Vernetzte Register: Bundesrat sieht Nutzbarkeit der Steuer-ID gefährdet

Die Länder haben verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Plan der Bundesregierung, die Steuer-ID als übergreifendes Personenkennzeichen zu verwenden.

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(Bild: HQuality/Shutterstock.com)

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Auch der Bundesrat kritisiert die Initiative der Bundesregierung, die an sich bereits umstrittene Steuer-Identifikationsnummer künftig als übergreifende Bürgerkennziffer für die Registermodernisierung einzusetzen. Mit dem Vorhaben sieht die Länderkammer die Nutzbarkeit der Steuer-ID insgesamt gefährdet, "verbunden mit erheblichen negativen Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren".

In einer am Freitag beschlossenen Stellungnahme betont der Bundesrat, dass der Einsatz der Steuer-ID "innerhalb der Finanzverwaltung aufgrund der bisherigen bereichs- und nutzungsspezifischen Ausgestaltung und damit Beschränkung mit dem Grundgesetz vereinbar ist". Mit der vorgesehenen "Erweiterung des Nutzungszwecks" auf rund 50 Datenbanken inklusive der Fahrzeug- und Melderegister könnte die Zulässigkeit des Einsatzes aber "aufgrund der weiten Geltung gefährdet sein"

Sollte der Entwurf für ein Identifikationsnummerngesetz (IDNrG) in Kraft treten, besteht laut der Länderkammer die Gefahr, "dass aus dem bisher zulässigen bereichsspezifischen Datum ein verfassungsrechtlich unzulässiges allgemeines Datum wird". Diese etwa auch vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken "sollten im Hinblick auf Missbrauchsrisiken und Gefahren von Datenlecks bei der Verwendung sektorübergreifender Personenkennzeichen geprüft und gegebenenfalls durch geeignete Mittel behoben werden".

Die Länderchefs folgten so einer Empfehlung ihrer Finanzexperten. Der Wirtschaftsausschuss hatte dagegen dafür plädiert, den Einsatz der Steuer-ID als zentrale Bürgernummer für geeignet zu erklären.

Der Bundesrat weist zudem darauf hin, dass der Bund mit dem Gesetzentwurf den Ländern einerseits detaillierte Vorgaben macht, die bei ihnen einen immens hohen einmaligen Erfüllungsaufwand von fast 900 Millionen Euro nur "für die erstmalige Implementierung" hervorriefen. Ob dieser Betrag letztlich die anfallenden Kosten vollständig abbilde, erscheine fraglich und bleibe abzuwarten. Ferner seien weitere dauerhafte Ausgaben nötig.

Der Bund profitiere aber in erheblichem Umfang von der Registervernetzung, heißt es in der Eingabe: "Die Umsetzung seiner Digitalisierungsvorhaben wird ihm massiv erleichtert." Als Ausgleich fordert die Länderkammer daher 879,9 Millionen Euro aus der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sollte ferner der bei den Kommunen entstehende Mehraufwand berücksichtigt und "auskömmlich" gedeckt werden.

Die Länder monieren auch, dass nur die Identifikation von natürlichen Personen geregelt werden soll. Personengesellschaften, juristische Personen und sonstige Organisationen blieben außen vor. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) zur Verwaltungsdigitalisierung und EU-Vorschriften erforderten aber auch für diese "schnellstmöglich klare Rahmenbedingungen für den Datenverkehr".

Entsprechende Besonderheiten des Fachrechts müssten bei der Harmonisierung der Datenbestände in den angeschlossenen Registern ebenfalls berücksichtigt werden, gibt der Bundesrat dem Gesetzgeber mit auf den Weg. Die skizzierte bedingungslose Ersetzung der Registerdaten durch die Daten des Bundeszentralamts für Steuern könnte den Bestand der Register "in Teilen unbrauchbar machen".

Die Befugnis, Validitätswerte von Daten im Melderegister zu erheben und zu übermitteln, sei zu streichen, verlangt die Kammer. Dies sei für ein registerübergreifendes Identitätsmanagement im Sinne des OZG nicht erforderlich. Informationen über eine Auskunftssperre dürften nur nach Maßgabe der Schutzvorschriften des Bundesmeldegesetzes preisgegeben werden. Um Datenaustauschstandards festzulegen, müsse neben dem Bundesfinanzministerium auch das Justizressort beteiligt werden.

Bei geplanten Rechtsverordnungen, mit denen die Bundesregierung etwa technische Details festlegen können soll, drängen die Länder auf mehr Mitspracherechte. Der pauschale Ausschluss abweichenden Landesrechts im gesamten Anwendungsbereich des IDNrG sei zu weitgehend. Durch einfaches Bundesrecht könne die Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht ausgehebelt werden. Dieses Vorhaben sei klar als verfassungswidrig einzustufen. Betroffen seien vor allem das aufgeführte Liegenschaftskataster sowie Bestimmungen in den Vermessungs- und Katastergesetzen, für die der Bund keine Kompetenz habe.

Zuvor hatte unter anderem die Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern die Bundesregierung davor gewarnt, die Register über die Steuer-ID virtuell zu verknüpfen. "Sektorspezifische" Personenkennziffern, wie sie Österreich eingeführt habe, seien das mildere Mittel. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber bezeichnete das Vorhaben der Exekutive in dieser Woche als Vabanque-Spiel, das die Verwaltungsdigitalisierung gefährde.

(mho)