Mercedes T-Klasse im Fahrbericht: Mehr als nur pragmatisch?

Eine Lücke für die T-Klasse zu finden, wird nicht einfach. Mercedes unternimmt den nächsten Anlauf, den Pragmatiker nobler zu verpacken. Eine erste Ausfahrt.

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Mercedes T-Klasse

(Bild: Mercedes)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Franz
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In einer Hinsicht braucht Mercedes keinerlei Bedenken haben: Konkurrenz hat die neue T-Klasse reichlich. VW Caddy, Renault Kangoo und intern der Citan sind nur einige etablierte Vertreter in diesem Segment. Die Strategen bei Mercedes sind sich dessen natürlich bewusst und versuchen es mit einer Flucht nach oben. Zielgruppe sind nun Interessenten, die dem Thema Auto pragmatisch gegenüberstehen, gleichzeitig aber Wert darauf legen, einen Mercedes zu fahren. Wie groß diese Käuferschaft tatsächlich ist, wird sich zeigen. Eine erste Ausfahrt mit der T-Klasse offenbart, so viel sei schon verraten, keine Qualitäten, die es nicht auch andernorts zu kaufen gäbe.

Würden Auto-Kaufentscheidungen nach streng pragmatischen Gesichtspunkten fallen, Hochdachkombis wie die T-Klasse wären vermutlich Bestseller. Die Wirklichkeit sieht grundlegend anders aus. In erster Linie greifen Handwerksbetriebe zu, als Familientransporter sind diese Autos kaum gefragt. In beiden Fällen ist die Käuferschaft preissensibel. Die vergleichsweise teure T-Klasse wird sich also nicht ganz leichttun, eine ausreichend große Zahl an Kunden einzusammeln.

Mercedes bietet zwei Karosserielängen an, und schon die kurze Variante mit 4,5 m Gesamtlänge bietet reichlich Raum. Im kommenden Jahr folgt die XL-Version, die nochmals 40 cm länger ist. Mercedes nennt für den Kofferraum der von uns gefahrenen, kurzen Variante 520 bis 2390 Liter. Die Ladekante ist nur 56 cm hoch. Auf der Rückbank haben drei Kindersitze Platz, die Isofix-Haken sind vorbildlich einfach zu erreichen.

Gewünscht hätten wir uns noch eine horizontale Verstellmöglichkeit, die sich Mercedes erstaunlicherweise gespart hat. Verwunderlich erscheint auch, dass es zwar einen stabilen Handy-Halter in der Nähe der A-Säule gibt und Mercedes auch eine induktive Lademöglichkeit anbietet, doch niemand daran gedacht hat, beides miteinander zu kombinieren. "Gedankenlos" wäre dafür eine euphemistische Beschreibung.

Keine große Auswahl gibt es derzeit bei den Motoren. Mercedes bietet zum Start je zwei Benziner und Dieselmotoren an. Wir waren mit dem stärkeren Benziner unterwegs, der mit 96 kW und 240 Nm für fast alle Belange des Alltags mehr als nur ausreichend gewappnet scheint. Da das Fahrzeugformat ohnehin nicht dazu einlädt, möglichst dynamisch sein Ziel zu erreichen, würden wir die kleinere Maschine mit 75 kW empfehlen. Leider lässt sie sich nicht mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe kombinieren, und das ist ausgesprochen schade, denn mit dem 96-kW-Benziner harmoniert es ganz ausgezeichnet.

Mercedes T-Klasse (11 Bilder)

Quadratisch, praktisch, teuer: Die Mercedes T-Klasse soll sich von den etablierten Konkurrenten absetzen.

Wünschen würden wir uns eine noch etwas bessere Dämmung, denn der 1,3-Liter-Vierzylinder wird gerade unter Last brummig. In den Modellen auf Plattform der A-Klasse, wo diese Motorenbasis seit Jahren verbaut wird, ist er hörbar wirkungsvoller gekapselt. Den Verbrauch gibt Mercedes für den T 180 mit DKG im WLTP mit 6,6 Litern an.

Die eingangs beschriebene Flucht nach oben wird vor allem in der Preisliste deutlich. Schon das Basismodell kostet 29.314 Euro, inklusive Kunststoff-Lenkrad und Halogen-Scheinwerfern. Die Möglichkeiten, die T-Klasse aufzurüsten, sind vielfältig, aber teuer. Eine gute Idee ist die Dachreling mit integriertem Grundträger und die Chance, das Auto ab Werk auch mit Ganzjahresreifen ordern zu können. Empfehlen würden wir die Einparkhilfe hinten, die Rückfahrkamera erleichtert mit ihrem scharfen Bild das Rangieren ebenfalls erheblich.

Überlegenswert ist auch die Option, statt der riesigen Heckklappe zwei Türen als Zugang zum Kofferraum zu nehmen – Mercedes verlangt dafür noch nicht einmal Aufpreis. Das gilt auch für ein paar Assistenten. So sind unter anderem ein Seitenwind- und ein aktiver Spurhalte-Helfer ohne Aufpreis inklusive. Letzterer erledigt seinen Job überzeugender als zuletzt in vielen Testwagen erlebt.

Mit ein paar Extras überspringt die T-Klasse mit dem stärkeren Benziner und Doppelkupplungsgetriebe rasch die Marke von 35.000 Euro. Zum Start gibt es allerdings ein recht umfangreich ausgestattetes Sondermodell für 32.487 Euro. Ein Schnäppchen ist das nur innerhalb der T-Klasse-Preisliste, dort allerdings ein herausragendes. Denn die "Editions"-Variante ist erstaunlich umfangreich ausgestattet.

(mfz)