Terrorbekämpfung: Geheimdienstliche IMSI-Catcher-Einsätze so hoch wie nie

Die Geheimdienste des Bundes haben 2018 mehr Auskunftsverlangen zur Terrorabwehr gestellt als im Vorjahr. Einen Rekord gab es bei der Ortung von Handys.

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Terrorbekämpfung: Geheimdienstliche IMSI-Catcher-Einsätze so hoch wie nie

(Bild: ImageFlow/Shutterstock.com)

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2018 haben das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Bundesnachrichtendienst (BND) und der Militärische Abschirmdienst (MAD) mehr personenbezogene Daten bei Firmen nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz abgefragt als 2017. Dies geht aus dem jetzt veröffentlichten einschlägigen Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags (PKGr) hervor. In 32 Fällen setzten die Sicherheitsbehörden zudem IMSI-Catcher ein, was einem Allzeithoch entspricht.

2017 hatten die Geheimdienste 31 mal auf dieses Instrument zurückgegriffen, 2016 erst 18 mal, um den Standort eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes oder der Geräte- und Kartennummer zu ermitteln und gegebenenfalls zu Kommunikation überwachen. Das BfV brachten den IMSI-Catcher im aktuellen Berichtszeitraum nun in 28 Fällen in Stellung, der MAD in 3, der BND in einem Vorgang. Betroffen von den Aktivitäten waren insgesamt 45 Personen.

Ohne das Werkzeug wäre eine effektive Überwachung der Telekommunikation eines Verdächtigen häufig nicht möglich, heißt es dazu laut dem Bericht von Seiten der Dienste zur Begründung. Es müsse die Rufnummer oder eine andere Kennung des von ihm benutzten Telekommunikationsanschlusses oder des Endgerätes bekannt sein. Benutze ein Gefährder etwa ein gestohlenes Mobiltelefon, so könne durch Observation zwar festgestellt werden, dass er telefoniert, aber nicht unter welcher Nummer.

Ferner verlangten die Geheimdienste 2018 insgesamt 78 mal Auskunft insbesondere von Telekommunikations- und Telediensteanbietern sowie von Finanzdienstleistern und in geringerem Maße von Luftfahrtunternehmen. 2017 hatten sie in 74 Fällen Daten abgefragt. Von den Ersuchen waren 153 Personen betroffen. Schwerpunkt der Verfahren war erneut der Bereich Islamismus, nachrangig der Geheimdienstsektor etwa in Form der Spionageabwehr. Gegenüber 2017 steigerte sich die Zahl der Maßnahmen insgesamt von 105 auf 110. Sie lag damit etwas unter dem bisherigen Höchststand 2016 mit 114 einschlägigen Aktivitäten.

Zudem führten laut dem Bericht 2018 sechs der 16 Bundesländer Auskunftsersuchen durch. Für den Großteil der insgesamt 18 Maßnahmen zeichnet Bayern mit 12 Fällen verantwortlich, gefolgt von je fünf Vorgängen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie vier in Baden-Württemberg. Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen meldeten jeweils eine Datenabfrage ans PKGr.

Gesetzlich sind die Behörden eigentlich prinzipiell verpflichtet, die Betroffenen im Nachgang über erfolgte Ausforschungen aufzuklären. 218 Personen informierten die Behörden 2018 in diesem Sinne. Bei 54 konnten sie dies "aus faktischen Gründen" nicht mehr tun, etwa weil der Betroffene verstorben, der Aufenthaltsort nicht bekannt war oder der Anschlussinhaber eine "Fiktivpersonalie ist" beziehungsweise nicht vollständig identifiziert werden konnte. Bei 465 Personen sahen die Zuständigen von einer Mitteilung "vorerst oder weiterhin ab". Zu 18 Personen lautete der Beschluss, von einer Mitteilung endgültig abzusehen.

Geht es nach Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), sollen künftig die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zunächst auf Zeit eingeführten Anti-Terror-Befugnisse permanent gelten: Die bisher befristeten Regeln des Bundesverfassungsschutzgesetzes, die entsprechend auch für den BND und MAD gelten, "werden entfristet", heißt es im Referentenentwurf des Innenressorts zur Reform des Verfassungsschutzrechts.

(bme)