Mediengigant Vivendi unter Beschuss

Nach dem spektakulären Zusammenbruch des Kirch-Imperiums kochen die Gerüchte um den weltweit zweitgrößten Medienkonzern Vivendi Universal hoch.

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Von
  • Birthe Blechschmidt
  • dpa

Nach dem spektakulären Zusammenbruch des Kirch-Imperiums kochen die Gerüchte um den weltweit zweitgrößten Medienkonzern Vivendi Universal hoch. Im Zentrum des Sturms, der sich an den Finanzmärkten zusammenbraut, steht Vivendis charismatischer Chef Jean-Marie Messier, der in den vergangenen Jahren mit Großeinkäufen in der Medien-Konkurrenz für Schlagzeilen sorgte.

Nervös schauen Anleger und Analysten auf den exorbitanten Schuldenberg der Vivendi-Gruppe von fast 30 Milliarden Euro im Versorgungs- und Mediensektor, den Messier in den vergangenen Jahren aufgehäuft hat. Bis vor kurzem noch als Liebling der Medien gefeiert, schlägt ihm jetzt breites Misstrauen entgegen. Sogar über seinen Abgang wird spekuliert.

Anderthalb Wochen vor der Hauptversammlung in Paris wächst die Besorgnis. Der Aktienkurs von Vivendi Universal -- Muttergesellschaft der Universal Film-Studios --, steht schon seit Monaten unter Druck, seit Anfang April ist er ganz in den Keller gerutscht. Innerhalb von fünf Börsentagen brach der Kurs um fast 14 Prozent auf unter 36 Euro ein. Eine kurze Erholung verpuffte am Freitag rasch. Seit Jahresbeginn büßte die Aktie sogar mehr als 40 Prozent ihres Wertes ein und ist damit der größte Verlierer an der Pariser Börse.

"Das generelle Misstrauen gegenüber den europäischen Medienkonzernen nach dem Kirch-Kollaps und der Pleite der britischen TV-Gruppe ITV Digital greift jetzt auch auf Vivendi über", konstatiert das Wall Street Journal. Die französische Wirtschaftspresse macht vor allem einen "Messier-Kursabschlag" für den massiven Einbruch verantwortlich. Der Ruhm des 45-jährigen Aufsteigers ist rapide gesunken. Sein Umzug nach New York wird bemäkelt. Als der global denkende Manager das System des französischen Kulturprotektionismus für tot erklärte, gab es heftige Protest. Jetzt wird seine Geschäftspolitik in Zweifel gezogen.

Die Befürchtungen wachsen, dass Messier sich an seinen Milliarden-Einkäufen verschluckt haben könnte, um zu den Medienriesen AOL Time Warner, Rupert Murdochs News Corporation oder Bertelsmann aufzuschließen. Die meisten Übernahmen hatte er in der Börsenboom-Phase eingefädelt und dafür Höchstpreise bezahlt. Im vergangenen Jahr erwarb er für elf Milliarden Euro Kabelsender und Fernsehstudios des TV-Konzerns USA Networks. Für das Geschäftsjahr 2001 musste Vivendi Universal deshalb kürzlich bei gut 57 Milliarden Euro Umsatz Sonderabschreibungen über fast 16 Milliarden Euro und einen Rekordverlust von 13,6 Milliarden Euro bekannt geben.

Mit umfangreichen Beteiligungsverkäufen versucht Messier das Ruder herumzureißen, stößt dabei jedoch nicht nur bei dem geplanten Rückzug aus dem Mobilfunk- und Fachpressegeschäft auf erhebliche Schwierigkeiten. Schwer im Magen liegt dem ehrgeizigen Manager der Mehrheitsanteil an der hochverschuldeten Vivendi Environnement, die mit 29 Milliarden Euro Umsatz zu den führenden Versorgungsunternehmen zählt. Bei dem französischer Wasserversorger hat Messier den Großteil der Vivendi-Schulden geparkt. Deshalb will er den Anteil von derzeit 63 Prozent unbedingt auf unter 50 Prozent drücken, um den Schuldenberg nicht mehr gänzlich bei der Mutter aufzeigen zu müssen. Doch die Strategie droht nicht aufzugehen, da delikate Rückkaufsklauseln bei einer spanischen Tochter des Versorgers ein weiteres Loch in die Kasse reißen könnten. "Messier läuft die Zeit davon", hieß es auf dem Börsenparkett. (Birthe Blechschmidt, dpa) / (anw)