Bundesrat: Autonome Autos müssen Blaulicht berücksichtigen können

Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf zum autonomen Fahren Stellung genommen und sieht noch einigen Änderungsbedarf. Die Regierung hat bereits erwidert.

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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ist ein Befürworter autonomen Fahrens und lässt auch gerne selbst ein solches Auto fahren.

(Bild: BMVI)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Der Bundesrat hat zu dem von der Bundesregierung im Februar vorgelegten Gesetz zum autonomen Fahren Stellung genommen. Darin hat er einige Änderungen vorgeschlagen, auf die die Bundesregierung bereits geantwortet hat. Insgesamt wird an der Stellungnahme und der Gegenäußerung deutlich, wie kniffelig es ist, autonomes Fahren gesetzlich zu regeln.

Unter anderem schlägt der Bundesrat in seiner Stellungnahme (PDF) vor, einen Passus in das Gesetz zum autonomen Fahren einzufügen, laut dem autonome Fahrzeuge eine Technik eingebaut haben müssen, durch die sie blaues Blinklicht und das Einsatzhorn situationsgerecht berücksichtigen können. Diesen Vorschlag lehnt die Bundesregierung ab. Sie meint knapp, die Vorschriften, auf die nach der Stellungnahme verwiesen werden soll, seien als an die "Fahrzeugführung gerichtete Verkehrsvorschriften" zu qualifizieren.

Der Bundesrat argumentiert, Verkehrsteilnehmer sollten darauf vertrauen können, dass autonome Fahrzeuge die Straßenverkehrsordnung (StVO) einhalten. Allerdings gebe es Fahrzeuge von Polizei oder Rettungsdiensten, die während dringender Einsätze von diesen Vorschriften befreit seien. Autonome Fahrzeuge müssten so programmiert werden, dass sie die Fahrbahn in diesen Fällen sofort freimachen. Auch sollten solche Fahrzeuge Zeichen und Weisungen von Polizeibeamten erkennen und umsetzen können. Das müsse ausdrücklich klargestellt werden.

Der Bundesrat fordert auch, die Haftung der Technischen Aufsicht im Straßenverkehrsgesetz (StVG) zu regeln. Diese muss laut dem Entwurf der Bundesregierung eine natürliche Person sein, die Fahrmanöver des autonomen Autos von außen steuern kann. Der Bundesrat will auch geprüft haben, ob über die verlangte Haftpflichtversicherung für die Technische Aufsicht hinaus Vorschriften zur Haftung einer Person geschaffen werden müssten, die ein autonomes Auto "gegebenenfalls ohne Wissen und Willen des Halters" benutzt.

Die Bundesregierung meint dagegen, die Haftung der Technischen Aufsicht reiche im Rahmen des allgemeinen Deliktrechts (Paragraf 823 ff. BGB) aus. Zudem seien Vorschriften zur Haftung von Personen, die ein autonomes Kfz ohne Wissen und Wollen des Halters benutzen, nicht erforderlich. Das geltende Recht sehe bereits eine entsprechende Gefährdungshaftung des Benutzers ("Schwarzfahrers") vor.

Die Bundesregierung stimmt hingegen dem Vorschlag des Bundesrats zu, dass der Begriff "Fahrmanöver" in dem Gesetzentwurf genauer definiert werden müsse. Es könne nämlich auch Verkehrssituationen geben, "die die Freigabe eines Fahrmanövers, sofern man darunter eine Art der Fortbewegung versteht, durch die Technische Aufsicht gerade nicht zulassen". Das könne beispielsweise der Fall sein, wenn ein autonomes Auto wegen eines Hindernisses angehalten hat und die "Technische Aufsicht" dann erst eingebunden würde. Dann könne es besser sein, das Fahrzeug in diesem "risikominimalen Zustand" zu belassen.

