Auto-Patentkrieg: Nokia und Daimler begraben das Kriegsbeil

Der finnische Mobilfunkkonzern legt seine Patent-Streitigkeiten mit dem deutschen Autokonzern bei. Für die Branche ist das Thema damit noch nicht vom Tisch.

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Im vernetzten Fahrzeug von heute steckt eine Menge Mobilfunktechnologie.

(Bild: Suwin / Shutterstock.com)

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Nokia und der Daimler-Konzern haben ihren jahrelangen Patentstreit beigelegt und sich auf ein Lizenzabkommen geeinigt. Damit gewährt Nokia dem Automobilhersteller eine Lizenz für patentierte Mobilfunktechnik und "erhält im Gegenzug dafür Zahlungen", wie es in einer sehr knappen Mitteilung vom Dienstag heißt. Daimler zieht zudem seine bei der EU-Kommission eingereichte Kartellbeschwerde zurück. Auch alle vor Gericht anhängenden Verfahren sollen nun beendet werden. Weitere Einzelheiten nennen die Unternehmen nicht.

Nokia hatte Daimler vor verschiedenen Gerichten wegen Patentverletzung verklagt und den Autobauer zwingen wollen, selbst eine Lizenz für die strittigen Mobilfunkpatente zu erwerben. Dabei geht es um Mobilfunktechnik für 4G/LTE-Netze, die in den meisten Fahrzeugen des Daimler-Konzerns eingebaut ist. Weil die fragliche Technik zu einem anerkannten Industriestandard (4G) gehört, müsste Nokia jedem Interessenten eine Lizenz zu fairen und transparenten Konditionen gewähren (sog. "FRAND"-Prinzip). Das deutsche Recht erlaubt dem Patentinhaber aber auch, sich seine Lizenzpartner auszusuchen.

Mit der Beilegung der gerichtlichen Auseinandersetzungen endet auch das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das Landgericht Düsseldorf hatte in einem Verfahren die europäischen Richter hinzugezogen, um grundsätzliche Fragen zu klären. Ein zentraler Streitpunkt ist, ob Nokia Daimler unter dem FRAND-Regime zwingen kann, eine Lizenz zu erwerben, wenn Komponentenhersteller sich dafür bereiterklären. Daimler hat auch in seiner Beschwerde bei der EU-Kommission damit argumentiert, dass Nokia seine Patentmacht missbrauche, wenn es den Autohersteller in ein Lizenzabkommen zwingen wolle, während Zulieferer wie Huawei oder Continental keine Lizenz erhalten.

Die strittigen Technologien stecken in der Regel in den Baseband-Chips eines Halbleiterherstellers. Diese verwenden Zulieferer wie zum Beispiel Huawei in Mobilfunkmodulen, die wiederum von einem dritten Hersteller in montagefertigen Telematikeinheiten an die Autobauer geliefert werden. Daimler hatte einige Verfahren beenden können, weil Zulieferer wie Huawei die Patente lizenzierten und den Autobauer damit aus der Schusslinie nahmen. In einem Verfahren mit Sharp hatte sich Daimler auch selbst mit dem Patentinhaber geeinigt.

Die Auseinandersetzung von Nokia und Daimler ist Teilschauplatz eines Patentkriegs, den Inhaber von Mobilfunkpatenten gegen Autohersteller und ihre Zulieferer führen. Die zwei Kontrahenten führten zahlreiche Auseinandersetzungen vor verschiedenen deutschen Gerichten. Dabei musste Daimler zwar einige Niederlagen einstecken, doch konnte sich Nokia auch nicht immer durchsetzen. Das Landgericht Düsseldorf hat die zentrale Frage, ob Nokia einem Zulieferer die Lizenz verweigern und sich stattdessen an Daimler schadlos halten darf, schließlich dem EuGH vorgelegt.

Die mit Spannung erwartete Antwort werden die europäischen Richter zumindest in diesem Verfahren nicht mehr geben. Offenbar war auch Nokia das Risiko eines Grundsatzurteils zu groß, sodass die Finnen doch noch den Weg der Einigung suchten. Daimler begrüßte die Einigung aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten und "weil wir damit langjährige gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden". Nokia bezeichnete die gemeinsame Vereinbarung als "wichtigen Meilenstein".

Doch könnte der EuGH auch in einem der anderen noch laufenden Verfahren eine Rolle spielen. "Damit der EuGH die Frage des Lizenzanspruchs der Zulieferer doch noch beantwortet, ist es nun erforderlich, dass Zulieferer wie Continental und Bosch eigene Kartellklagen gegen Nokia einreichen", meint Prozessbeobachter und Patentexperte Florian Müller. "Vorzugsweise sollten sie dies in Düsseldorf tun und sich damit Huaweis Klage gegen Nokia anschließen." Die Chinesen werfen den Finnen wettbewerbsrechtliche Verstöße vor und hatten Nokia auf eine Lizenz verklagt.

(vbr)