TKG-Novelle: Recht auf schnelles Internet und Glasfaserumlage stehen

Die Koalition hat sich auf Details der TKG-Reform geeinigt. Der Universaldienstanschluss soll rund 30 MBit/s schnell sein, Einjahresverträge kommen nicht.

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(Bild: heise online/vbr)

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Der von CDU, CSU und SPD bereits in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehene Rechtsanspruch auf schnelles Internet hat endgültig Form angenommen. Die große Koalition hat sich auf einen entsprechenden Teil 9 bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) verständigt. Sie stellt damit gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung klar: Um die Anforderungen an den entsprechenden Internetzugangsdienst festzulegen, soll die Bundesnetzagentur nicht nur die von mindestens 80 Prozent der Verbraucher im Bundesgebiet genutzte Mindestbandbreite heranziehen, sondern auch die Uploadrate und Latenz.

Durch die Konkretisierung wollen die Regierungsfraktionen verdeutlichen, dass auch Standarddienste wie Anrufe und Videocalls oder die Nutzungsmöglichkeit sozialer Medien bereits so leistungsfähig sein müssen, dass reguläre Homeoffice-Anwendungen "einschließlich Verschlüsselungsverfahren" wie Virtual Private Networks (VPN) im üblichen Umfang darunter fallen.

In der Begründung zu den heise vorliegenden Änderungsanträgen von Schwarz-Rot heißt es dazu: "Es ist davon auszugehen, dass diese Leistung durch ein 30-MBit-Produkt erreicht wird." Für nötig erachtet es die Koalition auch für das Funktionieren der beschriebenen Mindestdienste, dass die Daten mit einer bestimmten Zuverlässigkeit gesendet und empfangen werden können und so "eine flüssige Sprachübertragung und ruckelfreier Empfang und Versand von Videobilddaten über den individuell zu betrachtenden Anschluss sichergestellt wird". Sie unterstreicht ferner, dass die festgelegten Werte "über den Tagesverlauf auch nutzbar sind". Dies müsse für das gesamte Bundesgebiet gelten, um eine "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" zu erreichen.

Ferner soll die Regulierungsbehörde weitere nationale Gegebenheiten zugrunde legen wie die Auswirkungen der festgelegten Qualität auf Anreize zum privatwirtschaftlichen Breitbandausbau und zu Breitbandfördermaßnahmen. Die technischen Einzelheiten wird sie nun nicht in Form eines einfachen Verwaltungsaktes aufstellen können, wie es der Regierung vorschwebte. Dafür nötig ist nun eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, um "aufgrund der bundesweiten Auswirkungen auf die Grundversorgung" eine größere Verbindlichkeit zu schaffen.

Die so vorgegebenen Qualitätsstandards sollen in einem festen Turnus überprüft, die Ergebnisse dem Bundestag mitgeteilt werden. In den Topf, aus dem dieser Universaldienst bezahlt wird, müssen "nummernunabhängige interpersonelle Telekommunikationsdienste" in Form etwa von Messenger-Diensten wie WhatsApp, Facebook, Signal und Threema mit einzahlen, wie es der Bundesrat verlangt hatte. Die Höhe der jeweiligen Abgabe soll sich an der Anzahl der aktiven Nutzer in Deutschland bemessen. Um auf dem Rechtsweg für möglichst einheitliche Entscheidungen zu sorgen, werden erstinstanzlichen Gerichtsverfahren rund um den Anspruch konzentriert vor dem Verwaltungsgericht Köln entschieden.

Die seit 40 Jahren bestehende Möglichkeit für Vermieter, die Kosten für TV-Kabelgebühren auf den Mieter umzulegen, soll erst Mitte 2024 wegfallen. Die Bundesregierung hatte nur eine zweijährige Übergangsfrist vorgesehen. Als Ersatz kommt ein auf Hochgeschwindigkeitszugänge ausgerichtetes, gedeckeltes Nebenkostenprivileg: Wenn ein Vermieter einen Provider mit dem Ausbau der Gebäudeinfrastrukturen mit Glasfaser beauftragt, kann er die entstehenden Kosten auf die Nebenkostenabrechnung umlegen. Der Betrag darf dabei monatlich fünf Euro nicht überschreiten und ist in der Regel auf fünf Jahre begrenzt.

