Deep Dive: Wie aus Maniok-Schalen sauberer Zement entsteht

Im neuen Podcast der Technology Review spricht Materialforscher Wolfram Schmidt über die vielen Möglichkeiten, Beton klimafreundlicher zu machen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 31 Kommentare lesen

Die 71 Meter hohen „Torres Blancas“ in Madrid zeigten schon 1969, wie vielfältig Betonbauten sein können.

(Bild: Jacinda Lluch Valero)

Lesezeit: 3 Min.

Beton ist nach Wasser der am meisten von Menschen genutzte Stoff – und ist je nach Quelle für 5 bis 10 Prozent der menschengemachten Klimagase verantwortlich. Wolfram Schmidt von der Bundesanstalt für Materialforschung arbeitet mit unkonventionellen Mitteln daran, den Werkstoff umweltfreundlicher zu machen. Dazu ist er viel in Afrika unterwegs. „Afrika bietet enorme Möglichkeiten, bisher unbenutzte Rohstoffe zu finden“, sagt er in der neuen Folge des Technology-Review-Podcasts Tech2go.

Dabei hat Schmidt vor allem landwirtschaftliche Reststoffe im Blick: „Das Interessante daran ist, dass diese Stoffe in sehr großen Mengen vorkommen, aber meist komplett ungenutzt sind.“ Sein Lieblingsrohstoff sind die Schalen der Maniok-Pflanze. „Diese sind für Tiere nicht verdaulich und werden deshalb meist achtlos verbrannt oder abgelagert. Sie fangen dann an zu gammeln und zu stinken“, sagt Schmidt. „Wir versuchen, daraus einen Hightech-Baustoff zu machen.“

Das geschieht auf zwei Wegen: Die noch an den Schalen anhaftende Stärke kann in ein Additiv umgewandelt werden, das die Eigenschaften von Beton verbessert. Der Rest wird verbrannt, und die Asche kann einen Teil des klassischen Portlands-Zements ersetzen. Da bei dessen Herstellung auf chemischem Wege viel Kohlendioxid freigesetzt wird, hat dies einen großen Einfluss auf die Treibhausbilanz des Betons. Der Maniok-Beton ist allerdings nicht mehr grau, sondern braun.

Auch außerhalb Afrikas gibt es laut Schmidt genug Möglichkeiten, den CO2-Fußabdruck von Beton zu senken. Das erfordere aber unter anderem ein für jede Region und jede Anwendung optimiertes Zement-Rezept. Dafür sei wiederum eine flexiblere Normung und eine bessere Ausbildung nötig.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Podcast (Podigee GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Podigee GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Normen seien, so Schmidt, wie Medizin: „Sie braucht eine bestimmte Dosierung, um richtig zu wirken, aber wenn man zu viel davon nimmt, wird’s irgendwann giftig. Unser Problem ist, dass wir mittlerweile eine Regulierung haben, die alles unterbindet, was innovationsfreundlich ist – und wir kaum noch die Möglichkeit haben, Innovationen kurzfristig in den Markt zu bringen. Im Moment haben wir sehr, sehr gut normierte Mittelmäßigkeit.“ Wir müssten dahin kommen, dass Ingenieure und Ingenieurinnen mit der Kompetenz ausgestattet würden, Dinge fallspezifisch zu betrachten.

Beton komplett zu ersetzen, etwa durch Holz, sei keine Lösung, meint der Experte. „Gerade in Schwellenländern wurde oft schon zu viel abgeholzt. Beton ist der einzige Rohstoff, der überall zur Verfügung steht. Die häufigsten Elemente der Erdkruste – Sauerstoff, Silizium, Aluminium, Eisen, Natrium, Kalium und Calcium – sind gerade die Elemente, aus denen Beton hergestellt wird.“

Mehr über das Thema Beton finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe 5/2021 von Technology Review (jetzt am Kiosk oder hier online zu bestellen).

MIT Technology Review Podcast

Hier finden Sie die Übersicht unserer drei Podcast-Formate: der wöchentliche News-Podcast "Weekly" sowie die monatlichen Podcasts "Unscripted" und "Deep Dive".

(bsc)