Umweltgipfel Stockholm+50 beendet – Klimaschützer enttäuscht

In Stockholm wurde diskutiert, wie man drängende Maßnahmen schneller angehen kann. Klimaschützer halten wenig von der Konferenz – und gehen auf die Straße.

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(Bild: Elizabeth A.Cummings/Shutterstock.com)

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  • dpa
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Begleitet von einem großen Klimaprotest ist der internationale Umweltgipfel Stockholm+50 zu Ende gegangen. Empfehlungen der Konferenz spiegelten die Entschlossenheit der Teilnehmer wider, die Umsetzung der Verpflichtungen für einen gesunden Planeten zum Wohle aller dringend zu beschleunigen, bilanzierte Schwedens Klima- und Umweltministerin Annika Strandhäll am Freitagabend zum Abschluss des zweitägigen Treffens.

Der Gipfel habe die Notwendigkeit betont, die aus Klimawandel, Artensterben und Verschmutzung bestehende dreifache Krise auf der Erde gemeinsam zu bekämpfen, sagte Strandhäll. Man unterstreiche, dass es dringend mutige und bewusste Taten sowie klaren politischen Willen brauche, um das Handeln zu beschleunigen. "Business as usual ist keine Option mehr. Wir müssen überdenken und neu definieren, wie wir wirtschaftlichen Erfolg und Wachstum messen", sagte die Ministerin.

Tausende Menschen waren zuvor bei einem Großprotest durch den Norden der Heimatstadt von Klimaaktivistin Greta Thunberg gezogen. Sie forderten mehr Tempo beim Klima- und Umweltschutz, mehr Gerechtigkeit und eine Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas.

Zwei Tage lang haben Vertreter von Regierungen, der Zivilgesellschaft und des Privatsektors auf der Konferenz darüber gesprochen, wie das Tempo im Kampf gegen globale Probleme wie die Klimakrise, das Artensterben sowie die Verschmutzung und Vermüllung des Planeten beschleunigt werden kann. In der schwedischen Hauptstadt hatte 1972 auch die allererste UN-Konferenz stattgefunden, die sich mit der Umwelt des Menschen befasst hatte. Die damalige Konferenz gilt deshalb als Geburtsstunde der globalen Umweltpolitik.

Wie bereits am Donnerstag unterstrichen auch am zweiten Gipfeltag Dutzende Länder, dass seit der Stockholmer Konferenz vor 50 Jahren zum einen Vieles für den Umweltschutz getan worden sei. Zum anderen, so die fast einhellige Meinung, reiche das aber nicht aus, um die drängenden Probleme des Planeten in den Griff zu bekommen.

Eine Forderung, die sowohl auf dem Gipfel als auch auf der Straße nachhallte, war die nach der Abkehr von Öl, Gas und Kohle. "Keep it in the ground!" (Lasst es im Boden), riefen die vor allem jüngeren Teilnehmer des Protestmarsches unter anderem. In einem Video anlässlich von 100 Tagen Ukraine-Krieg betonten Thunberg und weitere Aktivisten, dass das Setzen auf fossile Energien bedeute, Autokraten wie Präsident Wladimir Putin mehr Macht zu verschaffen.

Eine Initiative untermauerte ihre Forderung nach einem Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe. "In diesen 50 Jahren haben wir es versäumt, die größte Bedrohung für unser Klima, die Biodiversität, unsere menschliche Gesundheit und unser Wohlbefinden anzugehen: fossile Brennstoffe", sagte die Leiterin der Initiative, Tzeporah Berman, am Abend. Das Weltklimaabkommen von Paris beinhalte nicht einmal die Begriffe Öl, Gas und Kohle.

Neue Bekenntnisse und konkrete Beschlüsse gab es beim Gipfel nicht. Es sei von vornherein klar gewesen, dass keine völkerrechtlichen Beschlüsse gefasst werden sollten, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke der Deutschen Presse-Agentur. Noch in diesem Jahr stünden aber die Weltklima- und die Weltnaturkonferenz an, auf denen konkrete Vereinbarungen getroffen werden sollten.

Auf dem Weg dorthin habe Stockholm+50 eine wichtige Funktion, sagte Lemke. "Beschlüsse fallen ja nicht vom Himmel. Das heißt, sie müssen gut und sorgfältig vorbereitet werden. Es muss vorher Diskussionen und einen breiten Austausch geben." Dafür leiste die Konferenz etwa beim Thema Kreislaufwirtschaft einen wichtigen Beitrag.

Klima- und Umweltschützer hätten sich viel stärkere und verbindliche Signale von der Konferenz gewünscht. "Wir blicken auf 50 Jahre der verpassten und teils boykottierten Chancen in der Klimapolitik und wissen: So kann es nicht weitergehen", sagte die deutsche Aktivistin Luisa Neubauer der dpa. "Es ist ein Gipfel der gemischten Gefühle. Das ist eine grundlegend merkwürdige Veranstaltung."

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Zum einen sehe man, dass Gipfel nicht ausreichten, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Zum anderen lege sie große Hoffnung darauf, dass ein Umdenken stattfinde, dass der Wandel von der Zivilgesellschaft kommen müsse. "Die Botschaft dieses Gipfels ist in meinen Augen, dass es zum Scheitern verurteilt ist, auf Regierungen zu warten. Wir müssen es selbst in die Hand nehmen", sagte sie.

Thunberg selbst hielt sich auf dem Großprotest in ihrer Heimatstadt im Hintergrund, um Mitstreiterinnen aus Weltregionen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, in denen die Klima- und Umweltkrise bereits heute stark spürbar ist. An der Spitze des Demonstrationszugs standen somit Aktivistinnen aus afrikanischen und weiteren Ländern des Globalen Südens. Sie trugen ein großes Banner mit der Aufschrift "People Not Profit" (Menschen statt Profit), mit dem sie darauf hinwiesen, dass das Wohl der Menschen wichtiger sei als Gewinne von Konzernen.

(bme)