SPD-Kulturpolitiker: Urheberrechtsreform ohne Upload-Filter kaum machbar

Der SPD-Abgeordnete Martin Rabanus hat eingeräumt, dass die Urheberrechtsrichtlinie "ohne technische Hilfsmittel kaum umzusetzen" sei. Weniger Hysterie tue Not.

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(Bild: Blackboard/Shutterstock.com)

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Experten mehrerer Bundestagsfraktionen haben am Montag einen ersten Ausblick auf die anstehende parlamentarische Diskussion über die umstrittene Urheberrechtsnovelle gegeben. Prinzipiell waren sich dabei alle mit Martin Rabanus, Sprecher für Kultur und Medien der SPD, einig. Ihm zufolge muss die Politik kluges Zusammenspiel der unterschiedlichen Instrumente wie erweiterter Lizenzmodelle, intelligenter Schrankenbestimmungen und "Pre-Flagging" zum Erhalt der Nutzerrechte finden.

"Wir wollen natürlich kein übertriebenes Zensurinstrument", versicherte Rabanus auf einer Online-Konferenz der Initiative Urheberrecht, die den Verwertungsgesellschaften nahesteht. Die Meinungsfreiheit im Internet solle nicht Schaden nehmen, Künstler müssten aber auch monetär zu ihrem Recht kommen. Über die Details finde momentan entlang des Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie ein "sportlicher Abstimmungsprozess zwischen den beteiligten Ressorts" statt.

Zugleich erinnerte Rabanus daran, dass Schwarz-Rot schon im Koalitionsvertrag vereinbart habe, Upload-Filter auszuschließen und zugleich die Position der Rechteinhaber und Kreativen zu stärken. Die Auseinandersetzungen seien dann auch im Parlament in der Schlussphase der Verhandlungen über die EU-Vorgaben "wahnsinnig aufgeheizt" geführt worden. Um die Richtlinie überhaupt "über die Klippe" zu bringen, sei daher die Protokollerklärung der Bundesregierung wichtig gewesen. Diese hält fest, dass Upload-Filter "nach Möglichkeit" verhindert und "weitgehend unnötig" gemacht werden sollen.

"Die Angst, dass das Zensurmonster möglichst viel wegzensiert, ist Quatsch", meint Rabanus anderthalb Jahre später. Die Erklärung sei in einer "hysterischen Situation" entstanden. Derzeit verlaufe die Debatte sachorientierter, es bestehe aber die Gefahr, in die Schützengräben zurückzufallen. Für den Politologen steht jedenfalls fest, dass die Richtlinie ohne die als Upload-Filter bezeichneten "technischen Hilfsmittel kaum umzusetzen" sei. Der 48-Jährige ergänzte: "Natürlich geht es nur so in der digitalen Welt." Diesem Instrumentarium dürfe aber "nicht die letzte Entscheidung überlassen" werden.

Die Protokollnotiz sei "in einem multiplen Druckumfeld" inklusive großer Demonstrationen entstanden, ging Ansgar Heveling von der CDU/CSU-Fraktion mit seinem Koalitionskollegen konform. Dafür sei sie noch vergleichsweise ausgewogen ausgefallen. Aktuell sei die entscheidende Frage, ob die vom Justizministerium ins Spiel gebrachte Kaskade an Werkzeugen richtig austariert sei. Diese beginne zu Recht mit der Frage der Lizenzierung und ende bei neuen Ausnahmen vom exklusiven Verwertungsrecht.

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Auch das Ziel der vorgeschlagenen "Bagatellschranke", mit der Inhalte-Schnipsel wie Meme in sozialen Medien lizenzfrei und vergütungspflichtig werden sollen, hält der Rechtspolitiker für richtig. Die angesetzten Mengen von Auszügen aus geschützten Werken könnten aber zu groß sein: "1000 Zeichen je Text sind schon recht viel." Dies sei alles andere als eine "Bagatellfrage". Vor allem das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium lehnt die Pauschalausnahme ab, obwohl die Christdemokraten voriges Jahr genau für diesen Ansatz plädiert hatten.

Das Justizressort sei bemüht, die erforderliche "Quadratur des Kreises" hinzubekommen, erkannte die Netzexpertin der Grünen, Tabea Rößner, an. In ihrer Erklärung habe die Regierung "berechtigte Bedenken" wiedergegeben. Das Wirtschaftsministerium dürfe hier nicht auf der Bremse stehen. Andererseits müsse die Politik die großen Plattformen in die Regulierung einbeziehen, "die mit der Nutzung fremder Inhalte richtig viel Geld machen". Zudem stehe die Arbeit des Gesetzgebers unter dem Damoklesschwert, dass der Europäische Gerichtshof auf Klage von Polen hin Artikel 17 zu Upload-Filtern kassieren könnte. Das Urteil werde aber erst nach der Umsetzungsfrist erwartet, die im Juni ende.

Der Berliner Rechtswissenschaftler Axel Metzger bezeichnete die Bagatellschranke als Chance, um die verschiedenen Interessensgruppen zu befrieden und einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Derzeit habe das Urheberrecht Akzeptanzprobleme etwa "bei der Generation der YouTube-Nutzer", wofür am Ende die Kreativen den Preis zahlten. Der vorgeschlagene Mechanismus, der an die bestehenden Regeln für die Privatkopie erinnere, sei gut mit den sozialen Medien kompatibel. Dass er nicht in der Richtlinie vorgezeichnet sei, müsse kein Hindernis darstellen.

Den geplanten Direktvergütungsanspruch der Urheber, womit Geld aus Vertragsabschlüssen mit Plattformen nicht allein bei den Rechtsinhabern bleiben soll, kann der Professor für Immaterialgüterrecht ebenfalls gut nachvollziehen. Sonst könnten sich die Verwerter auf den Standpunkt stellen, dass die Kreativen schon entlohnt worden seien. Mit dem Pre-Flagging würden zudem die Nutzerrechte gestärkt, auch wenn die Übernahme der "Rolle eines Schlichters" für kleinere Diensteanbieter kompliziert werden dürfte.

Mit dem vorgesehen Paragrafen zur "Sperrung nicht erlaubter Nutzung" wird Metzger zufolge grundsätzlich das bestehende Notice-and-Takedown-Verfahren präzisiert. Neu sei, dass der Rechtsinhaber dafür die benötigten Informationen liefern müsse. Auch der Jurist ließ aber keinen Zweifel daran: "Es wird am Ende nur über Upload-Filter gehen", auch wenn das Wort nicht im Entwurf stehe. Plattformen wie YouTube filterten auch schon heute, sodass derlei Aktivitäten künftig zumindest in einem "kodifizierten Rahmen" stattfänden und sich womöglich "nicht alle Schreckgespenste realisieren".

(olb)