Omikron BA.2: Wesentlich ansteckender, aber nicht gefährlicher als das Original

Bereits etwa ein Viertel der COVID-19-Infektionen in Deutschland gehen auf das Konto des Omikron-Subtyps. BA.2 könnte die aktuelle Welle in die Länge ziehen.

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(Bild: narongpon chaibot/Shutterstock.com)

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Die aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts sprechen eine deutliche Sprache. Der Omikron-Subtyp BA.2 gewährt auch uns in der aktuellen Welle keine Verschnaufpause – so wie bereits Dänemark, Indien oder Südafrika. In diesen Ländern hat BA.2 den Subtyp BA.1 bereits verdrängt.

Innerhalb einer Woche ist der Anteil der COVID-19 Infektionen in Deutschland von knapp 15 auf 24 Prozent angestiegen. Vermutlich liegt er genau jetzt schon wieder deutlich höher, denn die Berichte des RKI beziehen sich auf die Werte der Vorwoche, in diesem Fall auf die Kalenderwoche 7.

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Obwohl der Subtyp BA.2 auch eine Omikron-Variante ist, unterscheidet er sich doch in zahlreichen Mutationen – vor allem am Spike-Protein – von der derzeit bei uns noch vorherrschenden Variante BA.1. An insgesamt 27 Stellen im Genom variieren BA.1 und BA.2 voneinander. Diese Mutationen machen BA.2 anscheinend leichter übertragbar – sprich: ansteckender. Ansonsten ähnelt es im Verhalten dem inzwischen vertrauten BA.1-Subtyp stark. Es ist ebenso gut darin, den Antikörper-Antworten des Immunsystems auszuweichen und damit trotz Impfung Erkrankungen auszulösen. Die verlaufen allerdings bei dreifach Geimpften dank der viel breiter aufgestellten Immunantwort in der Regel mild. Menschen, die lediglich mit einer anderen Variante infiziert waren, sind nahezu genauso ungeschützt wie Personen, die noch gar keinen Kontakt mit SARS-CoV-2 hatten.

Diese ausgeprägte Fähigkeit, die Schutzmechanismen des Immunsystems zu umgehen, ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb die Omikron-Variante Delta innerhalb kurzer Zeit abgelöst hat. Und BA.2 scheint BA.1 nach einem ähnlichen Prinzip zu verdrängen. Erste Hinweise darauf stammen aus einer dänischen Studie, die zeigt, dass sich – wenn auch nur wenige – Menschen mit BA.2 infiziert haben, nachdem sie kurz zuvor eine BA.1-Infektion durchgemacht hatten. Die Studienergebnisse legen nahe, dass die Antikörper-Antwort, die Omikron auslöst, sehr spezifisch ist. Was diese Ergebnisse für Auswirkungen in der verlängerten Omikron-Welle haben werden, ist bisher noch nicht absehbar.

Eine dänische Forschungsgruppe vermutet jedoch noch andere Ursachen hinter der Verdrängung von BA.1 durch BA.2. Sie haben über 8.000 dänische Haushalte analysiert und festgestellt, dass alle – ungeimpfte, doppelt geimpfte und geboosterte Menschen – anfälliger für eine BA.2- als für eine BA.1-Infektion waren. Und bis auf Durchgeimpfte gaben auch alle Infizierten BA.2 häufiger an andere weiter als BA.1. Damit müssen – so vermuten die Dänen – noch andere Faktoren, als Ausweichmanöver gegenüber dem Immunsystem eine Rolle spielen.

Auch wenn BA.2 etwa 1,4-mal infektiöser sein könnte, gibt es bisher keine Anzeichen für schwerere Krankheitsverläufe. Eine südafrikanische Studie mit über 90.000 Menschen hat den Übergang von BA.1 zu BA.2 in dem Land epidemiologisch begleitet und keine Anzeichen für schwerere Krankheitsverläufe gefunden.

Aber dennoch könnte die Ausbreitung von BA.2 das hiesige Gesundheitssystem noch einmal kritisch belasten. Wenn in Kürze die Corona-Maßnahmen stark zurückgefahren werden, hat der infektiösere Subtyp leichtes Spiel bei der Verbreitung. In Dänemark, mit vorherrschendem BA.2-Subtyp, mit aufgehobenen Corona-Schutzmaßnahmen, aber sehr hoher Impfquote, liegt die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit bei etwa 3.000 – wieder mit einer deutlichen Belastung der Krankenhäuser.

(jsc)