Chemiker entwickeln Pizza-Teig ohne Hefe

Ein italienisches Forscherteam hat einen perfekten Pizza-Teig entwickelt, der keine Hefe enthält. Vorbild für das Verfahren ist die Herstellung von Schaumstoff.

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Für eine ganze Pizza reichte es noch nicht: Die Forschenden konnten bislang nur kleine Mengen des hefefreien Teigs herstellen.

(Bild: Francesco Paolo Desiderio/University of Naples Federico II)

Lesezeit: 4 Min.

Wie stellt man Pizza-Teig her? Klassischerweise mit Mehl, Wasser, Salz und Hefe. Pietro Renato Avallone, Doktorand an der Universität Neapel Federico II, hat gemeinsam mit Kollegen nun allerdings ein Verfahren entwickelt, das ohne Hefe auskommt. Nicht ganz uneigennützig: Denn Avallone selbst bekam im Alter von 25 Jahren eine Hefe-Allergie.

Die Methode, die im Fachjournal AIP Physics of Fluids vorgestellt wurde, könnte nicht nur Menschen helfen, die gegen Hefe allergisch sind. Sie ermöglicht auch völlig neue, industriell hergestellte Backwaren zu entwickeln, schreiben die Autoren.

Ganz neu ist die Idee genau genommen nicht. Bereits 1862 entwickelte der britische Chemiker John Dauglish ebenfalls ein Verfahren, um die Hefe beim Brotbacken zu ersetzen: Ein Prozess, bei dem mit Kohlensäure angereichertes Wasser unter hoher Geschwindigkeit in den Teig eingerührt wurde. Damit wurde gleichzeitig auch das manuelle Kneten des Teiges überflüssig, das Dauglish für unsauber und ungesund hielt. Das ermöglichte der von Dauglish gegründeten "Aereated Bread Company" Brot in ihren Fabriken in nur drei, statt der zuvor üblichen zehn Stunden herzustellen – und auch beträchtliche Kosten zu sparen. Der Prozess wurde allerdings später durch andere industrielle Backverfahren abgelöst, bei denen man kostengünstigeres Mehl verarbeiten konnte.

Tatsächlich ist auch das neue Verfahren eher für eine Fabrik geeignet als für die heimische Küche, denn es ist inspiriert durch eine neue Methode für die Herstellung von PU-Schäumen, die etwa für Dämmplatten verwendet werden. Dabei wird die Reaktionsmischung unter Druck mit einem physikalischen Treibmittel versetzt, das sich in der Flüssigkeit löst. Nach einem schnellen Druckabfall bei einem Zwischendruck, bildet sich eine Vielzahl von Blasen, gefolgt von einem langsamen Druckabfall, bei dem der Schaum aushärtet.

Ganz ähnlich gingen jetzt Avallone und seine Kolleginnen und Kollegen vor: Sie stellten den klassischen, aber hefefreien Pizza-Teig her und gaben diesen in einen sogenannten Autoklav, einen gasdicht verschließbaren Druckbehälter, in den sie Luft, Helium oder Kohlendioxid pumpten. Den aufgebauten Druck ließen sie dann bei gleichzeitigem Beheizen langsam wieder ab.

"Dreh- und Angelpunkt des neuartigen Prozesses ist die auferlegte Druckhistorie, die sich sowohl nach dem Auflösungsprozess als auch nach der Kinetik der Aushärtung (Backen im Falle von Brot oder Pizza) richten muss", schreiben die Forschenden. Um die notwendigen Parameter zu finden, mussten sie daher zunächst die mechanischen Eigenschaften von Pizza-Teig messen: Physikalisch betrachtet ist Teig "weicher Feststoff, der als ein gefülltes elastomeres Netz aus harten Stärkepartikeln angesehen werden kann". Die Hefe sorgt dafür, dass in diesem Netz CO₂ freigesetzt wird, das die – gewünschte – Änderung des Volumens bewirkt. Um den Prozess im Detail zu studieren, steckten die Forschenden ihren Teig in ein rheologisches Messinstrument, und verfolgten den Prozess des Gehens mit Zeitraffer-Aufnahmen, die durch eine Bilderkennungs-Software lief, um die Volumenänderung zu messen.

Mit Hilfe der so gewonnenen Daten konnten die Forschenden ihren Prozess dann optimieren: Der hefefreie Teig wurde in den Autoklav gegeben, in dem sie den Druck innerhalb von 30 Sekunden linear auf sechs Bar erhöhten. Danach wurde der Druck 70 Sekunden lang konstant gehalten, gefolgt von einem linearen Druckabbau auf Umgebungsdruck innerhalb von rund zehn Minuten bei einer Temperatur von 150 Grad. Als bestes Treibmittel erwies sich Kohlendioxid.

Der endgültige Geschmackstest für die hefefreie Pizza steht allerdings noch aus, denn bislang konnten die Forschenden nur kleine Teigmengen verarbeiten. Laut Science haben sie aber bereits einen Autoklav bestellt, in dem sie eine komplette Pizza herstellen können.

(wst)