Besser klingen im Homeoffice

Wer bei der ­Videokonferenz gut klingt, dem hört man lieber zu. Knackser, Hall und Echos dagegen nerven schnell. Guter Klang ist dabei eher keine Preisfrage.

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klingen

(Bild: Thorsten Hübner)

Lesezeit: 11 Min.
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  • Michael Link
Inhaltsverzeichnis

Bild- und Tonprobleme bei Videokonferenzen sind noch Monate nach dem Umzug ins Homeoffice ein häufiger Störfaktor in der Kommunikation. Bei jeder Videokonferenz zuerst die mannigfaltigen Tonprobleme lösen zu müssen, nervt einfach. In diesem Schwerpunkt beschreiben wir, wie man mit unterschiedlichen Ansprüchen im Homeoffice besser klingt: vom billigen Headset, also einer Kombination aus Kopfhörer und angebautem Mikrofon, bis zu einem semi-professionellen Setup mit Standmikro. Einige Tipps für den Gesamtkomplex Klang runden das Thema ab.

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Corona hat in kürzester Zeit für viele Menschen bedeutet, sich mit anderen vermehrt in Videokonferenzen austauschen zu müssen. Das gilt auch für die Redaktion, die nach und nach ihren Erfahrungsschatz damit ausgebaut hat. Viele, die sich zu Beginn der Pandemie noch mit den eingebauten Mikrofonen und Lautsprechern des Notebooks beholfen haben, erhielten schnell zarte Rückmeldungen über schlechte Tonqualität. Headsets aus dem Smartphone-Karton und Adapter wurden hervorgekramt, die am Notebook mehr schlecht als recht funktionieren.

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Generelle Kauftipps sind schwierig: Manche wollen sich daheim mit einem Headset komplett abschotten, andere wollen weiterhin ansprechbar bleiben. Einige mögen beidohrig ohrumschließende Headsets, andere finden die klassischen und superleichten Ein-Ohr-Callcenter-Headsets besser. Für einige kann das Anschlusskabel gar nicht lang genug sein, andere schwören auf Bluetooth für noch mehr Bewegungsfreiheit. Und dann gibt es noch Leute, die ihr Setup auch zum Aufzeichnen von Podcasts verwenden wollen, was wiederum die Anforderungen ändert. Und: Nicht jedes Headset, das fürs Homeoffice super ist, taugt zum Musikhören.

Für alle Setups ist wichtig, dass man das Sprechen ins Mikrofon nicht als etwas Besonderes empfindet, denn andernfalls tendiert man dazu, besonders laut und übermäßig akzentuiert zu sprechen. Es soll gerade nicht so klingen, als ob die Großeltern in den Fünfzigerjahren ein Ferngespräch nach Wuppertal führen.

Menschliche Ohren übertragen einen weitaus größeren Frequenzbereich, als man ihn selbst beim Sprechen erzeugen kann. Entwicklungsgeschichtlich ist das menschliche Ohr für bestimmte Geräusche auch besonders empfindlich, zum Beispiel für Babystimmen. Die Grafik zeigt, welche Wirkung Töne bestimmter Frequenzen in puncto Sprachübertragung haben.

Wer – vielleicht auch bloß durch Filme – kennt, wie Funkverkehr etwa im Flugzeug oder im Kurzwellen-Amateurfunk klingt, der weiß, dass man tontechnisch viel unternehmen kann, um Stimmen auf optimale Verständlichkeit zu trimmen. Man kann die Unterschiede zwischen lauten und leisen Passagen einebnen, die Stimme also komprimieren, und man kann bewusst den übertragenen Frequenzbereich einengen, um Nebengeräusche auszufiltern, zum Beispiel Turbinenlärm oder im Homeoffice Tippgeräusche.

Mehr Prägnanz und eine bessere Silbenverständlichkeit erreicht man beispielsweise durch eine besonders hohe Verstärkung der hohen Stimmanteile, eine sonore Moderatorenstimme durch Anhebung der unteren Mitten. Stimmen bleiben so zwar verständlich, klingen aber unter Umständen so sehr verändert, dass man die sprechende Person nicht erkennt.

