Batterieelektrische Gebrauchtwagen: Der verzerrte Markt

Obwohl batterieelektrische Neuwagen viel mehr können und dank Subventionierung günstig sind wie nie, sind kaum günstige Gebraucht-BEV zu finden. Eine Analyse.

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Auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt nicht günstig: BMW i3.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
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Der aktuelle Star unter den Elektroautos ist der Hyundai Ioniq 5. Für den Einstiegspreis von 41.900 Euro gibt es eine Batterie mit einem Energieinhalt von 58 kWh und eine umfangreiche Serienausstattung. Der Ioniq 5 lädt außerdem in 18 Minuten von zehn auf 80 Prozent. Und dank der sogenannten Innovationsprämie können vom Listenpreis noch 9570 Euro abgezogen werden. Macht 32.230 Euro für ein familientaugliches Elektroauto. Die Konkurrenz sieht alt aus. Noch viel älter aber wirken im Vergleich jene batterieelektrischen Gebrauchtwagen, die gestern noch hip waren.

Wer in den üblichen Portalen nach Second Hand-Elektroautos sucht, reibt sich trotzdem verwundert die Augen: Die Preise erscheinen oft zu hoch. Angesichts des technischen Fortschritts – besonders bei der Batteriekapazität und der Ladegeschwindigkeit – und sinkender sowie subventionierter Neuwagenpreise müssten eigentlich reihenweise Schnäppchen zu finden sein. Das aber ist nicht oder nur selten der Fall.

Was ist hier los? Matthias von Alten, Vice President beim Beratungsunternehmen Publicis Sapient, erklärt die Lage: "Der Markt ist jung und klein, und die Preise sind tatsächlich zu hoch. Derzeit treffen mehrere Effekte aufeinander, die zu einem Preisverfall führen müssten." Batterieelektrische Gebrauchtwagen hätten geringere Reichweiten, die durch die langsam sichtbare Degradation weiter sinken würden. Die früheren Neupreise waren relativ hoch, sagt von Alten, und die massiven staatlichen Subventionen senken heute nicht nur die Kosten für Neuwagen, sondern müssten auch auf die Preise für Gebrauchte drücken.

Für die Autoindustrie ist diese Situation kurzfristig günstig. Das wirkt paradox und hat seine Ursache in den CO2-Flottengrenzwerten der Europäischen Union sowie in unterschiedlicher Profitabilität: "Die Margen auf Elektrofahrzeuge sind weiterhin geringer als jene bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Um deren CO2-Emissionen auszugleichen, brauchen die Hersteller wiederum die mehrfach mit null Gramm anrechenbaren Elektroautos." Dieser Ausgleichswert bei den CO2-Flottengrenzwerten ist für die Autoindustrie ein so großer finanzieller Vorteil, dass sich auch die niedrigen Profite bezahlt machen. Zur Erinnerung: Jedes Gramm Kohlendioxid über dem Limit kostet pro Pkw 95 Euro.

Ein Großteil der Elektroautos wurde und wird geleast. Nach Ablauf dieses Zeitraums gehen diese Fahrzeuge zu den Händlern. Meistens, aber keineswegs immer, liegt das Restwertrisiko bei den großen Banken der Hersteller. Und die weigern sich bisher, die Preise erheblich zu senken. Dort, wo die Händler das Risiko tragen, verschärft sich der ohnehin vorhandene Konflikt mit den Automarken. In einigen Fällen sollen Ausgleichssummen für gebrauchte Elektroautos gezahlt worden sein, damit die Händler nicht die Verträge kündigen.

Batterieelektrische Gebrauchtwagen (4 Bilder)

Der E-Golf steht beispielhaft für die eingeschränkte Attraktivität von batterieelektrischen Gebrauchtwagen.
(Bild: alle Christoph M. Schwarzer )

Genau hier aber könnte die Möglichkeit zur Verbesserung liegen: "Es gilt den Markt grundlegend neuzugestalten. Hersteller und Händler müssen enger zusammenarbeiten", sagt Matthias von Alten von Publicis Sapient. "Wenn gebrauchte Elektrofahrzeuge nicht attraktiver werden, wer soll dann die neuen kaufen?", fragt von Alten. Eine Idee dazu wäre zum Beispiel das Gebrauchtleasing in zweiter, dritter oder vierter Periode.