Missing Link: Inside N26 – Hire & Fire, kranker Arbeitsrhythmus und Pannen

Eine kranke Firmenkultur, ein Rätsel, "dass es irgendwie läuft" – sagen Ex-Mitarbeiter von N26. Die Handy-Bank selbst sieht sich als "starke Arbeitgebermarke".

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(Bild: Aleksey Boyko/Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Frühere und aktuelle Mitarbeiter von N26, die mit heise online unter der Bedingung der Wahrung ihrer Anonymität gesprochen haben, erzählen eine gruselige Geschichte über die Betriebs- und Arbeitskultur bei der Neobank. Vor allem im Bereich Kundendienst vergab das Berliner Unternehmen demnach lange fast nur Kurzzeitverträge, um Angestellte rasch wieder loswerden zu können. Mitarbeitermotivation soll ein Fremdwort, die Belastung enorm gewesen sein. Die Firma sei nur noch am Leben, heißt es, "weil viele Nutzer den Kundenservice nie kontaktieren".

"Missing Link"

Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

Das Management führt die 2013 gegründete Direktbank den persönlichen Einblicken zufolge wie ein Start-up, obwohl sie längst den Kinderschuhen entwachsen sein sollte. Vieles sei auch technisch mit heißer Nadel gestrickt. Dazu komme ständig die Angst, aufgrund immer wieder passierender Fehler wie bei der Geldwäscheprävention die alles entscheidende Banklizenz zu verlieren. Die Vorgaben der Aufsicht BaFin seien prinzipiell streng, sodass nach ein paar Warnungen schnell Schluss sein könne. Auch ein verstärktes Verbot der Annahme neuer Kundengelder sowie weitere saftige Geldbußen drohen.

Intern sei vieles außer Kontrolle, hat einer der nicht weiter beschäftigten Mitarbeiter – nennen wir ihn Karl – den Eindruck gewonnen. Auch führende Angestellte wüssten über die Verfahren im Finanzsystem nicht wirklich Bescheid und hätten keinen blassen Schimmer, wie eine Bank funktioniere. Beziehungen seien für den Aufstieg mehr gefragt als Know-how: "Es ist ein Mysterium, dass es überhaupt irgendwie läuft."

Bis es gelungen sei, gegen den Widerstand der Unternehmensspitze im Sommer 2020 einen Betriebsrat einzusetzen, habe kein ihm bekannter Kollege im Bereich Kundendienst einen festen Vertrag gehabt, erinnert sich Karl. Nur auf dem Führungslevel seien längere Bindungen akzeptiert worden. Just in dem Zeitraum, in dem die neue Mitarbeitervertretung gewählt worden sei, habe die Firma ihn vor die Tür gesetzt. Dabei habe ihn sein Manager zwei Monate vorher noch beruhigt: Die Situation sei gut, es gebe keinen Grund, den Vertrag nicht zu verlängern. Damit wäre er quasi fest angestellt worden, da es nach zwei Jahren nicht mehr möglich ist, noch einmal eine kurze Frist zu vereinbaren.

"Um aufzusteigen, habe ich mich intern auf viele Stellen beworben", erzählt der Geschasste. "Aber sie waren angeblich alle schon vergeben." Kein Wunder, da sein Teamleiter alles rund um ihn herum mit Freunden besetzt habe und Vetternwirtschaft in vielen Bereichen Teil der Firmenkultur gewesen sei. Interne Jobofferten hätten oft nur ein, zwei Stunden offen gestanden. Zur Last gelegt habe man ihm letztlich auch schlechte Kundenbewertungen. Die stammten in der Regel aber von Betrügern, "die kein Konto öffnen konnten oder N26 nicht mochten". Er sei auch alles andere als ein Einzelfall: "Die haben immer wieder Hunderte Leute gefeuert nach spätestens zwei Jahren."