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Für die typische Video- oder Telefonkonferenz sind solche drastischen Mittel der Komprimierung und Verstärkung in der Regel nicht nötig. Fürs Homeoffice sollten Sie selbst nicht klingen wie Darth Vader, sondern möglichst natürlich, damit Zuhörende nicht vom Inhalt abgelenkt sind.

Andererseits benötigt man fürs Videotelefonieren keine audiophilen Kostbarkeiten mit breitestem Klangspektrum. Dennoch: Nebengeräusche sollten Sie ausfiltern. Eine wirksame Medizin ist ein geringer Abstand zwischen Mikrofon und Mund. Bei Ansteckmikrofonen wird er erreicht, indem man sie etwa auf Brusthöhe an Hemd oder Bluse fixiert. Ein geringer Mikrofonabstand braucht weniger Verstärkung, sodass die Maßnahme auch Raumhall ausblenden hilft. Ein geringer Abstand erhöht leider das Risiko, dass man bei Plosivlauten wie P, B, D und T Windgeräusche erzeugt. Gegenmittel: ein platten- oder ringförmiger sogenannter Poppschutz. Bei Headsets kann man sich behelfen, indem man den Mikrofonhals so biegt, dass die Kapsel nicht in die Blasrichtung zeigt. Sonstigen Windgeräuschen begegnet man mit Schaumstoff oder Puscheln auf der Kapsel.

Mit einem Poppschutz verhindert man Windgeräusche durch Plosivlaute wie P, B, D und T. Er lässt sich an Mikrofonstative anbauen, oder er ist Bestandteil von Haltespinnen oder direkt mit dem Mikro verbunden.

(Bild: Tascam Europe)

Andere Umgebungsgeräusche lassen sich durch zwei Maßnahmen gut in den Griff bekommen. Etwa über die Richtcharakteristik der Mikrofonkapsel. Ist sie kugelförmig, nimmt ein Mikrofon Geräusche aus allen Richtungen annähernd gleich gut auf. Mikrofone mit Nierencharakteristik sind hingegen richtungsempfindlich, sodass man beim Ausrichten des Mikrofons besser aufpassen muss. Es soll zum Mund zeigen, aber keine Windgeräusche vom Atmen auffangen.

Etwas aufwendiger sind Geräuschunterdrückungstechniken. Beim sogenannten "Active Noise Cancelling" höherpreisiger Headsets beziehungsweise Mikrofone werden Umgebungsgeräusche nach unterschiedlichen Algorithmen aus dem Signalbrei entfernt.

Bei Büro-Headsets läuft es darauf hinaus, dass alles unterdrückt wird, was keine Sprache ist, also beispielsweise Lüftergeräusche vom Notebook oder Tippgeräusche, nicht aber das schreiende Kind im Kinderzimmer. Bei einer weiteren Methode der Geräuschunterdrückung erfassen mehrere Mikrofone die Geräusche und filtern über einen Laufzeitenvergleich zusätzlich Signale aus, die nicht aus der Richtung der sprechenden Person kommen. Viele ANC-Headsets arbeiten so, aber das Resultat klingt meist unnatürlich, weil der Stimme wichtige Frequenzen entrissen werden.

Videokonferenz-Tools wie Teams und Zoom versuchen außerdem, mit eigenen Algorithmen Nebengeräusche herauszufiltern, aber alles, was Sie an Störungen vorher eliminieren, verbessert den Klang und verhindert das Entstehen unnatürlicher Verfremdungen.

Wenn Sie zum Beispiel bei einer Videokonferenz die Stimmen der anderen über Lautsprecher wiedergeben, entsteht eine besondere Form von Nebengeräuschen: Das Mikrofon nimmt diese Tonkulisse erneut auf, was im erträglichen Fall zu einem halligen Höreindruck führt und im ungünstigen Tonaussetzer bewirkt oder gar mit Rückkopplungspfeifen nervt. Je nach Verzögerungseffekten durch Leitungs- und Signalverarbeitungseffekte kann es auch zu regelrechten Echos kommen, die beim Sprechen enorm irritieren.

