Wie ein kleines Molekül das Gehirn repariert

Auf dem synthetischen Stoff ISRIB ruht derzeit die Hoffnung der Hirnforschung. Bei Mäusen regeneriert er verletzte und demente Gehirne.

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(Bild: Grafik: PDB ID, Mol* (D. Sehnal, S. Bittrich, M. Deshpande, R. Svobodová, K. Berka, V. Bazgier, S. Velankar, S.K. Burley, J. Koča, A.S. Rose (2021). doi: 10.1093/nar/gkab314), RCSB PDB)

Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Adam Piore
Inhaltsverzeichnis

Carmela Sidrauski war nicht auf der Suche nach einem Wundermittel. Sie testete nur Tausende von Molekülen in einem halbautomatischen Hochdurchsatzverfahren im Labor von Peter Walter an der University of California, San Francisco. Eine der Substanzen, die der Automat aussortiert hatte, machte sie neugierig. Sie verschob die Probe in die Gruppe, die sie weiter untersuchen wollte.

Das war im Jahr 2010; heute klingt die Liste der möglichen therapeutischen Anwendungen für dieses Molekül fast zu schön, um wahr zu sein: Das Molekül hat Mäusen Monate nach traumatischen Hirnverletzungen das Gedächtnis zurückgegeben, und es zeigt Potenzial bei der Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und amyotropher Lateralsklerose, kurz ALS. Es scheint sogar altersbedingten kognitiven Abbau zu bremsen und hat gesunden Mäusen ein fast fotografisches Gedächtnis verliehen.

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Sidrauski sieht den Anker für die Wirkung des Moleküls im Stress des Gehirns, den Verletzungen oder neurologische Krankheiten auslösen. Hat das Gehirn ein solches Problem, schaltet es kognitive Funktionen wie die Gedächtnisbildung ab, um sich zu schützen. Sidrauskis Molekül kehrt diesen Vorgang um. „Es ist sehr aufregend, dass wir einen Signalweg modulieren können, der bei vielen verschiedenen pathologischen Zuständen eine zentrale Rolle spielen könnte“, sagt sie.