Kommentar zum Apple-Event: Alles unter Kontrolle

Die zweite Keynote des iPhone-Konzerns ohne Publikum ist vorbei. So perfekt aalglatt inszeniert war die noch nie. Nachfragen zu Produkten? Höchstens virtuell.

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Kommentar zum Apple-Event: Alles unter Kontrolle

Tim Cook beim Apple-Event: Wie ein Alien durch den Apple Park.

(Bild: Screenshot)

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Man würde Apple unrecht tun, wenn man behaupten würde, die Veranstaltungen des iPhone-Herstellers seien nicht genauestens durchgeplant. Von der gründlichen Einlasskontrolle über die adäquate Platzierung besonders wichtiger Berichterstatter bis hin zu den wochenlang eingeübten Bühnenpräsentationen – was eine richtige Apple-Keynote ist, läuft wie ein Uhrwerk.

Kein Vergleich auch zum Auftreten anderer Unternehmen selbst aus der näheren Silicon-Valley-Nachbarschaft. Google oder Microsoft? Pah, Amateure, denkt man sich in Cupertino. Samsung? Ein Witz! Der Steve-Jobs-Nachfolger Tim Cook macht dabei seine Sache hervorragend – und wo es nicht so passt, holt er sich eben eine zunehmend diverse Riege an Mitmanagern auf die Bühne. Ziel ist stets, Apple im besten Licht dastehen zu lassen – und das passt schon.

Dennoch wohnte den Keynotes stets eine Form von Spontaneität inne. Der lustige Versprecher, der todesmutige Hopser mit dem iBook, die Probleme eines Steve Jobs, seinen Mac, sein iPhone oder wahlweise was auch immer adäquat in Gang zu bringen – all das gehörte zu so einer Veranstaltung und man sprach darüber gegebenenfalls noch viele Jahre. Und nach jedem Apple-Event gab es immer auch einen Hands-on-Bereich, in dem die Journalisten sich die frische Hardware gleich ansehen konnten, um Apples potenziell großspurigen Ankündigungen gerne auch mal live kaltes Wasser übers Haupt zu kippen.

All das ist passé – und die Befürchtung liegt nahe, dass es auch so bleibt. Die Keynote am Dienstag mit iPad Air 4, iPad 8, Apple Watch Series 6 und Apple Watch SE war die zweite komplett publikumsfreie Veranstaltung des Konzerns nach der WWDC 2020 im Sommer. Schon die war ein aalglattes Event.

Komplett durchproduziert mit vielen Schnitten, Effekten und "Reisen" durchs Apple-Park-Gelände, das dadurch wirkt wie ein Gadget-Labor von einem fernen Planeten, hatte all das etwas Kühles, Kaltes. Dies hat sich am Dienstag nochmals verstärkt. Eine knappe Stunde – die wohl kürzeste Keynote der jüngeren Geschichte – brannte Apple ein durchgetaktetes Neuigkeitenfeuerwerk ab.

Es bleibt zwischen den einzelnen Ankündigungen mangels Publikum nicht mal mehr Zeit für Applaus, zum Atemholen, für Lacher oder (potenzielle) Buh-Rufe. Ein Programmpunkt wird nach dem anderen abgespult, alles wirkt kontrolliert. Und Tim Cook wandert wie ein Alien durch den – natürlich auch Corona-bedingt – komplett leeren Apple Park, das Mutterschiff.

Problematischer bei dieser Kontrollmanie ist aber, dass Apple sich nach außen noch mehr abschottet. Presserückfragen sind nur virtuell möglich, Hands-On-Bereiche gibt es nicht mehr. Ausgewählte Redaktionen werden hoffentlich vorabbemustert, das war's. Es scheint so, als habe Apple mit der Keynote der neuen Art eine Form gefunden, die das bei dem Konzern sowieso schon legendäre "Kontrollieren der Message" auf die Spitze treibt.

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Mal sehen, ob der Spuk nach Corona ein Ende hat. Apple hat sich schließlich mit dem Steve-Jobs-Theater – auch das sicher, um mehr Kontrolle über seine Events zu haben – ein eigenes Veranstaltungszentrum direkt auf den Campus bauen lassen. Mit 1000 Plätzen für echte, lebende Menschen.

(bsc)