Wer seine Frisur schonen will oder aus anderen Gründen ungern Headsets trägt, kann dem durch richtscharfe Mikrofone begegnen und indem der Lautstärkesteller des Lautsprechers nur sehr zurückhaltend aufgedreht bleibt. Sollten Sie Studiolautsprecher fürs Videotelefonieren zweckentfremden, können Sie diese zusätzlich so ausrichten, dass sie nicht direkt in Richtung des Mikrofons abstrahlen.

Auch baulich können Sie einiges tun, damit Ihr Sound nicht klingt wie live aus der Turnhalle. Mit Schiebevorhängen oder Stoffbahnen, die den Luftdurchgang erschweren – aber nicht verhindern – verpassen Sie Hall einen Dämpfer, ohne dass sie gleich spezielle Akustik-Vorhänge kaufen müssen. Dekorativ und hilfreich sind auch Akustikbilder an der Wand. Größere Räume entschärfen Sie akustisch mit Raumtrenn-Elementen, und tiefe Frequenzen kann man mit etwa mannshohen Stoffsäulen bekämpfen.

Wer seinen Sound weiter perfektionieren will, spendiert verschiebbaren Möbeln Filzgleiter. Und verwendet für alles, was man auf dem Tisch ablegt oder -stellt, schallabsorbierende Matten oder Korkuntersetzer. Die Maus schiebt man nicht mehr auf dem blanken Tisch umher, sondern auf einem Stoff-Mauspad. Sowohl Mäuse als auch Tastaturen sind auch als Silent-Versionen erhältlich. Sie lohnen sich besonders, wenn Sie während der Gespräche noch klicken und tippen müssen.

An der Art der Kopfhörer in Headsets scheiden sich die Geister. In-Ear-Headsets, manchmal etwas despektierlich Schmalzbohrer genannt, tragen im Kamerabild kaum auf, nehmen auf dem Tisch wenig Platz weg und sind schnell eingestöpselt. Nachteil: Bei der Passform muss man bisweilen lange tüfteln, bis die Hörkapseln formschlüssig in die Ohrmuschel passen und halten. Sie dauerhaft zu tragen behagt vielen Menschen nicht, manche finden In-Ears auf Dauer unhygienisch oder sie haben eine empfindliche Haut, die auf Inhaltsstoffe der Passungen allergisch reagiert. Wollen Sie für andere Personen im Raum weiter ansprechbar bleiben, benötigen Sie Modelle, die über keine Geräuschdämmung verfügen, Stimmen davon ausnehmen oder auch nicht nur im Paar funktionieren, sondern auch, wenn Sie einen Hörer herausnehmen.

Der Gegenpol, nämlich Over-Ear-Headsets, also beidohrig mit einer ohrumschließenden Muschel versehene Garnituren, sind teils recht schwer und man schwitzt nach einiger Zeit. Nicht bei jedem Modell lässt sich der Druck auf die Ohrmuschel so regulieren, dass man ein paar Stunden damit aushält. Je nach Anforderung mag man es als Vor- oder Nachteil sehen, dass viele ohrumschließende Modelle die Umgebung akustisch stark aussperren.

Das tun On-Ear-Headsets nicht. Sie lassen – sofern sie nicht mit aktiver Geräuschdämmung versehen sind – die Umgebungsgeräusche durch. In der Regel sind sie leichter als die Over-Ear-Kollegen und bieten mehr Tragekomfort, schon weil man die Muscheln auch mal etwas vom Ohr wegschieben kann und Luft ans Ohr kommt. Wir haben für Sie preiswerte Headsets getestet.

Edlere Headsets, bei denen man unter Umständen auch mühseligere Diskussionen über die Notwendigkeit der Anschaffung führen muss, haben wir uns auch angeschaut, werden sie aber erst zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen. Das Gleiche gilt für regelrechte Callcenter-Headsets mit DECT-Anbindung, kabelloser Ladestation und Multigeräte-Kopplung.

