Elektrische Pickups: Lordstown Motors in der Krise

Donald Trump war ein Fan, Investoren auch. Doch nun fehlt dem US-Startup das Geld, um die Produktion aufzunehmen.

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Donald Trump vor Pickup, dahinter das Weiße Haus

Das Vorserienfahrzeug des 2021 Lordstown Endurance zu Besuch bei Donald Trump am 28. September 2020

(Bild: Weißes Haus/Shealah Craighead (gemeinfrei))

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

2.200 elektrische Pickup-Trucks wollte Lordstown Motors von September bis Dezember in Lordstown, Ohio bauen. Seit Oktober börsennotiert, möchte Lordstown Unternehmen wie Ford, Rivian und Tesla Konkurrenz machen. Eine Fabrik hat Lordstown wohlfeil von General Motors (GM) übernommen. Doch andere Kosten sind höher als gedacht. Nun fehlt Geld für die Produktion. Management und Buchprüfer sorgen sich um das Überleben Lordstown Motors.

Das geht aus dem verspätet eingereichten Quartalsbericht Lordstown Motors hervor. Der Fortbestand der Firma hänge davon ab, ob sie die Entwicklung ihres elektrischen Fahrzeugs abschließen, eine Straßenzulassung dafür erwirken, sowie Herstellung und Verkauf in Stückzahlen aufnehmen könne, heißt es dort.

"Die Firma glaubt, dass ihre gegenwärtigen Geldmittel nicht ausreichen, um die Produktion in Stückzahlen und den Marktauftritt solcher Fahrzeuge zu finanzieren. Diese Bedingungen regen substanzielle Zweifel an unserem (Fortbestand) für wenigstens ein Jahr", steht in dem Quartalsbericht. Nach der Bekanntgabe ist der Aktienkurs am Dienstag um gut 16 Prozent abgestürzt; im nachbörslichen Handel ging es um weitere rund fünf Prozent nach unten. Seit Jahresbeginn hat die Aktie damit fast die Hälfte ihres Werts eingebüßt. Im Vergleich zum Kurs von vor einem Monat steht aber immer noch ein Plus von rund 45 Prozent.

Um das drohende Ende abzuwehren, sucht Lordstown Motors nach Geld, sei es durch Kredite, Ausgabe von Aktien oder Anleihen, strategische Partnerschaften oder Subventionen. Da kommt es ungelegen, dass die Firma gleichzeitig Unzulänglichkeiten bei Buchhaltung und Controlling eingestehen und den Bericht für das vierte Quartal des Vorjahres korrigieren muss.

Fundamentalen Unterschied machen diese Korrekturen aber nicht: Lordstown Motors macht keinen Umsatz, hat aber höhere Kosten als erwartet. Zu Jahresbeginn hatte das Unternehmen 630 Millionen US-Dollar Geldreserven. Kann es keine neuen Geldquellen erschließen, werden zum Jahresende nur noch 50 bis 75 Millionen Dollar übrig sein, erwartet das Management. (Bereits m Dezember hat sich Nikola von seinen Plänen für einen elektrischen Pickup verabschiedet.)

Zu den finanziellen Problemen Lordstown Motors gesellt sich juristisches Ungemach. Mitbewerber Karma wirft der Firma in einer Klage angeblich illegales Abwerben von Mitarbeitern, Aneignung von Geschäftsgeheimnissen, Hacking, Vertragsbruch und Betrug vor. Lordstown bestreitet die Vorwürfe. Immerhin hat das Bundesgericht für Zentralkalifornien Karmas Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen Lordstown nicht genehmigt.

Gleichzeitig fühlen sich mehrere Lordstown-Investoren übervorteilt. Sie haben insgesamt vier Sammelklagen gegen die Firma beantragt. Diese meint, dass die Klagen inkorrekten Behauptungen enthalten. Ungemütlicher könnten Untersuchungen der Kapitalmarktaufsicht SEC werden: Sie untersucht, ob Lordstown Motors bei Angaben über Vorbestellungen für die elektrischen Pickups geschummelt hat, und ob beim Börsengang alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Lordstown wählte kein klassisches Initial Public Offering (IPO) mit Ausgabe neuer Aktien, sondern das in letzter Zeit beliebte Modell der Fusion mit einer bereits börsennotierten Mantelfirma.

Entscheidend wird sein, wieviel Ausdauer Lordstown Motors und dessen prospektive Geldgeber mitbringen. Der Name des ersten geplanten Fahrzeugs passt schon einmal: Endurance, zu Deutsch Ausdauer. Diesen elektrischen Pickup mit Allradantrieb wollte Lordstown mit Akkus von LG und Samsung schon vergangenes Jahr in der US-Kleinstadt Lordstown bauen. Den Produktionsbeginn hat die Firma unter Verweis auf die Coronavirus-Pandemie in den September 2021 verschoben.

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Mit einem Vorserienfahrzeug wurde Lordstown im September 2020 beim Weißen Haus vorstellig. Firmenchef Stephens Burns kündigte mehr als 100.000 Stück an und bezeichnete den Endurance als ersten "echten" Allrad-Pickup, weil in jedem Rad ein Nabenmotor samt Computer sitzen werde. Der damalige US-Präsident Donald Trump überhäufte Lordstown Motors mit Lob.

In der Fabrik in Lordstown hat General Motors früher den Kompakt-PKW Chevy Cruze gebaut. Im März 2019 stellte GM die Produktion ein und legte die Fabrik still. Trump attackierte GM wegen der Werksschließung hart, was aber nichts nutzte. Die Region verlor ihren größten privaten Arbeitgeber.

Als das Startup im November 2019 die Fabrik von GM kaufte und sich selbst Lordstown Motors taufte, wirkte das wie ein Win-Win. Die Kleinstadt und ihre Umgebung hoffte auf die Wiederkehr zahlreicher Arbeitsplätze, GM konnte den Imageschaden reduzieren und Geld einnehmen, Trump konnte auf neue Inlandsproduktion verweisen, und Lordstown Motors kam günstig an eine Fabrik. Zahlen konnte das Startup allerdings nicht, so dass sich GM schließlich mit Lordstown-Aktien statt Dollar begnügen musste.

(ds)