Elektroautos: Angriffslustige Deutsche​ auf der Automesse in Shanghai

Bei der Eröffnung der Automesse in Shanghai überwiegen die Einschätzungen, die deutschen Autohersteller hätten die allerbesten Chancen bei Elektroautos.

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Volkswagen will bis 2030 rund 70 batterieelektrische Modelle auf Basis des Modularen Elektrobaukastens auf den Markt bringen und gehört damit in China zu den Herstellern mit der breitesten Aufstellung.

(Bild: Volkswagen)

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Von
  • dpa
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Zur Eröffnung der größten Automesse der Welt in Shanghai werden den deutschen Herstellern beste Chancen eingeräumt. Sie scheinen ihre Hausaufgaben erledigt zu haben. So sagt der deutsche Unternehmensberater Peter Hage von der in Peking ansässigen Districom Group: "Sie sind schneller, entschlossener", da ist viel Substanz – und damit auch mehr Wahrnehmung", sagte der langjährige Branchenkenner. "Geschwindigkeit wird immer wichtiger, aber die deutschen Marken haben ein unglaublich starkes Fundament und eine Historie, worauf sie aufbauen können."

Auf der "Auto China" erwarten rund 1000 Aussteller bis zum 28. April Hunderttausende Besucher. Da China die Covid-19-Pandemie seit vergangenem Sommer weitgehend im Griff hat, ist es nach dem Branchentreffen in Peking im September schon die zweite große Automesse im Land binnen nur sieben Monaten. Allerdings müssen Besucher negative Covid-19-Tests vorweisen, ihre Körpertemperatur messen lassen und mit einer Smartphone-App nachweisen, dass sie nicht in Risikogebieten waren und ihre Teilnahme unbedenklich ist. E-Mobilität und Konnektivität sind die großen Themen der Messe, die sich über zwölf Hallen erstreckt.

Die chinesischen Hersteller sind aus Sicht von Districom-Gründer Hage eine "ernste Konkurrenz". "Insgesamt wächst von unten ein Bestreben, in den Premiummarkt vorzudringen." Aber da hätten die deutschen Marken "enorm starke Ausgangspositionen", die sie wahrscheinlich auch für die nächsten Jahre noch behalten würden. "Insgesamt hat sich das Marktumfeld noch nicht eingependelt", meinte Hage. Anfangs sei es stark vom US-Hersteller Tesla und den neuen chinesischen Marken getrieben gewesen. "Aber wenn mehr Produkte und Neuheiten auch von den Deutschen kommen, wird es das Umfeld nochmal stark beeinflussen."

"Der Wandel der deutschen Autohersteller verlief ziemlich schnell", sagte auch der Direktor der Vereinigung der chinesischen Autohändler, Jia Xinguang. "Vor fünf Jahren hat Europa noch gedacht, dass die Entwicklung von Elektrofahrzeugen nicht realistisch ist", meint der Experte. "Aber jetzt war die Wende bei den Unternehmen aus Deutschland schneller als bei jenen aus den USA oder selbst Japan und Südkorea." Er hob besonders den Volkswagen-Konzern hervor, der mit seinen Plattformen die Massenproduktion standardisiert habe. "Doch ein Defizit in Deutschland wie auch in Europa sind die Batterien."

"Der Volkswagen-Konzern hat einen sehr guten Job bei den Elektroautos gemacht", sagte der Direktor des Centers for Automotive Research, Ferdinand Dudenhöffer, in Duisburg. "Die China-Strategie bei VW-Audi-Porsche-Skoda stimmt." Auch Mercedes sei in Shanghai "schwungvoll" mit neuen Modellen gestartet. "Einzig BMW war in der Vergangenheit sehr zögerlich", sagte Dudenhöffer.

Die Münchner seien aus seiner Sicht noch zu stark bei den Plug-In-Hybriden mit Benzin- und Elektromotor engagiert, die am Markt eine kurze Lebensdauer hätten. So wolle beispielsweise die Hafenmetropole Shanghai, die wie andere Metropolen in China die Zulassung von Benzinern beschränkt, schon 2023 keine Nummernschilder mehr bevorzugt an solche Hybrid-Modelle ausgeben. "Das wird weh tun, und es werden andere folgen", sagte Dudenhöffer. "BMW hat zu lange den Trend zu reinen Batterieautos ignoriert."

Auch der Generalsekretär der Personenwagenvereinigung, Cui Dongshu, sieht eine rasante Wende, mit der die deutschen Autohersteller jetzt Tesla und der chinesischen Konkurrenz Paroli bieten. "Zusätzlich zu den heimischen Herstellern sind die deutschen Marken im Vergleich zu anderen sehr gut, sehr aggressiv", sagte der Experte. Gegenüber japanischen, südkoreanischen und amerikanischen Joint Ventures oder internationalen Autoherstellern seien sie "angriffslustiger". "Die deutschen Autohersteller können sich dem Trend besser anpassen." Aus seiner Sicht wird der Absatz von E-Autos in diesem Jahr in China um rund 70 Prozent zulegen.

(fpi)