Die Popkomm zwischen Internet, Umsatzeinbrüchen und Kaffeesatzleserei

Bei der Musikmesse bewegt vor allem das Internet die Gemüter: Wie lässt sich mit Musik im Netz Geld verdienen -- und wie können die von der Musikindustrie nahezu unisono beklagten illegalen Angebote wirksam eingedämmt werden?

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Popkomm in Zeiten der Krise: Mit einem deutlich verkleinerten Ausstellerfeld und nach einem Jahr dramatischer Umsatzeinbrüche startet an diesem Donnerstag die Musikmesse Popkomm in Köln. 784 Aussteller aus 29 Ländern haben sich nach neuesten Angaben zur 14. Auflage eines der weltgrößten Musikbranchentreffs angesagt -- knapp 5 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Produzenten, Plattenbosse, Verleger, Komponisten und Musiker erhoffen sich von der dreitägigen Messe positive Impulse und kreative Geschäftsmodelle -- und die Musikindustrie wünscht sich dies natürlich besonders mit Blick auf die Musikpiraterie im Internet. Zumindest nach den Zahlen der Branche haben die illegalen Online-Angebote von Musik und das CD-Brennen im Jahr 2001 zu einem Umsatzminus von mehr als zehn Prozent in Deutschland geführt: Auch auf der Popkomm wird des Zähneklapperns im Angesicht der Krise kein Ende sein.

Beim Kongress in den Kölner Messehallen bewegt daher auch vor allem das weltweite Datennetz die Gemüter, berichtet dpa: Wie lässt sich mit Musik im Netz wirklich Geld verdienen -- und wie können die von der Musikindustrie nahezu unisono beklagten illegalen Angebote wirksam eingedämmt werden? Fragen, die in Konferenzen, Diskussionen und Vorträgen erörtert werden. Erst am vergangenen Freitag hat der Plattenkonzern Universal sein Webportal popfile.de gestartet, auf dem 5.000 Songs von Universal-Künstlern zum kostenpflichtigen Download bereitstehen. Andere Sites wie die Label übergreifenden Portale Pressplay und Musicnet sind zwar schon in den USA, nicht aber in Europa verfügbar -- jedoch bezweifeln viele schon jetzt, dass sich diese Internet-Musikangebote großer Beliebtheit erfreuen werden, da sie mit rigiden Beschränkungen durch Digital Rights Management arbeiten.

Die üblichen Verdächtigen versuchen sich auf der Popkomm wieder einmal als Auguren für die Zukunft der Branche: "Wie tickt die Jugend?", scheint die wichtigste Frage für Musiker wie Smudo von den Fantastischen Vier oder Manager wie Viva-Gründer Dieter Gorny zu sein. Das Konsumverhalten, die Mediennutzung und neue Trends der Jugend 2002 werden in der Trendstudie "Timescout" vorgestellt. Der kulturelle und gesellschaftliche Stellenwert von Popmusik ist Thema der Gastrede von Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin. Außerdem diskutieren Bundes- und Landespolitiker der großen Parteien über das Verhältnis von Pop und Politik; der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) wird ebenfalls in Köln erwartet. Die Wahlmüdigkeit von Jugendlichen wollen deutsche Stars wie Jeanette Biedermann, Sarah Connor und Wonderwall brechen: Sie starten die Initiative "Vote -- Ohne Stimme hört dich keiner" -- eine parteiübergreifende Wahlkampagne der Musikindustrie.

Unberührt von der Krise scheint zumindest auf den ersten Blick die Musik selbst -- Stars, Sternchen und hoffungsvolle Newcomer allenthalben. Mehrere 100 Bands und Interpreten präsentieren sich zur Popkomm in den Kölner Clubs, Bars und Konzerthallen -- die Labels hoffen auf neuen Anschub für ihre Geschäfte. Beim von der Popkomm unabhängigen Ringfest sollen Acts wie Right Said Fred am Wochenende wieder Hunderttausende in die Kölner Innenstadt locken. Für Glamour sorgen die Popkomm-Gala und die Verleihung des Medienpreises Comet. Die Gala mit Stars wie Xavier Naidoo, Ronan Keating und Bro'Sis gibt am Mittwochabend den musikalischen Startschuss zur Messe. Der Comet, hinter dem Viva und ZDF stehen, wird zwei Tage später vergeben: Internationale Popgrößen wie Anastacia, Ashanti, Die Toten Hosen und Enrique Iglesias sind für Preise nominiert und treten live auf. Ob die Musikangebote allerdings die Kritik vieler Beobachter verstummen lassen können, die Musikindustrie sei mit ihren mittelmäßigen Offerten selbst schuld am Umsatzrückgang und nicht etwa die viel beklagte Raubkopiererei, bleibt abzuwarten. (jk)