Der erstmalige Anschluss einer Wohnung durch Glasfaser an ein öffentliches Netz mit sehr hoher Kapazität durch den Vermieter selbst stellt zudem eine Modernisierungsmaßnahme dar. Damit wird eine Mieterhöhung zulässig, wenn der Mieter einen Anbieter von Diensten über den errichteten Anschluss frei wählen kann.

Lange umstritten waren ferner Verbraucherschutzfragen. Entgegen dem Regierungsvorhaben, für das sich vor allem Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) stark gemacht hatte, sollen Anbieter nun doch nicht verpflichtet werden, zu jedem Mobilfunk- und Internetvertrag mit einer Laufzeit von bis zu 24 Monaten zugleich auch einen über höchstens ein Jahr mit einem bis zu 25 Prozent höheren Monatspreis vorzulegen. Die rechtlichen Vereinbarungen werden nach Ablauf der anfänglichen Laufzeit aber monatlich kündbar sein und sich nicht mehr gleich um weitere zwölf Monate verlängern.

Beim Minderungsrecht in Fällen, in denen der Internetzugang erheblich, kontinuierlich oder regelmäßig bei der Geschwindigkeit oder bei anderen Qualitätsparametern von der angegebenen Leistung abweicht, soll die Beweislast umgekehrt werden. Es obliegt dann dem Anbieter, den Nachweis einer ordnungsgemäßen Leistung zu erbringen, was auch rückwirkend gelten kann. Solange dieser "Gegenbeweis" nicht erbracht wurde, soll der Verbraucher den Preis drücken dürfen.

Schwarz-Rot gibt mit der Novelle zudem erstmals im TKG ein Mobilfunkausbauziel vor. Vorgesehen sind mindestens 4G alias LTE für alle Mobilfunkkunden durchgehend und unterbrechungsfrei an allen Bundes-, Land- und Kreisstraßen sowie an allen Schienenstrecken "möglichst bis 2026". Lokales Roaming beziehungsweise die gemeinsame Nutzung von passiven oder aktiven Infrastrukturen für Funkfrequenzen sollen dort zum Einsatz kommen, "wo ein äußerst lückenhafter oder gar kein Zugang zu Netzen und Diensten zu verzeichnen ist". Die Bundesnetzagentur kann Betreiber gegebenenfalls auch dazu verpflichten.

Um den Glasfaserausbau zu beschleunigen, soll eine mindertiefe Verlegung von Leitungen etwa per Trenching keinen gesonderten Antrag mehr erfordern. Die Wahl dieses Ansatzes ist jedoch den Behörden ausdrücklich mitzuteilen zusammen mit technischen und baulichen Merkmalen wie der Verlegetiefe und dem geplanten Trassenverlauf.

Der überarbeitete, hunderte Seiten starke Entwurf für das "Telekommunikationsmodernisierungsgesetz" soll am Donnerstag im Bundestagsplenum beschlossen werden. Der Breitbandverband Breko zeigte sich erleichtert, dass der Gesetzgeber nach langem Anlauf "wichtige Akzente für die entscheidende Etappe des Glasfaserausbaus in Deutschland" setzen wolle. Im Bereich Genehmigungsverfahren und der Nutzung alternativer Verlegemethoden verpasse die Koalition aber die große Chance, die bestehenden Bremsen endlich zu lösen. Trenching & Co. hätten als Standard anerkannt werden sollen. "Die neuen Vorgaben führen zu mehr Bürokratie und weniger Wettbewerb, sie verteuern und verlangsamen den Ausbau", befürchtet der IT-Verband Bitkom. Innovative und schnelle Verlegetechniken kämen viel zu kurz. Weitreichende zusätzliche Informationspflichten und Regeln zur Rufnummernübermittlung beim Verbraucherschutz brächten den Nutzern zudem wenig. Wettbewerbsfeindlich sei "die Gleichmacherei der Mobilfunknetze durch Mitnutzungspflichten und weitere gesetzliche Auflagen".

(kbe)