Batterie-Fortschritt: In fünf Minuten auf 90 Prozent

Das britische Start-Up Nyobolt entwickelt schnell ladende Lithium-Ionen-Batterien mit Anoden aus Niobwolframoxid.

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E-Autos würden von flotterem Laden enorm profitieren.

(Bild: Shutterstock.com / buffaloboy)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Rund eine halbe Stunde brauchen heute Lithium-Ionen-Batterien in einem Elektroauto, um sich selbst an Schnellladestationen auf mindestens 80 Prozent aufzuladen. Allzu oft sollte das nicht geschehen, da unter der starken Wärmeentwicklung beim schnellen Laden Leistung und Lebensdauer des Stromspeichers leiden. Nun suchten Forschende um Clare Grey von der britischen Cambridge University eine Lösung für beide Probleme.

Auf der Basis langjähriger Grundlagenforschung fanden sie in dem Anodenmaterial Niobwolframoxid (NWO) eine gute Alternative zu dem sonst genutzten Grafit. Erste Prototypen der Lithium-Ionen-Batterien mit NWO-Anode ließen sich tatsächlich in weniger als fünf Minuten auf mehr als 90 Prozent ihrer Ladekapazität bei reduzierter Wärmeentwicklung aufladen. Dieses Ergebnis wurde vergangene Woche auf der diesjährigen Falling Walls-Konferenz in Berlin als "Durchbruch für Batterien der nächsten Generation" geehrt.

Grey und Kollegen fokussierten sich bei ihrer Arbeit auf die elektrochemischen Gründe, warum sich Lithium-Ionen-Batterien bisher nicht deutlich schneller aufladen lassen. Sie entdeckten, dass dabei die mangelnde Beweglichkeit der Lithium-Ionen eine wesentliche Rolle spielt. "Und wenn sich Lithium-Ionen nicht gut bewegen können, wird auch die Batterie warm", sagt Grey. Das ist durchaus kritisch, da bei Temperaturen von mehr als 60 Grad Celsius Stabilität und Langlebigkeit der Stromspeicher leidet. Doch Niobwolframoxid zeigte nun genau die gewünschte Beweglichkeit: Lithium-Ionen konnten sich um ein Vielfaches schneller in diesem Metalloxid bewegen und einlagern als in Grafit. Als Maßstab wählte Grey die Diffusionslänge der Lithium-Ionen, die in einem Zeitraum von drei Minuten bei Grafit ein Mikrometer und bei Niobwolframoxid 33 Mikrometer betrug.

In bereits weit gereiften Prototypen ersetzten die Forschenden das Grafit gegen Niobwolframoxid. Für die Kathode wählten sie kommerziell genutzte Materialien wie Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) oder Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Oxide (Li-NMC-622). Die Speicherkapazitäten wiesen vergleichbare Werte auf wie in Batterien mit Anoden aus Grafit. Doch dafür reduzierten sich die Ladezeiten drastisch auf weniger als fünf Minuten. Zugleich erwärmten sich die Batterien nur auf höchstens 40 Grad Celsius. Selbst nach mehreren hundert Ladezyklen behielten die Prototypen eine hohe Speicherkapazität von etwa 90 Prozent. Nun streben die Forschenden eine drastisch längere Langlebigkeit von mehr als 10.000 Ladezyklen an.

Für den Weg zur Serienproduktion gründeten Clare Grey und Kollegen das Unternehmen Nyobolt in Cambridge. Nach ersten Testläufen der schnell ladenden Lithium-Ionen-Batterie mit Staubsaugerrobotern und Spielzeugautos könnte bald ein Praxiseinsatz in den Rennsportboliden der Formel-E folgen. Erste Kontakte bestehen bereits. Doch Clare Grey hat weitere Ziele im Blick. Sie will die Nachhaltigkeit von Elektroautos steigern, indem diese nicht von immer größeren, sondern bewusst von kleineren und dafür schnell ladenden Batterien angetrieben werden. "Wenn man sich auf ein schnelles Laden an vielen Stationen verlassen kann, dann akzeptiert man auch kleinere und nachhaltigere Batterien", so Grey.

(bsc)