Mobilitätsdatenverordnung: ÖPNV-Infos sollen in Echtzeit veröffentlicht werden

Der Bundesrat hat für die Mobilitätsdatenverordnung gestimmt. Daten etwa zu Fahrplänen, Routen und Ticketpreisen werden auf einer Plattform gebündelt.

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(Bild: jamesteohart/Shutterstock.com)

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Für die individuelle Verkehrsplanung und -steuerung werden künftig deutlich mehr Informationen zur Verfügung stehen. Der Bundesrat hat am Freitag für den Entwurf einer Mobilitätsdatenverordnung des Bundesverkehrsministeriums mit einigen Änderungen gestimmt. Damit sollen künftig deutschlandweite Daten zu Fahrplänen, Routen und Ticketpreisen auf einer Plattform, dem sogenannten Mobilitätsdaten-Marktplatz (MDM), gebündelt werden.

Die Verordnung konkretisiert die Bereitstellungspflicht von Daten der Mobilitätsanbieter, die der Bundestag mit der Reform des Personenbeförderungsrechts im März beschlossen hatte. Ziel ist es, Reisen durch mehrere Verkehrsverbünde des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und mit verschiedenen Beförderungsmitteln zuverlässig zu organisieren.

Mit dem neuen Personenbeförderungsgesetz werden alle Fahrdienstunternehmer inklusive Anbietern wie Uber und Free Now verpflichtet, "wesentliche statische und dynamische Daten zu seiner Dienstleistung, die für das Angebot bedarfsgesteuerter Mobilitätsdienstleistungen, die Bereitstellung multimodaler Reiseinformationsdienste, die Verkehrslenkung sowie für den Klimaschutz wesentlich sind, standardisiert öffentlich und maschinenlesbar über einen nationalen Zugangspunkt bereitzustellen".

Laut der Mobilitätsdatenverordnung bezieht sich diese Vorgabe prinzipiell auch auf Kontaktdaten des Dienstleisters, Preise, Stationen und Anzahl verfügbarer Fahrzeuge inklusive Informationen zur "Auslastung in Echtzeit". Dazu kommen Auskünfte zum eingesetzten Fahrzeugpool, dessen Umweltstandard sowie zur Barrierefreiheit. Auch Daten zu Bezahl- und Buchungsmöglichkeiten sowie den tatsächlich abgerechneten Kosten fallen darunter. Die Nutzung der Informationen orientiert sich am Open-Data-Prinzip und darf nur eingeschränkt werden etwa für den Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder personenbezogener Angaben.

Auf Basis des vorgesehenen MDM sollen etwa App-basierte Mobilitäts- und Informationsdienste für Endkunden entwickelt und so zum Beispiel Pendlerverkehre über Verkehrsverbundsgrenzen hinweg deutlich erleichtert werden. Das Verkehrsressort spricht hier von einem "wichtigen Schritt hin zu einer effizienten, digitalen und umweltverträglichen Mobilität der Zukunft".

Die Länderkammer hat noch klargestellt, das auch Dritte die Möglichkeit haben, Dienste zu definieren und zu entwickeln. Nur so könne das Potenzial der Mobilitätsdaten ausgeschöpft werden. "Dabei werden Algorithmen und Verarbeitungsschritte genutzt", die aus Sicht des ÖPNV-Nutzers sinnvoll seien, unterstreicht der Bundesrat. Solche Programmroutinen könnten "zur Filterung, Aggregation und Interpretation von Daten führen oder diese voraussetzen".

Mit der eingefügten Klausel dürfen die bereitzustellenden Informationen verwendet und auch verändert werden, sofern dies "nicht zu einer Verfälschung des Dateninhalts führt". Die Länder setzten zudem durch, dass bei der Nutzung der Informationen nicht systemseitig ständig eine permanente Internetverbindung vorhanden sein muss. Geräte in Fahrzeugen, Offline-Apps zur Reiseinformation und die Verwendung der Daten auf gedruckten Plakaten sollen so nicht ausgeschlossen werden.

Um "größtmögliche Synergieeffekte" zu schaffen, sollen ferner nicht nur auf Länderebene betriebene Systeme bei der Datenbereitstellung eng eingebunden werden, sondern auch solche der Kommunen. Beim Linienverkehr gehe es zwar voraussichtlich hauptsächlich darum, Verbund- und Ländersysteme an den geplanten nationalen Zugangspunkt anzuschließen. Städten und Gemeinden sollten aber alle Optionen offenstehen.

"Wir machen Ernst mit der Modernisierung des öffentlichen Verkehrs", begrüßte Verkehrsminister Andreas Scheuer den Beschluss. "Jeder einzelne Busfahrplan in ganz Deutschland, jede Abfahrtzeit einer U-Bahn, wir stellen alle Infos an einer Stelle bereit." Welche App oder Website Nutzer auch immer zur Reiseplanung verwendeten, "keine Auskunft möglich" sei damit vorbei. Der CSU-Politiker ist sich sicher: "Dank digitalem Boost kommen wir künftig noch schneller und einfacher mit dem klimafreundlichen Nahverkehr von Tür zu Tür."

Die Pflichten zur Datenbereitstellung aus dem Personenbeförderungsgesetz, die Kritikern wie dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) viel zu weit gehen, treten stufenweise in Kraft. Im ersten Schritt geht es um statische Daten im Linienverkehr. Das Verkehrsministerium plant aber schon, die Verordnung zu erweitern. Anfang 2022 sollen so weitere Datenkategorien und zum 1. Juli 2022 erstmals Echtzeitdaten hinzukommen. Zeitgleich arbeitet das Ressort nach eigenen Angaben gemeinsam mit der Bundesanstalt für Straßenwesen an der technischen Weiterentwicklung des MDM zu einer "Mobilithek". Damit werde der Austausch von Daten in Echtzeit deutlich erleichtert.

(bme)