Statt eines Headsets kann auch der gewohnte Kopfhörer zum Musikhören mit einem separaten Mikrofon die Lösung sein. c’t stellt eine Selbstbaulösung mit einem preiswerten Koss PortaPro und einem Anklemmmikrofon vor und wir fassen für Sie die Ergebnisse unseres Tests von Standmikrofonen zusammen.

Beim Sprechen passt man seine Lautstärke so an, dass man die Stimme durch den Umgebungslärm noch hört. Mit dämpfenden Kopfhörern auf den Ohren tendiert man daher dazu, mehr ins Rufen zu kommen, was auf die Dauer die Stimme stark belastet. Ein probates Gegenmittel ist Zurückspielen der Sprechstimme in den Hörer, was übrigens beim Telefonieren auch üblich ist. Mit herkömmlichen Setups ist das nur mit Klimmzügen zu erreichen. Eine elegante Lösung ist es, ein Soundinterface oder ein Mischpult mit Monitoring-Anschluss zu verwenden und den Kopfhörer daran anzuschließen.

Bluetooth-Headsets und -Mikrofone erlauben unabhängig von ihrer Bauform mehr Bewegungsfreiheit. So können Sie weiter im Gespräch bleiben, während Sie einige Meter entfernt vom Computer tun, was getan werden muss. Bluetooth vermeidet abgerissene Kabel und wacklige Stecker.

Nachteilig ist, dass man den Ladestand der Bluetooth-Headsets gut im Blick behalten muss, damit sie nicht mitten im Gespräch ausfallen. Ein weiterer Nachteil sind lange Latenzen. Sie führen dazu, dass Stimmen und Videobilder nicht synchron erscheinen. Im reinen Sprechbetrieb mit dem Feld-Wald-Wiesen-Headset beziehungsweise Handsfree-Profil erreichen die Verzögerungen Werte um 170 Millisekunden, bei True-Wireless-Ohrsteckern sogar bis 300 Millisekunden. Scheinbar paradox haben Headsets mit hochwertigeren Audio-Profilen sogar noch mehr Latenzprobleme. Allerdings gibt es auch spezielle Low-Latency-Profile, die das vermeiden. Als Daumenpeilung lässt sich sagen, dass Latenzen ab 80 Millisekunden im Video erkennbar sind, wenn sie nicht durch die Konferenzsoftware korrigiert werden.

Über die Windows-Systemsteuerung lässt sich herausfinden, welche Übertragungsqualität mit einem Bluetooth-Headset zu erwarten ist. In der Regel haben Bluetooth-Headsets mehrere Bluetooth-Protokolle, etwa für Musik und zum Freisprechen.

Der Tonumfang im Handsfree-Profile reicht übrigens nur bis 8 Kilohertz, bei älteren Modellen sogar nur bis 4 Kilohertz. Dass dies kein Nachteil für die Verständlichkeit bedeutet, wurde weiter oben schon angesprochen. Allerdings klingt die Stimme dann schon arg nach Telefon.

Ende vom Lied: Ein klein wenig Aufwand ist unvermeidlich, wenn man sich bei Videokonferenzen und via Teams, Zoom und andere Tools im Homeoffice gut zu Gehör bringen will. Die teuerste Lösung ist dabei nicht immer zielführend. Die nervigsten Störungen, etwa Poppgeräusche beim Sprechen, Echos und Hall kann man mit den gezeigten Mitteln wirksam in die Schranken weisen, auch wenn man verhältnismäßig preisgünstige Headsets verwendet.

Tonbeispiele der getesteten Headsets

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In c’t 11/2021 untersuchen wir die Chancen und Risiken von Kryptogeld. Außerdem zeigen wir, wie Sie den Ton im Videocall verbessern können, wir haben 4K-Monitore mit USB-Dock und Tischaufsätze fürs Homeoffice getestet und Software fürs Vereinsmanagement. Sie erfahren, wie Sie den Raspi blitzschnell einrichten, Fotos per KI entrauschen und mit 3D-Fotos Googles Street View bereichern können. Ausgabe 11/2021 ist ab dem 7. Mai im Heise-Shop und am gut sortierten Zeitschriftenkiosk erhältlich.

(mil)