Diesel-Skandal: Verbraucherschützer geht Volkswagen hart an

Als arrogant und ignorant bezeichnet der vzbv-Chef Volkswagens Verhalten im Diesel-Skandal. Auch der Bundesverkehrsminister kommt nicht gut weg.

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Diesel-Skandal: Verbraucherschützer geht Volkswagen hart an

Klaus Müller am Oberlandesgericht Braunschweig.

(Bild: Yasmina Aust Photography / vzbv)

Lesezeit: 3 Min.

"Arrogant, ignorant, verantwortungslos", mit diesen Wörtern fasst Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Volkswagens Verhalten gegenüber den geschädigten Kunden im Diesel-Skandal zusammen. Das VW-Management habe in den Verhandlungen mit dem vzbv keinerlei Reue gezeigt. Management und Technikebene beschuldigten sich bis heute gegenseitig, der Aufsichtsrat blieb zu lange untätig und VW habe in den Vergleichsverhandlungen lange weiter getrickst.

Dabei spricht Müller in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung auf die Ereignisse Mitte Februar dieses Jahres an, als es fast schon eine Einigung zwischen den Verbraucherschützern und Volkswagen auf eine Vergleichssumme von 830 Millionen Euro gegeben habe. VW ließ aber den Vergleich scheitern, weil angeblich die Prozessanwälte des vzbv auf eine Pauschalzahlung in Höhe von 50 Millionen Euro bestanden hätten.

Müller nennt den Grund "fadenscheinig", es sei nicht um die Honorarforderungen gegangen, sondern um die Gesamtkosten der Abwicklung des Vergleichs und die Verteilung der Entschädigung an die Verbraucher. "Dieses Geld wäre zum allergrößten Teil nicht bei den Anwälten geblieben – das wusste VW", sagte Müller. Nur weil der Gerichtspräsident in Braunschweig hartnäckig geblieben sei, habe es noch eine Einigung gegeben. Diese wurde schließlich Ende Februar erzielt.

Nicht nur Volkswagen steht im Diesel-Skandal im Blick der Verbraucherschützer, auch Daimler könne mit einer Klage rechnen. Bisher reichten die Ressourcen des vzbv dafür offenbar aber nicht aus. Es könne "eine Klage nach der nächsten" geben.

Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bekommt Müllers Fett weg, dieser habe sich in dem Diesel-Skandal klar auf die Seite der Autoindustrie gestellt. "Das hat nicht nur eine wirksame und schnelle Hardware-Nachrüstung verhindert, sondern auch nötige politische Reformen", sagte Müller. Die Mängel der Marktüberwachung hierzulande seien deutlich geworden dadurch, dass nicht das Kraftfahrt-Bundesamt, sondern US-Behörden den Skandal aufgedeckt hätten. "Das KBA braucht ein klares gesetzliches Mandat, sich auch um den Verbraucherschutz zu kümmern", fordert Müller. "Unter diesem Verkehrsminister wird das aber wohl nicht mehr passieren."

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Mit seiner Klage gegen Volkswagen war der vzbv der erste, der in Deutschland eine Sammelklage angestrengt hat. Die Musterfeststellungsklage sei zu Müller Bedauern in der heutigen Form noch kein scharfes Schwert. Auf Augenhöhe begegneten sich Konzerne und Verbraucher noch immer nicht, meint Müller. Niemand könne mit der Klage zu einer Entschädigung gezwungen werden. "Wir können nur eine Blaupause schaffen, die es Verbrauchern erleichtert, selbst zu klagen. Dieser Weg ist sehr kompliziert und muss einfacher werden." Hier richtet Müller seine Hoffnung auf die EU, die eine Reform der Sammelklagen auf den Weg gebracht hat.

Chronologie des Abgas-Skandals (78 Bilder)

Mitte September 2015:  Die US-Umweltschutzbehörde EPA beschuldigt den Volkswagen-Konzern, Diesel-PKWs der Baujahre 2009 bis 2015 mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Prüfungen auf US-amerikanische Umweltbestimmungen austrickst. Zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen ist auch das California Air Resources Board (CARB) gekommen. Beide Behörden schicken Beschwerden an VW. (Im Bild: Zentrale der EPA in Washington D.C.)
(Bild: EPA
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An die Parteien appelliert Müller, mehr auf die Alltagssorgen der Menschen zu schauen. Die AfD habe das Diesel-Thema in den sozialen Netzwerken besetzt. "Das halte ich für gefährlich und ein großes Manko", meinte Müller.

(anw)