkeiten dann überwunden.

Die App ist in den Stores nicht immer leicht zu finden. Das Robert Koch-Institut ist Herausgeber – sucht man nach diesem, verkleinert sich die Auswahl eher auf die Corona-Warn-App und die Corona-Datenspende-App des RKI

(Bild: Google Play)

Die App soll bei Apple-Handys ab iOS 13.5 funktionieren. Android-Geräte sind theoretisch ab Android 5.0 (Lollipop) mit der für die App wichtigen Schnittstelle kompatibel, benötigen allerdings auch passende Bluetooth-Low-Energy-Hardware.

Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, nannte die App einen sinnvollen Baustein im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus. "Es ist absolut sinnvoll, die Chancen der Digitalisierung für den Kampf gegen Corona zu nutzen", sagte er der dpa. Die App könne aber auch keine Wunder vollbringen, und sie ersetze natürlich weder Abstands- noch Hygieneregeln. Eine längere Entwicklungszeit sei auch allemal besser als schlecht funktionierende Schnellschüsse, wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten. Baas äußerte sich zugleich kritisch zur Rolle von Apple und Google. "Das Gesundheitswesen darf nicht in eine Abhängigkeitsfalle der großen US-Konzerne geraten – gerade, wenn es um den Umgang mit und die Nutzung von Daten geht."

Kanzleramtsminister Helge Braun beschwor die Sicherheit des Programms. "Diese App ist so sicher, wie sie nur sein kann", sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenportal t-online.de. Der Quellcode sei offengelegt worden, ein höheres Maß an Transparenz könne man "kaum leisten". Braun bekräftigte das Versprechen der Bundesregierung, dass die Nutzung der App freiwillig bleibt: "Es gibt keinen Zwang, die App zu installieren. Ein Gesetz, das die Deutschen zum Download der Corona-App zwingt, schließe ich ausdrücklich aus. Wir werden beim freiwilligen Modell bleiben."

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Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach versicherte, die Nutzung sei aus Sicht des Datenschutzes unbedenklich: "Niemand wird kontrolliert", sagte er der Passauer Neuen Presse. "Es werden nur Zahlencodes ausgetauscht. Von diesen Zahlen aus kann niemand auf die Person schließen. Der gesamte Vorgang ist anonym." Er verspreche sich "keine Wunder davon, aber eine Menge im Kampf gegen das Virus."

Die Regierung hat aber auch Forderungen in die andere Richtung zurückgewiesen: Aus der Opposition war der Ruf laut geworden, Regelungen zur Freiwilligkeit und zum Datenschutz in einem eigenen Gesetz festzuschreiben. In der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sei alles Notwendige geregelt, argumentierte etwa Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Die Verbraucherzentralen pochen darauf, dass die App tatsächlich freiwillig bleibt. So dürfe es nicht sein, dass etwa Arbeitgeber, Restaurants oder Behörden eine Nutzung der App doch einmal als Zutrittsvoraussetzung definierten. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht setzt auf eine breite Nutzung der Corona-Warn-App. Sie sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Ich bin davon überzeugt, dass es einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber gibt, dass niemand benachteiligt werden darf, der die App – aus welchen Gründen auch immer – nicht nutzt."

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Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte, besonders Beschäftigte in Pflegeheimen, Krankenhäusern und Arztpraxen zum Mitmachen zu sensibilisieren. Justizministerin Lambrecht sagte den Funke-Zeitungen, aus ihrer Sicht sei die Warn-App für Kinder mit Smartphones genauso zu empfehlen wie für Erwachsene – das müsse aber jede Familie für sich selbst beurteilen. In der App selbst heißt es, sie richte sich an Personen im Alter von 16 Jahren und älter. Jüngere Nutzer dürften sie nur mit Zustimmung des/der Sorgeberechtigten installieren.

Der Deutsche Städtetag appellierte an die Nutzer der App, den Kontakt zum örtlichen Gesundheitsamt zu suchen, wenn die App ihnen eine Warnung anzeigt: "Damit können sie ein effizientes und zügiges Arbeiten der Gesundheitsämter unterstützen", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

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(mit Material der dpa) / (kbe)