Infineon-Chef: Vorerst keine Produktionserweiterung in Dresden

Ulrich Schumacher sieht sein Unternehmen nicht als "Patienten auf einer Intensivstation".

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Infineon-Vorstandschef Ulrich Schumacher sieht sein Unternehmen nicht als "Patienten auf einer Intensivstation". Aber das Marktumfeld sei nach wie vor sehr schwierig, sagte er in einem Interview mit der Dresdner Neuesten Nachrichten (DNN). Diese Situation erfordere seine volle Arbeitskraft, sagte Schumacher auf die Frage, warum er den Chefposten bei der Deutschen Telekom nicht annehmen wolle. "Wir sind sehr vorsichtig und können noch keine Entwarnung geben."

"Wir haben uns nachhaltig auf die drei Segmente Kommunikation, Automobil und Speicher fokussiert und gewinnen weltweit in allen Segmenten kontinuierlich Marktanteile hinzu. In jedem unserer Geschäftsbereiche gehören wir heute schon zu den ersten Drei", meint Schumacher. Die Lücke, die durch den Ausstieg aus dem Gemeinschaftunternehmen mit Mosel Vitelic in Taiwan entstehe, könne beispielsweise durch eine Kapazitätserweiterung der 300-Millimeter-Produktion in Dresden ausgeglichen werden. Dafür sei Dresden aber nicht vorab erste Wahl. Die Serienproduktion auf 300-mm-Wafern begann in Dresden Ende des vergangenen Jahres.

Zum Thema einer Produktionserweiterung in Dresden sagte Schumacher, die Möglichkeit bestehe zwar, doch seit 1993 habe Infineon, vormals Siemens, dort rund 3 Milliarden Euro investiert. "Jetzt schon von einem vierten Modul zu träumen, wo das dritte noch nicht hochläuft, wäre leichtfertig. Unser 300-Millimeter-Modul kommt bei maximaler Kapazität auf rund 25.000 Scheiben pro Monat." Die langfristige Profilierung Dresdens als Entwicklungsstandort sei wichtiger als die reine Vergrößerung der Produktion. Beim Entwicklungsstand habe Infineon einen Vorsprung gegenüber dem Hauptkonkurrenten Micron von etwa 15 Monaten. Entscheidend sei, wann die gesamten Produktionskapazitäten auf 300 Millimeter umgestellt sind und damit die volle Kostenersparnis von 30 Prozent erreicht werde. Hier betrage der Vorsprung vier bis fünf Jahre.

Infineon plane, so Schumacher, dass spätestens in den nächsten drei Quartalen in Dresden die vollen 300-Millimeter-Produktionsvorteile genutzt werden, um dann 30 Prozent günstiger produzieren zu können als in 200-Millimeter-Linien. Was Infineon in Dresden erreicht habe, könne mit Entwicklungen in Taiwan und China ohne weiteres mithalten. "In Europa werden sie nichts dergleichen finden", sagte Schumacher auf die Frage der DNN, ob das reiche, was sich in und um Dresden an Mikroelektronik angesiedelt hat, um im internationalen Vergleich zu bestehen.

Mit Blick auf die neue und alte Regierungskoalition sagte Schumacher, "in Berlin deuten sich momentan keine Maßnahmen an, die Arbeitsplätze schaffen oder Investoren ins Land locken". Vor vier Wochen habe es noch eine Hoffnung auf Erneuerung gegeben, doch die derzeitigen Anzeichen sprächen nicht dafür. (anw)