Instagram und die Kinder: "Facebook ist wie ein Tabakkonzern"

"Facebook weiß, dass man Kindern schade", sagte ein US-Senator bei der Anhörung zu Instagram. Mehrere Senatoren vergleichen den Konzern mit Zigarettendealern.

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Jugendliche mit Tablets

(Bild: George Rudy / Shutterstock.com)

Lesezeit: 9 Min.
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Wie sehr schaden Soziale Netzwerke Kindern? Diese Frage erörtern US-Senatoren beider Parteien, nachdem ein Whistleblower umfangreiche Dokumente über Instagram aus Facebooks Konzernzentrale an das Wall Street Journal (WSJ) übermittelt hat. "Wir haben jetzt tiefen Einblick in Facebooks unerbittliche Kampagne zur Rekrutierung und Ausbeutung junger Nutzer", sagte Senator Richard Blumenthal, Vorsitzender des Verbraucherschutz-Unterausschusses, bei einer Anhörung am Donnerstag.

"Während Facebook öffentlich abstreitet, dass Instagram Teenagern schwer schadet, haben Facebooks Forscher und Experten intern seit Jahren Alarm geläutet", fuhr der Demokraten-Politiker fort. Im März 2020 hatten Facebook-Mitarbeiter intern ihre Forschungsergebnisse vorgestellt: "32 Prozent der Mädchen im Teenager-Alter gaben an, dass, wenn sie unzufrieden über ihren Körper sind, Instagram-Nutzung sie sich schlechter fühlen lässt." Auf Instagram kann eine endlose Reihe augenscheinlich perfekter Körper und Lebenswandel bewundert werden. Das könnte Teenager, die sich mit diesen Darstellungen vergleichen und unmöglich mithalten können, unglücklicher machen.

Schon im Jahr davor hatte eine interne Facebook-Präsentation es so zusammengefasst: "Wir machen Probleme mit dem eigenen Körperbild schlimmer für jede dritte Teenagerin". Vielleicht noch schwerwiegendere Ergebnisse standen auf einer weiteren Facebook-Folie, die dem WSJ vorliegt: "Teenager geben Instagram die Schuld an zunehmender Angst und Depression." Facebook-Forscher hatten alarmierende Erkenntnisse gewonnen: Sechs Prozent der US-amerikanischen und sogar 13 Prozent der britischen Teenager mit Suizidgedanken führten den Wunsch, sich selbst das Leben zu nehmen, auf Instagram zurück.

Jeder fünfte Teenager gab an, dass Instagram-Nutzung sie sich schlechter fühlen lässt. Zudem haben Facebooks eigene Experten herausgefunden, dass diese Ergebnisse nicht in gleichem Ausmaß für alle Sozialen Netzwerke gelten. Während etwa TikTok auf artistische Aufführungen setze, und Snapchats humorige Filter den Fokus auf das Gesicht lenken, geht es bei Instagram vor allem um den Körper sowie Wohlstand und den damit verbundenen Lebenswandel.

Hinzu kommt, dass Instagrams endlose Reihe neu angezeigter Beiträge zu stundenlangen Sitzungen führt. Facebooks Forscher haben festgestellt, dass viele Jugendliche wissen, dass Instagram nicht gut für sie ist – gleichzeitig können sie nicht davon lassen. Die Algorithmen des Dienstes, die die Nutzung steigern sollen, funktionieren offenbar gut.

Diese Algorithmen leiten die Nutzer nicht selten zu unpassenden Beiträgen. Sucht ein Mädchen beispielsweise nach Fitness-Tipps, kann in der Instagram-App bald eine Flut an Diät-Typs, Anleitungen zu Gewichtsverlust und Bildern "idealer" Körper folgen.

Facebook sucht, die geballten Vorwürfe zu entkräften. Diese Woche hat Facebooks Forschungschefin gesagt, dass Instagram nicht "toxisch für Jugendliche" sei. Instagram-Chef Adam Mosseri hat darauf hingewiesen, dass Angaben Befragter nicht immer den Tatsachen entsprechen. Und die am Donnerstag zur Senatsanhörung angetretene Sicherheitschefin des Datenkonzerns, Antigone Davis, betonte, dass die internen Studien falsch interpretiert würden. Außerdem zeigten sie bloß Korrelation, keine kausalen Zusammenhänge.

Diese Argumente mögen stimmen, doch untergräbt Facebook sie durch mangelnde Offenheit. Erst im August haben Senator Blumenthal und seine Republikaner-Kollegin Martha Blackburn einen Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg geschickt. "Hat Facebooks Forschung jemals gezeigt, dass seine Plattformen und Produkte einen negativen Effekt auf die geistige Gesundheit oder das Wohlbefinden von Kindern und Teenagern haben können?", fragten die Senatoren ausdrücklich.