Abgelehnt hat die Bundesregierung den Vorschlag des Bundesrats, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) konkret als zuständige Behörde für Cybersicherheit der autonomen Fahrzeuge zu benennen. Das BSI sei im Rahmen der Marktaufsicht oder der Prüfung von Herstellerdokumenten nicht zuständig. Das BSI sei mittelbar durch das Kraftfahrt-Bundesamt beteiligt, ansonsten seien die jeweiligen Behörden nach Landesrecht zuständig.

Durch das von der Bundesregierung entworfene Gesetz zum autonomen Fahren sollen Autos auf dem Autonomie-Level 4 in bestimmten Betriebsbereichen wie Shuttle-Verkehr auf öffentlichen Straßen fahren dürfen. Auf diesem Level übernimmt das System für definierte Anwendungen vollständig die Kontrolle und muss dann nicht mehr überwacht werden.

Auch auf Stufe 4 muss ein Fahrer noch an Bord sein und eingreifen können. Das Gesetz sieht technische Anforderungen an den Bau, die Beschaffenheit und die Ausrüstung von Kfz mit autonomen Fahrfunktionen vor sowie Verfahren für die Erteilung einer Betriebserlaubnis.

Im Zusammenhang mit dem autonomen Fahren fallen viele Daten an. Der Bundesrat schlägt vor zu prüfen, ob die Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung ausreichen. Die Bundesregierung mein dazu, damit die beteiligten Behörden ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen können wie zum Beispiel Fahrzeuge zulassen und überwachen, müssten sie bestimmte Daten verarbeiten. Hierfür würden die erforderlichen Rechtsgrundlagen geschaffen.

"Eine umfassende Regelung sämtlicher datenschutzrechtlicher Aspekte autonomen Fahrens ist mit dem Gesetzentwurf nicht intendiert. Entsprechende Regelungen erscheinen zurzeit entbehrlich", schreibt die Bundesregierung. Sie werde die technische Entwicklung weiter beobachten und gegebenenfalls nötige Regelungen erarbeiten.

Ohnehin dürften autonome Autos nur personenbezogene Daten verarbeiten, wenn es dafür eine Rechtsgrundlage gibt, insbesondere nach der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO).

Die Bundesregierung unterstützt den Vorschlag des Bundesrats, zu regeln, in welchen Fällen Halter von autonomen Autos Daten weitergeben sollen, zum Beispiel an Unfallgegner. In solchen Fällen sollen die durch das autonome Fahren gespeicherten Daten nicht schon nach sechs Monaten, sondern erst nach drei Jahren gelöscht werden.

Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Berechtigung des Kraftfahrt-Bundesamts, bei Haltern von autonomen Kfz erhobene Daten für Forschungszwecke weiterzugeben, sollte nach Meinung des Bundesrats und daraufhin auch der Bundesregierung nicht für Fahrzeuge der Polizeien, der Bundeswehr, Feuerwehr oder Katastrophenschutz gelten. "Auch bei einer Anonymisierung der Daten wäre es so externen Stellen und damit einem nicht eingrenzbaren Personenkreis möglich, Rückschlüsse auf Bewegungsprofile und Fahrbewegungen von Polizeifahrzeugen zu ziehen", schreibt der Bundesrat. Daraus könnten konkrete Einsatzlagen und Grundsätze des polizeilichen Einschreitens abgeleitet werden, die Handlungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden könnte erheblich gefährdet werden. Die Bundesregierung will im weiteren Gesetzgebungsverfahren dem Bundestag entsprechende Änderungen empfehlen.

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Differenzen wurden im Austausch des Bundesrats mit der Bundesregierung auch in Fragen der Haftung deutlich. Beim Regelbetrieb von autonomen Autos solle nach Meinung der Bundesregierung ein strenger Haftungsmaßstab angewendet werden, solange mit solchen Fahrzeugen keine Erfahrungen gemacht wurden, die eine weniger strenge Haftung ausreichend erscheinen lassen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, im Gesetz klarzustellen, dass auch bei einem Unfall mit autonomen Autos ein "unabwendbares Ereignis" nur dann vorliege, wenn der Unfall auch von einem durch einen gedachten Idealfahrer gesteuerten Fahrzeug verursacht worden wäre.

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(anw)