Autonome Güterbeförderung kommt schneller als Robotaxis

Automatisierte Lkw werden schon lange Güter transportieren, bevor autonome Pkw alltäglich werden. Experten sehen einfachere Probleme und betuchtere Kunden.

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Ein Mann sitzt lesend in Führerhaus eines schnell fahrenden LKW

(Bild: Daimler)

Lesezeit: 7 Min.
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Automatisierte Fahrzeuge sicher auf öffentlichen Straßen einzusetzen werde "eine viel komplexere Reise sein als wir das vor 15 Jahren erwartet haben", gesteht Orin Hoffman vom Wagniskapitalgeber The Engine ein, "Andererseits: Vielleicht möchte die Gesellschaft YouTube-Videos schauen beim Autofahren und die Konsequenzen akzeptieren." Die Coronavirus-Pandemie gäbe der Branche jedenfalls einen Schub.

Dieser Schub geht in Richtung Güterbeförderung. Immer mehr Menschen lassen liefern, anstatt einkaufen oder essen zu gehen. Zudem ist die Aufgabe, Güter automatisiert zu befördern, einfacher und auch einfacher zu finanzieren als automatisierte Menschentransporte. Denn für Gütertransport gibt es große, finanzkräftige Kunden. Darüber waren sich die Branchenexperten vergangenen Monat auf dem Automated Vehicles Symposium einig.

"Güterbeförderung könnte der einfachere Weg zu Kommerzialisierung (selbstfahrender Kfz) sein als Passagierbeförderung", sagte Bala Ganesh, Chef der Advanced Technology Group des internationalen Logistikers UPS. Erstens gäbe es mehr Einschränkungen, wo Güter befördert werden, zweitens seien die Fahrten in aller Regel vorausgeplant, und drittens werde vorrangig auf Autobahnen gefahren. Dort liefen weder Kinder noch Hunde plötzlich auf die Fahrbahn. Entsprechend seien die Probleme geringer als beim Transport von Personen.

"Da stimme ich völlig zu", pflichtete Shawn Kerrigan, Mitgründer von Plus.ai ein. Das ist eine kalifornische Firma zur Entwicklung selbstfahrender Lkw. "Es ist immer noch eine Herausforderung, aber (einfacher als ein Robotaxi). Es gibt einen überzeugenden Businesscase, und sehr überzeugende Sicherheitsargumente."

Hinzu kommen die hohen Anschaffungskosten autonomer Fahrzeuge. Konzerne, die dann mit jedem Einsatz Geld sparen, können da unter Umständen einen Businesscase berechnen – nicht zuletzt, weil in Nordamerika Mangel an LKW-Fahrern herrscht. Für die meisten Privatkunden wäre ein autonomes Auto hingegen reiner Luxus. Und den können sich nur wenige leisten.

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Maven

Amazon hat beim Startup Rivian bereits 100.000 Lieferwägen bestellt. Diese Fahrzeuge werden nicht nur elektrisch sein, sondern auch darauf vorbereitet, eines Tages mit Software für automatischen Betrieb aufgerüstet zu werden. Der weltgrößte Einzelhändler Walmart konzentriert sich unterdessen darauf, Waren automatisiert von großen Warenlagern in seine Filialen zu bringen.

Das US-Unternehmen Nuro sucht einen Mittelweg zwischen großen Lastern und kleinen Robotern, die im Silicon Valley bereits auf vielen Gehsteigen unterwegs sind. Nuro hat ein Lieferfahrzeug für die letzte Meile entwickelt, das zwar auf der Fahrbahn fährt, aber nur mit maximal 40 km/h. Außerdem ist es schmal, leicht, "und dazu entworfen, die Dinge außerhalb des Fahrzeugs sicherer zu halten als Sachen im Inneren", wie Nuros führende Produktmanagerin Emily Weslosky ausführte.

Nuro R2

(Bild: Nuro)

Diese Fahrzeuge sind bereits rund um Nuros Unternehmenssitz im Silicon Valley sowie in Houston und Phoenix im Einsatz. Laut Weslosky dient jede fünfte Autofahrt in den USA dem Einkauf. "Wir möchten diese Leute von der Straße holen und ihnen ihre Zeit zurückgeben."

Geht Nuros Plan auf, könnte die Verkehrsmenge dennoch stark zunehmen: "Wir stellen uns vor, dass wir Ihnen in der Früh frisch gebrühten Kaffee zustellen, (zum Mittag) Ihr Mittagessen, Ihre Pakete in der Nacht, und Ihr Eis, wenn sie mit Ihren Kindern im Park spielen." Die Coronavirus-Pandemie kommt Nuro gelegen, da sie bestimmte Trends beschleunige: "Eine von Nuros Wetten ist, dass die Leute sich mehr liefern lassen werden."